Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Samstag, 14. Februar 1970 KitzbüheLei Anzeiger Seite 5 Antoffle, Hechenberger vg. KusenmToni zum Gedenken Im Altersheim Kitzbühel starb am 19. Jänner 1970 Fräulein Antonie He- chenberger. Damit nahm ein stilles, aber höchst beachtenswertes Leben sein Ende. Die Verwandten und Bekannten gaben Toni am 22. Jänner das letzte Geleit. Eine Woche später, am 29. Jänner, hät- te die Kusen-Toni das 82. Lebensjahr vollendet. Ihre Eltern heirateten 1883. Tonis Mutter Maria Werner war eine Toch- ter des Bergarbeiters und Hausbesit- zers Josef Werner (Sohn des Pocher- Hutmanns Anton Werner) und der Maria geb. Messenlechner; so war To- nis Mutter auch eine Schwester des Schuhmachermeisters Josef Werner I. (Vater von Schuhmachermeister Jo- sef Werner II., Anna Werner und Ma- ria verehel. Etz). Tonis Vater Christian Hechenberger war Bräuknecht beim Hinterbräu und ein Sohn des Berg- arbeiters und Hausbesitzers Dominikus Hechenberger (Bauernsohn vom Vor- derkogl) und der Maria geb. Wobli- stin. Nach der 1884 geborenen Maria kam am 29. Jänner 1888 im elterlichen Hause in der Kirchgasse, dem „Kusen- häusl", Toni als zweites Kind dieser Ehe zur Welt. Der Vater starb schon 1889, erst 41 Jahre alt. Nun war es gut, daß die Eltern 1886 den unteren der 2 seinerzeitigen Verkaufsstände am Pfnittbäck-Bühel bekommen hatten (heute befindet sich dort der Salven- moser-Zubau mit der Firma Rupp- recht). Handel mit Waren des Haus- haltsbedarfes und vor allem mit Obst bot einen, wenn auch bescheidenen Le- bensunterhalt. Toni überstand mehrere schwere Krankheiten und wuchs zu einem hüb- schen Mädchen heran. Schon früh half sie der Mutter im Haus und im Ge- schäft. Zu den wenigen Vergnügen von damals gehörte es, an Sonntagen bei der benachbarten Familie Rendi zu sein, dort Karten zu spielen und An- schluß an junge Leute zu haben. Zur Familie Rendi bestand neben dem Band der Verwandtschaft auch ein Band der Patenschaft, denn Mutter Theresia Rendi war Tonis Firmpatin. Außer zu den Verwandten hatte Toni schon bald stärkere Beziehungen zur Familie Weidner. Bereits in ihrer Jugend befaßte sich Toni mit dem Zeitgeschehen. Ihr be- sonderes Interesse galt der österrei- chisch-ungarischen Monarchie und den Geschicken des Kaiserhauses. Mit fe- ster Ueberzeugung von der Gerechtig- keit der österreichischen Sache ver- folgte sie das Geschehen des ersten Weltkrieges. Als während des Krieges auch im Alten Schulhaus, also in un- mittelbarer Nachbarschaft ein Not- lazarett eingerichtet wurde, ging sie oft zu den Verwundeten hinüber und such- te ihnen Freude zu bereiten und ihr Los zu erleichtern. Dann kamen das unglückliche Kriegs- ende und der Zusammenbruch der Monarchie. 1919 starb Tonis geliebte Schwester Maria, die seit 1905 mit Jo- sef Wilhelm verheiratet war. Die Mutter war nun froh, in Toni ein gute Stütze zu haben. Als die Mut- ter 1972 starb, führte Toni den Ver- kaufsstand allein weiter. Am 1. Juni 1935 übergab sie ihr Haus gegen Leib- rente und Wohnungsrecht an Baron Karl Menshengen. Eine Hörschwäche, von einer Krank- heit in der Kindheit herrührend, be- hinderte Toni bei ihrer Tätigkeit im Standl immer mehr. Deshalb gab sie am 20. Juli 1937 den Standl-Pacht auf und überließ das Standl der Stadt- gemeinde. Dafür erhielt sie von der Stadt auf Lebenszeit eine kleine mo- natliche Vergütung. Toni war Anhängerin von Bundes- kanzler Dollfuß gewesen. Ihr gefiel der Umbruch von 1938 nicht, noch weni- ger der Krieg. Am Schicksal der Sol- daten jedoch nahm sie starken Anteil. Um mitzuhelfen, das Opfer der Gefal- lenen dem Vergessen zu entreißen, sammelte sie, wie schon im ersten Weltkrieg, Sterbeandenkenbilder von Soldaten. Von Jugend auf war Toni gewohnt, mit wenig gut zu wirtschaften. Die Uebernahme verschiedener Arbeiten brachte ihr kleine Zubußen. Schon ih- re Mutter hatte für Bauern gröbere Sachen gestrickt und Patschen ge- macht; auch Toni strickte, oder sie schnitt Bandeln für Bandelläufer, oder sie half mit bei der „Hansbeer"-Ernte. Wegen ihres ausgeprägten Ordnungs- sinnes und ihrer Verläßlichkeit war die „Kusen-Toni" eine begehrte Haus- haltshilfe und Haushüterin. Der bescheidene Lebensunterhalt und diese Aufbesserungen waren für die Toni jedoch nicht Selbstzweck. Sie er- übrigte sich einen Teil ihrer Mittel, um sich ihrem Lieblingsgebiet, der Heimatkunde widmen zu können. Sie sammelte Photos und Zeitungsartikel und ordnete sie mustergültig in Alben. 1924 legte sie eine beachtliche Samm- lung von Liedtexten an. Sie führte die heimatkundliche Sammeltätigkeit bis ans Lebensende fort. Beim Blättern im Kitzbüheler Tauf- buch von 1888 findet man als Nr. 11 mit dem Geburtsdatum 24. Jänner Egid Moser, den großen Heimatfor- scher und verdienstvollen Museums- kustos, und als Nr. 12 die Toni; damals stand offenbar ein der Heimatkunde günstiger Stern über Kitzbühel. Die „Kusen-Toni" gehörte natürlich auch zur Zahl derer, die zur Entstehung des Heimatmuseums beitrugen. Dem „Mo- ser-Gidi" hat sie in der Folge öfter die Böden im Museum aufgewaschen.
< Page 4 | Page 6 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen