Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 7. November 1970 Fast schien es schon, der Winter hätte begonnen. Wir Tierfreunde frö- steln im vorzeitigen Schneetreiben nicht nur unter unserer eigenen, noch gar nicht abgehärteten Haut. Wir sind aus einer Bestimmung verurteilt, noch mehr mit der kleinen Kreatur zu frie- ren. Mit der gestern noch fröhlichen Vogelwelt, die sich fassungslos unter das verschneite Strauchwerk flüchtet, mit den Katzen, die erschrocken ins Haus zurückschleichen, mit den Rin- dern und Pferden, die im Stall nach der Weide brüllen, die ihnen der frühe Wintereinbruch zumindest verdorben hat. Für unseren Tierschutzverein wäre ein so früher Winter eine arge Finanz- belastung gewesen. Denn wir geben alljährlich nur für Vogelfutter einige tausend Schilling aus. Und um gleich die offene Wahrheit zu diesem jährli- chen Tierschutzproblem zu sagen, sei mir eine Bitte an die Vernunft unserer Tierfreunde gestattet. Wir haben in ei- ner Sondersitzung in Kirchberg auch für dieses Jahr einige tausend Schil- ling für Vogelfütterung freigegeben. Aus der Erfahrung von nun zehn Tierschutzjahren hat sich eine be- stimmte Schwerpunktbildung zur win- terlichen Vogelfütterung bewährt. Das heißt klar und eindeutig, daß wir bei der Beurteilung der Winterfütterung dem effektiven Tierschutzziel den Vor- rang geben müssen. Es wäre eine fal- sche Praxis, durch Verzettelung der Mittel das Gesamtproblem des Ueber- lebens unserer Vogelwelt in Frage zu stellen. Wir wissen sehr wohl, daß vie- le kleine Rentner unter persönlich emp- findlichen Opfern den ganzen Winter ihre Lieblinge füttern. Wir sind aber weder organisatorisch in der Lage, ver- billigtes Vogelfutter regelmäßig abzu- geben, noch sind wir finanziell dazu in der Lage, diese an sich berechtig- ten Ersuchen um Zuteilung von ko- stenlosem Vogelfutter zu erfüllen. Unsere Vereinsmittel beziehen wir lediglich aus den Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden. Wir erhalten keine Subvention der Stadtgemeinde Kitz- bühel wie sie sonst fast alle Vereine bekommen. Wir danken aber dersel- ben Gemeinde Kitzbühel sowie der Gemeinde Kirchberg, daß sie uns eine Straßensammlung zum Welttierschutz- tag gestattet haben. Der Bürgermeister von St. Johann hat unser Gesuch leider abgelehnt.Trotzdem wird in St. Johann eine intensive Vogelfütterung durch die Vereinsorgane durchgeführt und wir werden wie bisher die St. Johanner letzt oft zur Entlastung der Gemeinde- Tierschutzprobleme, welche nicht zu- letzt oft zur Entlastung der Gemeinde- verwaltung ihr obliegender Pflichten dienen, weiter sorgfältigst besorgen. Wir sind für die Tiere da, ob wir dabei unterstützt werden oder nicht. Es mögen diese Feststellungen keine Polemik sein, sondern eine öffentliche Rechtfertigung darüber, daß wir mit unseren Vereinsmitteln haushalter.. müssen. Wir werden also wieder ge- nau festgelegte Schwerpunkte zur Win- terfütterung unserer Vogelwelt ein- richten. Für die privaten Fütterer sei mir ge- stattet einige Ratschläge zu geben, wie man relativ billig und doch intensiv füttern kann. Billiges und gerne ge- nommenes Vogelfutter, besonders für Amseln, sind Grammeln. Die Firma Ha- risch hat uns im vergangenen Winter mit vielen Kilo Grammeln kostenlos versorgt. Ebenso haben die Metzgerei- en Nothegger und Perterer in St. Jo- hann unsere Ortsorgane großzügigst mit Grammeln versorgt. Nochmals vie- len Dank namens der kleinen Kreatur und die Bitte, auch heuer zu helfen. Es sei mir die Bitte an alle Metzgereien gestattet, dem Tierschutzverein Gram- mein zur Verfügung zu stellen oder den bekannten Vogelfreunden beim Einkauf einmal ein Sackerl in die Einkaufstasche zu stecken. Grammeln vermischt man am besten mit Körner- futter. Es muß nicht das teuerste Körnerfutter sein. Man kann Gerste, Hafer oder Bruchreis, Maisschrot oder Haferflocken mischen. Wir liefern vom Tierschutzverein nur Sonnenblumen- kerne, um mit diesem konzentrierte- sten und freilich auch teuersten Fut- ter eine qualitative Grundlage zu bie- ten. Wir bitter aber, nicht ausschließ- lich Sonnenblumenkerne zu füttern! Es ist zu kostspielig und gar nicht notwendig. Die Futterstellen können einfach sein, sollen windgeschützt sein, aber keinesfalls am Boden. Feuchtes Futter ist Gift, ebenso Brot oder Sem- melstücke. Eine ganz wesentliche Frage ist der Zeitpunkt der Vogelfütterung. Es gibt Tierfreunde, welche ganzjährig füttern und in ihrem Garten ein Vogelpara- dies pflegen. Die oft verbreitete Mei- nung, daß eine ganzjährige Vogelfütte- rung die Singvogelwelt degeneriere, ist nicht haltbar. Man möge nicht verges- sen, daß unser ganzer Lebensraum ver- künstelt, manipuliert und jedenfalls nicht mehr natürlich ist. Das beginnt beim Wald mit den Monokulturen und endet mit allen zivilisatorischen Ein- griffen in die Natur, ob Seilbahnen und Waldschneisen, ob Güterwege, Steinbruchwerke und Fabriksanlagen. Es ist ein Wunder, wie sich die freie Natur trotzdem anpaßt. Das Wildtier lebt in diesen modernen Störzentren des Lärms, Staubes und der Abgase weiter und wird geradezu unheimlich zutraulich. Freilich muß es viel mehr winterlich gefüttert werden. Das gilt auch für unsere Vogelwelt. Grundsätz- lich soll man aber beachten: Wenn rian mit der Winterfütterung begon- nen hat, muß man sie weiterführen! Bei Wintereinbruch sucht die Berg- vogelwelt der Gimpel und Bergfinken, der Meisen u. dgl. in den Tallagen seine Winterfütterungsplätze. Wenn sich also ein Pärchen Gimpel z. B. einen Futterplatz gefunden hat, sucht es sich gleichzeitig eine schützende Winterwohnung unter einer Hecke o. dgl. Es ist daher falsch, ja tierquäle- risch, nur periodisch einen Futterplatz zu versorgen. Besser ist wenig Futter aber regelmäßig in das Kästchen streu- erl. Nach der Futterkapazität siedeln sich dann die Vogelstämme über den Winter an. Grundsätzlich soll man mit dem Ein- bruch des Winters mit der Fütterung beginnen. Und regelmäßig weiterfüh- ren bis zum Ende des Winters. Wir bitten alle Bürger, der winterlichen Vogelfütterung besondere Sorgfalt zu widmen. In dieser Zeit und Epoche der systematischen Ausrottung allen Lebens, was nichts Materielles gewin- nen läßt, in diesem technischen He- xenkessel ist diese kleine Welt der Vögel, wenn sie hilflos in den ver- schneiten Gärten hungert und friert, eine wunderbare Gelegenheit, aus der Mühle des Alltags für einige Gedanken aufzuwachen und dem Leben, an dem wir alle hängen, eine helfende Hand zu reichen. Neuwahlen des Ausschusses der Großachengenossenschaft Am Sonntag, 15. November finden in den Gemeinden Oberndorf, St. Jo- hann, Kirchdorf und Kössen die sat- zungsgemäßen Neuwahlen in den Aus- schuß der Großachengenossenschaft statt, da heuer die sechsjährige Amts- periode des bisherigen Genossenschaft- ausschusses abläuft. Der neue Aus- schuß wird wieder auf eine Funktions- dauer von sechs Jahren gewählt. Die Wahlzeiten werden auf 10 bis 12 Uhr und 15 bis 17 Uhr festgesetzt. Die Wahl- loka:e werden für jede der vier Ge- meinden an deren Amtstafeln bekannt- gegeben. In den Wahllokalen liegen sowohl Stimmzettel mit Einheitswahl- vorschlägen als auch leere Stimmzet- tel auf. Es steht also jedem Genos- senschaftsmitglied frei, die ihm für seine Interessen als geeignet erschei- nenden Vertreter in den Ausschuß zu wählen. Gewählt werden für jede der vier Gemeinden drei Ausschußmitglie- der und zwei Ersatzmänner. Wahlbe- rechtigt und wählbar sind sämtliche Genossenschaftsmitglieder bzw. alle in den Wählerlisten aufscheinenden eigen- berechtigten Besitzer im Genossen- schaftsgebiet. Die Neuwahlen in den Genossenschaftsausschuß sind freiwil- lig, es besteht kein Wahlzwang. Dr. Oskar Ganster: Wintervorbereitungen f00 ür unsere Tiere
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