Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 31. Oktober 1970 Wenn wir in die Geschichte zurück- noch vorher kam er auf die Idee, das Wand ab. Für kleinere Räume begnüg- blicken bis in die letzte Eiszeit, dann Feuer in einer Grube anzumachen und te man sich auch später noch mit ein- wird die menschliche Kultur zwar im- diese, sobald das Holz in voller Glut fachen Kohlebecken. mer primitiver, aber immer begleitet stand, mit faustgroßen Steinen zu fül- Der mittelalterliche Kamin bedeutete den Menschen das Feuer, so weit wir len, die nun gleichfalls glühend wur- einen unverzeihlichen Rückschritt, denn ihn auch zurückverfolgen wollen. Nicht den. Dann wickelte er das Fleischstück schon die alten Römer hatten ein Zen- das Werkzeug unterscheidet ihn vom in aromatische Blätter, hob einen Teil tralheizungssystem entwickelt, das Tier - Affen benutzen den Stab als der glühenden Steine mit grünen Ästen selbst heute kaum besser gemacht wer- Stütze und den Stein als Wurfgeschoß aus der Grube, tat das Fleisch an ihre den könnte, wenn man auf Holz als - nur das Feuer erhebt ihn über die Stelle, warf die Steine darauf und be- Brennmaterial angewiesen wäre. anderen Lebewesen. Erst in dem Au- genblick, da sich der Mensch zum Be- herrscher des Feuers aufschwang, tat er den ersten Schritt zur Weltherr- schaft. In den Sagen aller Völker wird der Bringer des ersten Feuerbrandes verherrlicht, Prometheus wurde zum Halbgott erhoben, aber für seine Tat von den neidischen Göttern furchtbar gestraft. Was half dies aber? Die Men- schen waren nun im Besitz des Feuers, und dies allein bedeutet Macht. Dar- über berichtet die indische Djuggel- sage: „Während der Mensch mit ei- nem Tonscherben voller Holzglut furchtlos und waffenlos durch den Ur- wald schreitet, weichen die Tiere ängst- lich zurück. Es fliehen Balu der braune Bär, Baghira der schwarze Panther und Kalanagh die große Schlange. Denn sie alle fürchten die rote Blume die im Topfe wächst und deren Blüten schlimmer stechen als Dornen und Nesseln." Nach der Sage kam das Feuer vom Himmel - ein zündender Blitz, viel- leicht auch der Lavastrom eines teuer- speienden Berges mochte es gebracht haben. Den Menschen oblag es nun, es zu erhalten und zu nähren, denn noch verstanden sie nicht, es beliebig zu entfachen. So war die Betreuung des Feuers eine der wichtigsten Aufgaben, der sich Priester und Priesterinnen weihten. Die Vestalinen der alten Rö- mer sind uns noch heute ein Begriff und die Ewigen Lampen, die vor den christlichen Heiligenbildern und Altä- ren brennen, sind wohl die letzten Zeu- gen davon. Der Besitz des Feuers hob den Men- schen auf eine höhere Kulturstufe, es erhellte seine Wohnhöhle, es wärmte ihn, es gab ihm schmackhaftere Nah- rung, gab ihm die Möglichkeit Tonge- fäße zu erzeugen, Metalle zu erschmel- zen und endlich schützte es ihn vor den Angriffen wilder Tiere. Die älteste Form der Speisenzube- reitung am Feuer bestand ausnahms- los in einem Rösten und Braten am Spieß, kochen lernte der Mensch erst, als er imstande war, entspechende Ge- fäße zu erzeugen - zu töpfern. Aber deckte das ganze mit Erde. Dieses Ver- fahren findet man heute noch bei pri- mitiven Stämmen, technisch bedeutete es aber bereits eine deutliche Speziali- sierung: Das in der Grube brennende Feuer konnte kaum mehr zur Beleuch- tung dienen, ferner war es erstmals in einem besonderen Hohlraum - der Grube - gefaßt, überdies bediente man sich zur Ueberleitung der erzeugten Wärme auf den Braten eines Zwischen- trägers, nämlich der Steine. Der nächste Fortschritt war die Er- findung der Töpferkunst. Sie gab dem Menschen das Gefäß, in dem er nun auch kochen konnte. Damit aber muß- te die Feuerstelle verändert werden: sie wurde nach oben hin noch weiter geschlossen, was eigene Kanäle für die Luftzuführug von unten erforderte. Damit war der Herd geschaffen. Als der Mensch aus der Höhle in das steinerne Haus zog, nahm er das offe- ne Holzfeuer mit, legte es in eine Wand- nische unter einen Rauchabzug und hatte damit das Kaminfeuer erfunden. Ihm haftet zwar die Romantik längst vergangener Zeiten an, aber an seinem Wirkungsgrad merkt man auch, daß es aus der Steinzeit stammt. „Während man vorne röstet, klappert man hin- ten mit den Zähnen" soll Johann Ne- stroy gesagt haben und tatsächlich wird beim Kaminfeuer nur der Strah- lungsanteil genutzt, der größte Teil der Verbrennungswärme entweicht mit den Rauchgasen ins Freie. Eine merk- liche Verbesserung bedeutete es, als man im Mittelalter begann, die dem Kamin gegenüberliegende Wand beson- ders stark zu machen. Sie diente als Wärmespeicher, die Strahlungswärme des Kamins heizte sie auf und sie gab dann die Wärme durch Konvektion an die Raumluft ab. Noch im 19. Jahrhun- dert galt in den USA dafür die Regel, daß diese Wand bis zu 27 Zoll (rund 70 cm ) stark sein solle. Der offene Kamin wurde im 11. Jahr- hundert in unseren Gegenden allge- mein üblich, aber erst im 14. Jahr- hundert erhielt er auch einen Schorn- stein. Bis dahin strich der Rauch ganz einfach durch eine Oeffnung in der Unter den hochliegenden Fußböden - meist mit kostbaren Mosaiken ver- ziert - befand sich der eigentliche Heizraum in dem ein langsames Holz- feuer unterhalten wurde. Die Verbren- nungsgase strichen durch Hohlziegel in den Wänden nach oben und gelang- ten am oberen Mauerrand ins Freie. Damit wurde nicht allein der Fußbo- den, sondern auch die Wand selbst geheizt, was nach den neuesten Er- kenntnissen der Heizungstechniker überaus wichtig ist. Soll doch die Wand stets wärmer sein als die Raumluft, wenn das Gefühl der Behaglichkeit aufkommen soll. Eine Tatsache, die zweitausend Jahre lang vergessen war. Wie solch eine Heizungsanlage in ei- nem altrömischen Haus ausgesehen hat, kann jeder Besucher der Ausgra- bungen in Carnuntum bei Petronell sehen, ein Modell im Museum Carnun- tinum zu Deutsch-Altenburg zeigt über- dies noch die Funktion. Erst im 13. Jahrhundert wurde die Luftheizung neuerlich erfunden: Das alte Lüneburger Rathaus erhielt unter- halb des Ratssaales drei Oefen einge- baut, von denen aus die heiße Luft nach oben geleitet wurde. Im Fußbo- den verlegte Kanäle führten sie bis zu einer Austrittsöffung, die mit einem Schieber verschlossen war. Mit diesem konnte die Raumwärme exakt reguliert werden, darüber hinaus aber befand sich vor jedem Ratsherrnsitz eine, mit einem Metalldeckel verschlossene Öff- nung, so daß außerdem noch dem in- dividuellen Wärmebdürfnis einzelner Personen genügt werden konnte. Diese Warmluftheizung blieb Jahr- hunderte hindurch ein Einzelfall, man quälte sich weiterhin mit dem offenen Kaminfeuer und dem Kohlebecken ab. Im Jahre 1490 taucht der erste Ofen im Elsaß auf. Er war aus Ziegeln auf- gemauert und war der erste bekannte Versuch, die Wärme der Heizgase selbst nutzbar zu machen. Dazu hatte man das bis dahin offen brennende Kamin- feuer in eine Art gemauerten Kasten eingeschlossen und zwang die Verbren- nungsgase ein darüber befindliches Lehmgehäuse in vielen Zickzackwin- dungen zu durchstreichen, ehe sie durch den Rauchfang entweichen konn- ten. Dabei wurde das Lehmhaus heiß und gab nun seinerse:ts die ihm inne- wohnende Wärme an die umgebende Luft ab. Fortsetzung folgt! Vom Holzstoß zum Speicherofen Aus der Zeitschrift „Eisen und Metall'
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