Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 18 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 28. November 1970 Die Funktionseinheit Ski - Bindung - Schuh Von Dr. Anseim Vogel, Vortrag, gehalten auf dem Gmundner Seminar am 14. und 15. September 1970 2. Fortsetzung Die Tatsache, daß ungeeignete Ski- schuhe heute an erster Stelle der Ur- sachen für das Versagen von Sicher- heitsbindungen stehen, macht es dring- lich erforderlich, daß nicht nur größ- tes Augenmerk auf hierfür geeignete Skischuhe gelegt wird, sondern daß die Bindungshersteller in verstärktem Maß nach Lösungen Ausschau halten, die weitgehend unabhängig sind von den Schuheigenschaften. Auf alle Fälle müs- sen künftig Bindungs- und Schuhher- steiler in engem Kontakt miteinander ihre Erzeugnisse entwickeln. Dabei können nicht nur die Aufgaben beider Elemente vernünftig verteilt und aufein- ander abgestimmt werden, sondern es ist auch ein konsequentes Eingehen auf die Bedürfnisse der verschiedenen Fahrerkategorien möglich, was unter anderem zu echten Spezialmodellen, z. B. für Rennfahrer, ambitionierte Pistenfahrer und Tourenfahrer führen kann. D E R S K 1 Sicherheit Begreiflicherweise ist der Einfluß von Schuh und Bindung auf das Fahr- verhalten des Skis ungleich größer als umgekehrt der Einfluß des Skis etwa auf die Sicherheitsfunktion der Bin- dung. Entscheidend ist jedoch die Tat- sache, daß die erforderlichen Steuer- kräfte und damit die Festhaltkraft der Bindung unmittelbar von der Skilän- ge abhängen. Dies bedeutet, daß bei schwachen Knochen und bei vermin- derter Festigkeit infolge des Lebens- alters ein ausreichender Sicherheits- abstand so niedrige Einstellwerte an der Bindung erfordert, daß ein ein- wandfreies Fahren nur noch mit kur- zen Skiern möglich ist. Nur sie bieten auch dem alternden Skifahrer gleich- bleibende Sicherheit. Fahreigenschaften Natürlich ist es unmöglich, in diesem Rahmen auch nur annähernd die Pro- bleme des Skis, der Fahreigenschaften und deren Zuordnung zu meßbaren physikalischen Größen darzustellen. Eine Abhandlung über die Funktions- einheit wäre jedoch unvollständig, wür- de man nicht wenigstens die wichtig- sten Zusammenhänge stichwortartig wiedergeben. Zur Beurteilung der Fahreigenschaf- ten haben sich bestimmte Begriffe eingebürgert wie Drehbarkeit, Kanten- griff, Richtungsstabilität, Flattern und Stoßen. Jede dieser Fahreigenschaften ist die Funktion einer Kombination von mehreren physikalischen Größen, wobei unterschiedliche Kombinationen das gleiche Fahrverhalten hervorrufen können. Verständlicherweise wirken sich die verschiedenen meßbaren Ei- genschaften unterschiedlich stark auf das Fahrverhalten aus, einige sind nur im Zusammenhang mit anderen sinn- voll zu deuten. Um jedoch dem Händ- ler, aber auch dem Skifahrer die Mög- lichkeit zu geben, auf Grund von ver- gleichbaren Zahlenangaben wenigstens einiger wichtiger und klar interpretier- barer Größen Skier auszuwählen, ohne sie vorher fahren zu müssen, sollen hier einige Vorschläge gemacht werden. Solche Zahlenangaben haben auch dann einen Sinn, wenn der Zusammen- hang zwischen Größe und Fahrverhal- ten nicht eindeutig geklärt ist, da man z. B. auch die Zahlenwerte eines be- kannten Skis mit dem auszuwählenden vergleichen kann. Eine solche Objekti- vierung der Skiauswahl erscheint um- so zweckmäßiger, als viele Kriterien (hart, weich) und vor allem ihre Deu- tung (Pistenski, Tief schneeski) noch aus der Zeit der Holzskier stammen und heute falsch oder zumindest ganz unscharf sind. Es erscheint zweckmäßig, bei den meßbaren Größen zwei Gruppen zu un- terscheiden: einmal solche Größen, die auf bestimmte Eigenschaften des Fah- rers bezogen werden müssen, unab- hängig davon, ob er einen teuren oder billigen Ski kauft. Hierzu zählen z. B. die Skilänge und die Biegecharakteri- stik. Durch die Berücksichtigung die- ser Größen wird der für den Fahrer passende Ski ausgewählt, weshalb wir diese Größen Anpassungsgrößen nen- nen wollen. Die zweite Gruppe umfaßt Größen, die bestimmte Fahr- oder an- dere Eigenschaften, wie z. B. hohe Le- bensdauer, erwarten lassen. Sie sind oft nur mit großem konstruktivem oder materiellem Aufwand zu beein- flussen. Zu ihnen gehören Kantenhärte, Schwingungsdämpfung und Dauerela- stizität. Man kann diese Größen Güte- größen (Qualität) nennen. Anpassungsgrößen Bisher gibt es nur eine Eigenschaft, die von allen Skiherstellern zahlen- mäßig angegeben wird, und selbst die- se Angaben sind nicht exakt vergleich- bar: Länge Aufgedruckt wird meist die abge- wickelte Länge, wobei die wirksame - die aufliegende - Länge wegen unter- schiedlicher Schaufelformen bei „gleich- langen" Skiern um mehrere Zentime- ter abweichen kann. Der Bindungs- montagepunkt wird heute zumeist mit Hilfe der sogenannten „Markerlänge" (Sehne Spitze - Ende) gefunden. Maß- gebend für den Ort der Bindung ist die aufliegende Länge und die Vertei- lung der Kräfte, mit denen der Ski gegen die Unterlage gedrückt wird, über diese Länge. Es wäre deshalb zweckmäßig, wenn der Skihersteller je- weils einen Bezugspunkt angeben wür- de. Allerdings sind hierfür noch Unter- suchungen vor allem im Hinblick auf neue Bewegungsformen beim Skilauf notwendig. Solche Untersuchungen sind im Gange. Je länger der Ski ist, umso höhere Geschwindigkeiten können mit ihm ge- fahren werden, ohne daß er spürbare vertikale (Flattern) oder seitliche (mangelnde Richtungsstabilität) Ab- weichbewegungen ausführt. Allerdings eignet sich ein guter 1,90 m langer Ski durchaus für Geschwindigkeiten bis 50 km/h. So schnell aber fahren die wenigsten Skifahrer. Daß trotzdem nicht mehr Skifahrer auf Längen un- ter 2 m gehen, liegt daran, daß diese kurzen Skier oft nicht für größere Fah- rergewichte geeignet sind und wegen ihrer Härte zum Stoßen neigen, daß sie also nicht den vom längeren Ski her gewohnten Komfort bieten. Doch dies wird sich ändern, wenn diese Ski- längen, die viel schwieriger zu bauen sind, in der gleichen Ausgereiftheit und in mehreren Gewichtsstufen (z. B. Jugend 50 kg, Normal 70 kg, schwere Fahrer 90 kg) angeboten werden. Schon heute unterscheiden sich hier qualitativ einige Modelle sehr stark von anderen kurzen Skiern, die stark ihre Herkunft vom Jäger- und Hochtourenski zeigen. Die richtige Skilänge hängt also in erster Linie von der Fahrgeschwindig- keit und dem Fahrkönnen des Skifah- rers ab. Es gibt viele bewährte Tabel- len zur Ermittlung der richtigen Ski- länge. Besonders geeignet erscheinen mir Tabellen, die Können und Ge- schwindigkeit getrennt und stark be- rücksichtigen und die Gefahr falscher Selbsteinschätzung durch geschickte Fragen vermeiden. Vorlast und Biegekonstante ("Härte") Beim Fahren wird der Ski mehr oder weniger nach unten durchgebogen. Ein Ski ist umso steifer oder „härter", je mehr Kraft für eine bestimmte Durch- biegung erforderlich ist, ein weicher Ski ist immer leichter zu drehen und angenehmer zu fahren (stößt zum Bei- spiel weniger). Eine gewisse „Härte" ist aber ein wichtiges Kriterium für Haltbarkeit und Eignung auf harter Piste vor allem bei den Skiern der un- teren bis mittleren Preisklasse. Bei den Skiern der oberen Preisklasse kann man erwarten, daß auch ein weicher Ski durch Verwendung hochelastischer Materialien haltbar und durch starke Dämpfung der im Ski auftretenden Schwingungen für das Fahren auf har- ter Piste hervorragend geeignet ist. Um einen zahlenmäßigen Vergleich der „Härte" verschiedener Skier vorneh- men zu können, kann man diese, ganz am Ende und an der Schaufel frei auf- liegend, mit 35 kp in der Skimitte be- lasten. e lasten. Fortsetzung folgt.
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