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Seite 4 Kitzbülieler Anzeiger Samstag, 12. Dezember 1970 Von Dienstboten und Arbeitslöhne" Aus einer handschriftlichen Aufzeichnung von Kustos Egid Moser (t 1959) für einen heimatkundlichen Vortrag beim Reitherwirt - Zum Ehrentag der Dienstboten im Hotel Klauser, St. Joh. desstraße über Schwendt, Gasteig nach St. Johann, genannt „SchwendterStra- ße". Daß eine dieser beiden als Felber- Zubringer dringend ausgebaut werden muß, bewiesen nicht erst die Zahlen des grenzüberschreitenden Verkehrs von Deutschland nach Kössen: zwi- schen Jänner und Oktober 1970 fuhren rund 700.000 Kraftfahrzeuge von oder nach Kössen über diese beiden Grenz- übergänge. Und die meisten davon wei- ter in den Bezirk. Um nun festzustellen, wie die Wirt- schaft dieses Gebietes denkt, welche der beiden Straßen man als Felber- Zubringer dringlich ausbauen soll, hat- te OeWB-Bezirksobmann LA KR Chri- stian Huber vergangenen Dienstag die Ortsausschüsse des OeWB aus St. Jo- hann, Kirchdorf, Erpfendorf, Schwendt und Kössen zu einer Sitzung eingela- den. Vollzählig waren alle Ortausschüs- se erschienen, wohlgerüstet mit Zah- lenmaterial, wie sich im Lauf der Dis- kussion herausstellte und bereit, eine harte und offene Aussprache zu führen. Nach einleitenden und erklärenden Worten von LA KR Huber brachten dann alle Ortsgruppen ihren Stand- punkt vor und schon bald ergab sich, daß die überwiegende Mehrheit aller Gemeinden und Ortsgrppen für den raschen Ausbau der Bundesstraße 171 als Felber-Zubringer waren, gleichzei- tig jedoch betonten, daß die beliebte Ausflugsstraße, die Schwendterstraße, die durch eines der landschaftlich herrlichsten Gebiete unseres Bezirkes führt, an einigen Stellen saniert ge- hört: die Ortsumfahrung Schwendt, die Umfahrung Gasteig und die Ab- fahrt bei St. Johann. Die Schwendter Straße müsse als Ausflugsstraße er- halten und verbessert werden. Das Ge- biet sei zu schade, um es von durch- brausenden Autokolonnen verunstal- ten zu lassen. Hingegen sei das Gebiet, durch das die B 171, die Kössener Bundesstraße, nach Erpfendorf führt, ideal ge- eignet, um rasch durchfahren zu wer- den. So sind seitens der Wirtschaft der „unteren Schranne" im Bezirk Kitzbühel die Weichen gestellt: es wird ein rascher Ausbau der B 171 als Fel- ber-Zubringer von Kössen (und damit von den beiden Grenzübergängen) nach Erpfendorf zur Bi gefordert und gleich- zeitig der Wunsch vorgebracht, die noch bestehenden Engstellen auf der Schwendter Landesstraße (Ortsumfah- rung Schwendt und Gasteig, Abfahrt St. Johann) raschest zu beseitigen. Nachdem noch einige andere Wirt- schaftsprobleme besprochen worden waren, beschloß KR Wolfgang Hagstei- ner als Hausherr die Veranstaltung mit dem besonderen Dank an LA KR Christian Huber und die erschienenen Bürgermeister und OeWB-Ortsaus- schüsse. Diese Woche fand im Hotel K1aus ner in St. Johann der Ehrentag der bäuerlichen Dienstnehmer statt. Er war auch heuer wieder gut besucht und stand im Zeichen des guten Ein- vernehmens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wie war es früher? Aus einem größeren Kapitel über den Bauern, seinem Hause und seiner Hofhaltung sei für heute nur dieses Kapitel herausgehoben. Die Haushaltung des Bauern gleicht noch jetzt einem wohlgeordneten Ge- meinwesen. Das Verhältnis des Dienst- boten zum Bauern war in früherer Zeit ein patriarchalisches. Die letzten 50 Jahre haben allerdings infolge man- cher sozialer Umschichtungen verschie- dene Aenderungen hinsichtlich der Lohnverhältnisse, der Naturalabgaben und der Verköstigung hervorgerufen. Die Dienstboten wurden als zur Fa- milie gehörig angesehen. Es galt ge- wissermaßen als Ehrensache, nicht un- ter einem Jahr den Dienstplatz zu wechseln. Fälle, daß Dienstboten durch zehn bis 40 Jahre ihrem Bauern treu dienten, waren durchaus nicht selten. Der rechtschaffene Bauer hatte väter- liches Ansehen und nach seinem Wort und nach seinem Rat wurde gehandelt und gearbeitet. Die Ehehalten, wie die Dienstboten genannt wurden, bildeten somit die wirksame Stütze für die bäuerliche Wirtschaft. Die Mahlzeit vereinigt Bauer und Gesinde an einem Tisch. Wird bei festlichen Anlässen et- was Besonderes aufgetischt, so ver- gaß man auch nicht zu danken. Auch der Bauer hielt mit seinem Dank für treue Mithilfe nicht zurück, wenn er zu Lichtmeß die Löhne ausbezahlte. Erwünschte Abwechslung in die oft recht schwere und harte Arbeit bei ei- nem Bergbauern brachten die Feste des Jahres. Ueber die 52 Sonntage und die reichlich ein Dutzend gesetzlichen Feiertage hinaus gab es noch eine Un- zahl sogenannter Bauernfeiertage, meist Halbfeiertage. Die Bekleidungsfrage war in der Zeit der bäuerlichen Naturalwirtschaft ei- ne andere als heute. Vieles wurde im Hause verfertigt. Es kamen der Weber, der Schneider, der Schuster und die Näherin auf Stör. Die Handwerker erhielten zwar nur wenige Kreuzer als Taglohn, wurden aber gut und reich- lich verpflegt. Auf dem Bauernhofe war die Ar- beitsleistung streng geregelt. Jeder Knecht und jede Dirn hatten bestimm- ten Anteil daran und die Rangordnung zwischen den Hausgenossen wurde peinlichst eingehalten. Je nach der Lage und Größe des Ho- fes richtete sich auch die Zahl des Ge- sindes und nach dem Umfang ihres Arbeitsgebietes auch die Entlohnung. Es wäre darum verfehlt, wollte man in diesem Falle einen Durchschnitts- lohn etwa für den Bauknecht, den Ro- ßer, den Melker oder den Küahbuam errechnen. Zumal auf Berghöfen konn- te man es sich nicht leisten, eine so weitreichende Arbeitsteilung vorzuneh- men. Der Bauer mußte da oft selbst sein bester und verläßlichster Knecht sein und Familienmitglieder übernah- men einen Großteil der anderen Ver- pflichtungen. So konnte man mit ei- nem Knecht oder mit einer Dirn das Auslangen finden. Auch war dabei zu berücksichtigen, ob der Bauer selbst in der Vollkraft seines Lebens stand oder etwa schon vorgerückten Alters war. Deshalb kann solchen Lohnangaben nur dann praktischer Wert beigemessen werden, wenn die vorwaltenden Umstände mit erläutert werden. Vielleicht gelingt es auch hier in R e i t h derartige verläß- liche Daten, die sich auf einen be- stimmten Hof beziehen, zu sammeln. Wenn davon überhaupt die Rede war, so geschah dies nicht in der Absicht, euch etwas neues mitzuteilen, sondern vielmehr um eure Mithilfe am Dorf- buche aufzurufen. Der Lohn bestand zum geringen Teil in Geld, in erhöhtem Ausmaß in Na- turalabgaben wie ganzer Kleidung, mehreren Paar Schuhen, Hemden, Sok- ken, Fäustlingen und anderes mehr. Die Nahrung oder Kost war einfach. Meist wurden in alter Zeit Speisen aus Mehl und Körnerfrüchten genossen. Fleisch nur wenig. Mehlsup- pe, Brennsuppe, grobgeschnittene Ger- ste dick eingekocht in Suppenform. Der Tiroler Knödel aus Brot und Speck, auch das Hafermus oder „Rölkoch" verdient wegen seiner Nahrhaftigkeit erwähnt zu werden. An Mehlspeisen das Muas, Krapfen, Nudeln, Küechl, Strauben, Bawesen und Schwarzbeer- nocken. Als Zuspeisen „Zueleck" ge- nannt, saure oder süße Milch, Aepfel- speitl, Moosbeermandl, Fisolen und Kraut; weit weniger Salat und anderes Gemüse. Bei festlichen Anlässen erfuhr der Speisezettel eine entsprechende Erweiterung. Lobend kann erwähnt werden, daß zu alten Zeiten dem Al- kohol nicht sonderlich zugesprochen wurde. Selbst der sonst so verbreitete Branntweingenuß bewegte sich in un- seren Gebieten in erträglichen Gren- zen. Tee und Rum waren seltene Gä- ste, weit mehr der Kaffee, doch we- niger der Bohnenkaffee, als der Malz- kaffee.
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