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Samstag, 5. Dezember 1970 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Zum zwölften Todestag von Alfons Walde Am 11. Dezember 1968 starb in Kitz- bühel der Maler und Architekt Pro- fessor Alfons W a 1 d e im Alter von 67 Jahren. Aus Anlaß dieses 12. Todes- tages bringen wir zwei Rezensionen aus längstvergangenen Tagen. Sie zei- gen uns heute, wie stark schon da- mals, vor 40 und 50 Jahren, Walde auf seine Mitmenschen gewirkt hat und daß er über alle Zeitgenossen hinaus- ragte. Volksblatt, Herbst 1924: Maler Al- fons Walde, Kitzbühel, zur Ausstellung im Kunstsalon Unterberger. „Die Ausstellung, ganz der Verherr- lichung der Winterpracht unserer Ber- ge geweiht, verweist auf einen künst- lerischen Wettbewerb, der unter dem Titel Tiroler Winte rbilderver- anstaltet wurde und dazu dienen soll- te, das Ausland auf die Naturschön- heit Tirols zur Winterszeit aufmerk- sam zu machen. Für solch einen Wett- streit war nun Walde nicht am schlech- testen gerüstet, kundet doch die statt- liche Reihe der Schneebilder, daß er in nimmermüdem Eifer, in zähem Fleiß mit dem Motiv Schnee gerungen mit Geist und Hand. Schon lange vor die- sem Wettbewerb hat er als Schnee- maler bahnbrechend gewirkt und mit seinem Schnee, in Goldton gemalt, die Lossage von der herkömmlichen Auf- fassung, daß fürs Schneemalen die bayerischen Farben immer Trumpf sein müßten, auf seine eigene kühne Weise kundgetan. Es konnte darum auch gar nicht überraschen, daß ihm der erste und zweite Preis zuerkannt wurde. Mit dem dritten Preis wurde Weber-Tirol, mit dem vierten Nikodem bedacht. Das mit dem ersten Preis aus- gezeichnete Bild ist der Ausdruck sorg- samsten Abwägens der Farbwerte und läßt durch seine Zurückhaltung kraft- vollen Stürmens und Drängens durch seinen feinen Ton, das robuste Wesen seiner Vettern im Saal, die sich gege- benenfalls auch als Plakate geben könnten, um so stärker hervortreten. Die verblüffende Wirkung seiner line- ar einfachen Naturausschnitte sowie die Beschränkung in den Farben be- werkstelligen nämlich unwillkürlich die Bindung mit dem Plakat. Schon seine Arbeiten, mit denen er vor vie- len Jahren bei Czichna zum erstenmal vor die Oeffentlichkeit trat, waren von dieser Art, knapp, temperamentvoll und bezwingend. Nichts liegt ihm fer- ner als breite Schilderung mit tau- senderlei Einzelheiten. In seiner lako- nischen Kürze zeigt er nur den Berg- hang auf, daran sich das Leben Tirols, die Behausung der Bewohner schmiegt. Das Land der Berge will nach ihm ganz richtig als das Land der schiefen Ebenen dargestellt sein. Er hält mit der Schilderung des Waldes zurück, denn sie würde die Wucht der Berge nicht so eindringlich machen. So er- zielt er dann große Bildwirkungen, wie einer, zu dessen Lieblingsaufgaben auch die Karikatur gehört, die er nicht mei- stern könnte, wenn er nicht das Zeug zur treffenden Kürze hätte. Das mit dem zweiten Preis ausge- zeichnete Gemälde ist trotz der sport- lichen Staffage, die des karikaturisti- schen Beigeschmacks nicht entbehrt, nicht so bildwirksam. Der für die Staf- fage anzuwendende Maßstab drängt das Uebergewaltige in der Erschei- nung der Bergeslandschaft zurück. Das Bergbild verwandelt sich in diesem und in anderen Fällen zum harmos- lustigen Genrebild, in dem das Persön- liche mehr in der Farbenwirkung ge- borgen erscheint, die dem Gewuzel der Sportler im Schnee erst den richtigen Reiz verleiht. Und immer neue über- raschende Farbenwirkungen entdeckt sein scharfes Auge in der winterlichen Natur. Er kann es darum auch wagen, einen ganzen Saal mit Winterbildern, einzig nur mit Schneebildern, zu schmücken. Wer wills versuchen, mit jedem Bild fast neue Farbeindrücke zu bieten, das Interesse immer aufs neue zu entfachen, jede Ermüdung im Beschauer zu bannen. Er hat den Gold- ton sich nicht zur Marotte werden las- sen, nur in wenigen Bildern ist sein Schimmern noch zu erkennen. Er ist längst hinter anderen Stimmungen her, im Frühglanze des Lichtes, in Dämme- rung bei hellem Himmel und im Trüb- licht eines nebeligen Wintertages, in dem sein Kitzbühel solche Wirkung hat. Schnee und Himmel bedeuten immer wieder neue Farbwerte, die freilich nur ein Künstlerauge wahrzunehmen ver- mag. Man könnte die Schönheit unseres Landes nicht besser, nicht verlockender bekanntmachen, als daß man diese Ausstellung auf die Wanderschaft schickt durch die weite Welt." - h - Innsbrucker Nachrichten, Herbst 1924: Ausstellung Alfons Walde, Salon Un- terberger: „Als im vergangenen März das Lan- desverkehrsamt einen Wettbewerb für Winterlandschaften ausschrieb, sandte Walde eine ganze Serie von Winter- landschaften ein und trug damals den ersten und zweiten Preis davon. Sie sind nun im Salon Unterberger einer breiteren Oeffentlichkeit zugänglich ge- macht. Es sind nicht weniger als 37 Bilder, im Tempera gemalt, alle aus Kitzbüheler Gegend gewonnen. Winter- und Wintersportbilder standen schon am Beginn von Waldes Schaffen und sind neben seinen wohlbekannten, de- korativ stilisierten Bauernbildern im- mer nebenhergegangen. Dennoch emp- findet man diese wie aus einem Füll- horn geschüttelte, einheitliche Folge von Landschaften fast als eine Ueber- raschung. Sie sind sozusagen als ferti- ge Kartons für große Oelbilder ge- dacht und eine solche Ausführung im großen Format - die Kirche von Au- rach - ist in der Unterbergischen Aus- lage ausgestellt und läßt uns in die tieferen Absichten, die der Künstler mit diesen Bildern verfolgt hat, blik- ken. Anscheinend sind die schlichte, impressionistische Naturbilder. Aber die Erfahrungen im breiten dekorati- ven Aufbau des Bildes, die Walde in seiner Bauernmalerei in vielen Jahren gewonnen hat, sind ihnen doch zugute gekommen; in all den so verschiedenen Winterstimmungen spürt man doch überall das starke, sichere Gerüst her- aus, das sie instand setzt, auch im Großen zu wirken. In durchaus natür- licher Erscheinung soll sich doch et- was Monumentales manifestieren: das ist die Absicht des Künstlers. Ver- gleicht man die Auracher Landschaft mit der entsprechenden Temperastu- die, so sieht man, wie durch ein paar Vereinfachungen und Steigerungen aus der Studie ein wirkliches Wandbild geworden ist. Es sind allerdings nicht alle diese Landschaften so inhaltsvoll, die meisten aber tragen die Vergröße- rung ins Freskoartige schon in sich. Trotz der großen Zahl ermüden sie nicht, weil sie von einem starken Tem- perament getragen werden. Unwillkür- lich denkt man an Esterle, den Be- gründer des Tiroler Winterbildes, dem Walde nach seinem eigenen Bekennt- nis viel Anregung verdankt. Estlere ist vielleicht feiner, vornehmer. Nicht umsonst hatte er seine Vorliebe für die kühle Blässe des Hochwinters und malte unübertroffen den zarten sei- digen Schimmer kalter Wintertage. Walde ist sinnlicher, wärmer, farben- froher. Auch darin erkennt man etwas von der derben Urwüchsigkeit der Bauernbilder wieder. Er liebt die kräf- tigen Formen in der Natur und bringt aparte Farbenzusammenstellungen, die man selten gesehen hat. Das schließt nicht aus, daß er gelegentlich auch blasse und trübe Stimmungen ent- deckt, die wohl noch nie gemalt wur- den. Seine ganze Liebe gilt der Vor- frühlingssonne, sie läßt er auf dem Schnee, in den Berghütten strahlen, daß einem das Herz lacht. In seinem Element ist er auch, wo er die Ski- läufer oder Bobfahrer als farbige Flecken in das Weiß des Schnees ver- teilen kann; nur kommt er hier unse- res Erachtens manchmal zu einem Wi- derspruch ihrer flächenhaft gehaltenen Erscheinung mit der räumlichen des Berghintergrundes. Jener dekorativ- monumentale Zug aber kommt viel- leicht am wirksamsten in den Föhn- landschaften hervor, wo er mattes Braun oder Grauschwarz der Wälder oder Bäume in die perlgrauen Schnee- flächen setzt: einige dieser mehr neu- tral getönten Stücke gehören wohl zu den besten der Reihe". H. Hammer.
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