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Seite 18 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 5. Dezember 1970 Die Funktionseinheit Ski — Bindung — Schuh Von Dr. Anseim Vogel, Vortrag, gehalten auf dem Gmundner Seminar am 14. und 15. September 1970 3. Fortsetzung Skier über 2 Meter, die sich dabei um mehr als 8 cm (gegen den unbe- lasteten Zustand) durchbiegen, kann man als weich, zwischen 8 und 6,5 cm als mittel, bei weniger als 6,5 cm als hart bezeichnen. B iegelinie Ein Abfahrtsläufer braucht einen Ski, der die harten Fahrstöße schluckt, aber starke Belastungen aushält, die Anforderungen an die Drehbarkeit sind dagegen geringer. Ein solcher Ski kann durch eine weiche dämpfende Schaufelpartie, größere Steifheit in der Mitte und hinten sowie geringe Taillie- rung verwirklicht werden. Ein Slalom- ski muß auf der ganzen Länge gleich- mäßig einen besonders exakten Kan- teneinsatz ermöglichen, auch bei star- kem Belastungswechsel. Er ist vor al- lem an der Schaufel und in den vorde- ren Partien hart, wobei man unter Um- ständen in Kauf nehmen muß, daß die Schwingungsdämpfung geringer ist. Die jeweilige Charakteristik eines Skis läßt sich gut aus der sogenannten Bie- gelinie erkennen, die er einnimmt, wenn er, am Ende und am Schaufel- ansatz aufliegend, in der Mitte stark, z. B. mit 70 kp, belastet wird. Die Bie- gelinie gibt also nicht nur die entspre- chende Biegekonstante (Steifheit, „Här- te") wieder, sondern den gesamten Biegeverlauf. Aus ihr erkennt man al- so, wie und wo der Ski weich oder hart ist. Meist genügt es dabei, das Maß der Härte mit Hilfe der Durch- biegung (oder der Biegekonstanten— Belastung/Durchbiegung) iegekonstanten= Belastung/Durchbiegung) und den Ort des tiefsten Punktes, bezogen auf den Belastungspunkt (z. B. Mitte der auf- liegenden Länge) anzugeben. Als An. haltswerte können gelten: Bei einem Abfahrtsski liegt der tiefste Punkt der Biegelinie 15 cm oder mehr, bei einem Riesenslalomski 5 bis 15 cm, bei einem Kombiski um oder wenige cm vor dem Belastungspunkt, bei einem Slalomski bis 10 cm dahinter. Der Kombiski ist außerdem meist recht weich, um das Fahren im Tiefschnee zu erleichtern, seine Festigkeit und Dämpfung bei Torsion sind dagegen weniger gut. Skier über 2 m, die sich bei 70 kp Be- lastung 20 cm oder mehr durchbiegen, sind weich, bei ca. 12 bis 20 cm mittel, bei weniger als 12 cm hart. So kann man mit zwei Zahlen Maß und Ort der Weichheit angeben, wenn man z. B. Orte vor dem Belastungspunkt mit -‚ dahinter + bezeichnet: z. B. bedeu- tet 22/-10 dann 22 cm Durchbiegung, am stärksten 10 cm vordem Belastungs- punkt, d. h. der Ski ist ein weiches Riesensialommodell. Gütegrößen Vin diesen Größen sollen hier nur die wichtigsten kurz erwähnt werden. Datei geht es vor allem darum, wo- möglich Zahlenwerte an die Stelle von nicht vergleichbaren Angaben zu set- zen. Breite, Dicke, Verjüngung Ein Ski ist umso leichter aufzukan- ten, je schmäler er ist. Allerdings kann eine gewisse Breite nicht unterschrit- ten werden, da sonst die für den mitt- leren statischen Druck wichtige Auf- lagefläche zu klein würde. (Ein Ski über 2 m ist an der Schaufel ca. 88 mm, in der Mitte ca. 70 mm, am Ende ca. 79 cm breit). Maßgebend für ein leichtes Auslösen von Schwüngen ist die Verjüngung eines Skis, dies ist die Differenz zwischen der Breite vorn und hinten. Ein Ski mit starker Ver- jüngung läßt sich auch leichter im Tiefschnee fahren, da er wegen des größeren Druckes (= Kraft pro Flä- che) hinten tiefer einsinkt und somit die Schaufel infolge eines günstigen Aussteliwinkels aus dem Schnee her- ausgehoben wird. Eine gewisse Dicke des Skis ist nötig, um die notwendige Stabilität gegen Verdrehung um die Längsachse (Torsion) zu gewährleisten und um die Schwingungsdämpfung zu erleichtern. Wenn hochelastische Ma- terialien verwendet werden, muß sich eine relativ große Dicke keineswegs nachteilig auf die Durchbiegung aus- wirken. Auf die Drehbarkeit im Tief- schnee ist der negative Einfluß der Dicke ebenfalls geringer als vielfach angenommen wird. Torsionsfestigkeit, Verdrehfestigkeit Um das Kanten auf harter Piste zu ermöglichen, muß ein Ski eine gewisse Festigkeit gegen propellerartiges Ver- drehen um die Skilängsachse besitzen. Ist diese Festigkeit zu gering, besteht die Gefahr, daß der Ski seitlich ab- rutscht. Es hat sich jedoch gezeigt, da3 die durch Stöße angeregten Sciwingungen der Schaufelpartie in vertikaler Richtung, sowie die Dreh- schwingungen um die erwähnte Längs- achse auf harter Piste einen größeren Einfluß auf die Richtungsstabilität der Skier ausüben, als die erwähnte Tor- sionsfestigkeit. Eine charakteristische Größe für die Torsionsfestigkeit ist das aufgewendete Drehmoment pro Win- kelverdrehung, die sogenannte Tor- siosfederkonstante. Man mißt Werte zwischen 3 mkp/rad und 11 mkp/rad (Winkel im Bogenmaß Radiantrad). Bei sehr guter Schwingungsdämpfung genügen offenbar schon die niedrige- ren Werte für ein gutes Fahrverhalten auf harter Piste. Ist die Dämpfung nicht optimal, so sind Werte um 6 mkp erforderlich. Die Eignung für vereiste Pisten ist jedenfalls nur aus beiden Größen gemeinsam feststellbar. Schwingungsdämpfung Der Ski ist beim Fahren dauernd Kräften wechselnder Richtungen und Beträge ausgesetzt. Laufend werden so- mit in ihm Schwingungen angeregt. Wo der Ski fest aufliegt, können sich diese kaum ausbilden, von großer Be- deutung sind sie jedoch im Bereich der Schaufel. Ein angestoßener Ski soll nicht lange nachschwingen, da er dabei ja immer wieder von der Unter- lage abgehoben wird, sondern er soll möglichst schnell wieder zur Ruhe kommen, das heißt, er muß die Schwingung dämpfend aufnehmen. Starke Dämpfung bedeutet geringere Neigung zum Flattern. Ein Maß für die Dämpfung ist die sogenannte Halb- wertszeit; dies ist die Zeit, die ver- streicht, bis die Ausschläge der Schwin- gung auf die Hälfte des Anfangsaus- schlages abgeklungen sind. Schwingt die Schaufel nach oben und unten, spricht man von Biegeschwingungen. Stark dämpfende Skier weisen Halb- wertszeiten der Biegschwingung um 0,4 bis 0,5 s auf, gering dämpfende um 1 s. Wenn die Kräfte nicht auf der Mit- telachse des Skis angreifen, können Drehschwingungen um die Mittelachse entstehen. Sie sind stark mit den Bie- geschwingungen gekoppelt. Eine deut- liche Dämpfung der Drehschwingun- gen ist Voraussetzung dafür, daß der Ski auch auf vereister Piste hält. Starke Dämpfung der Drehschwingung be- dingt Halbwertszeiten bis 0,15 s, gerin- ge Dämpfung Werte über 0,25 s. Bleibende Verformung - Lebensdauer Die Bruchwerte der Skier liegen heu- te so hoch, daß sie in der Praxis keine Rolle mehr spielen. Wichtig ist es aber, daß ein Ski möglichst lange ohne Aen- derung seiner physikalischen Eigen- schaften gefahren werden kann. Oben wurde dargelegt, daß ein Ski die Stöße dämpfend aufnehmen muß. Dies geht nur auf Kosten einer Verformung, die bei Nachlassen der Krafteinwirkung nicht sofort völlig verschwindet, son- dern zu einem Teil langsam zurück- geht. Allerdings muß der ursprüngliche Zustand anschließend an geringere Krafteinwirkungen nach Sekunden, an größere wenigstens nach Minuten wie- der hergestellt sein. Die Eigenschaft, nach wiederholten Belastungen unver- ändert zu sein, nennt man Dauer- elastizität. Dauernd bleibende Verfor- mung dagegen bedeutet, daß der Ski sich geändert hat. Versuche an 40 Paar verschiedenen RS-Modellen ergaben in- teressante Zahlenwerte für die blei- bende Verformung. 1 Minute nach ein- maliger Belastung (ebenfalls 1 Minute lang) mit 70 kp betrug die Abnahme Schluß auf Seite 21
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