Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 17. April 1971 Kitzbuheler Anzeiger Seite 5 „Die Lovell-Story" Captain James A. Lovell und Marylin in Kitzbühel - 2. Fortsetzung von Dir. Dr. Josef Ziepi 2. Fortsetzung Als am Donnerstag, 11. März Mary- lin und James Lovell zum Frühstücks- tisch ihres Appartements kamen, fan- den sie gleich eine nette Ueberraschung aus ihrem Heimatland Amerika vor. Ein Riesertrauß wunderbarer Blumen aus Kalifornien war von der in den Vereinigten Staaten von Amerika be- rühmten Familie Mellon als deren per- sönlicher Gruß eingeflogen worden. Was die Blumen im allgemeinen be- traf, hatte Marylin wirklich keine Sor- gen. Jeden Tag trafen herrliche Bou- quets ein und voller Freude über die- se Freundschafts- und Sympathiebezie- hungen der Oesterreicher bemerkte sie einmal: „Hier blüht es ja wie in Texas im Frühling". Für Blumen sind die Oesterreicher immer zu haben und auch die Amerikaner mögen sie gerne, wie man sieht. Nach dem Frühstück begann wieder der Ernst eines Skitages und diesmal wurde es wirklich ernst, denn auf dem Sportprogramm stand die erste große Abfahrt. Die Bichlaim-Abfahrt zum Golfplatz war dafür vorgesehen. Da- mit aber alles wirklich klappt, selbst das Aufstehen aus dem Schnee, übte die fleißige Marylin in aller Frühe eine halbe Stunde mit Gitti Tengg-Schatz das kräftesparende und schnelle Hoch- kommen. Das nennt man Ehrgeiz. Mit der Sesselbahn ging es dann bergwärts. Chef Koller und James Lovell ignorier- ten die Mittelstation und fuhren gleich bis zur Bergstation durch, während Gitti und Marylin in Oberaigen ausstie- gen. Bei herrlichen Schneeverhältnis- sen, zirka 5 cm Neuschnee-Pulver, und ausgezeichneten Pistenverhältnissen kurvten Karl und James sofort in den ersten Steilhang ein und überwanden in sauberen Grundschwüngen den obe- ren Teil der Bichlaim. Auf der Mittelstation schlossen sich Gitti und Marylin den beiden Herren an. Ohne große Mühe konnten die Ski- amazonen Tuchfühlung halten. Keine nennenswerten Verschnaufpausen ein- legend, hatte man in guter Zeit den tiefverschneiten Golfplatz erreicht. Wer nun meinte, daß sich die Lovells damit zufriedengeben würden, hätte sich ent- täuscht gesehen, denn sofort wurden die Brettl abgeschnallt und wieder ging es zur Bichlaim. Dieses Mal wur- de die Standard-Abfahrt durchgefah- ren. Damit nicht genug, setzte man sich neuerdings in die Liftsessel, um die Abfahrtskilometer noch weiter auszu- dehnen. Natürlich war für Marylin die dritte Abfahrt schon in gewissem Ma- ße eine Konditionsangelegenheit und dieser mußte sie ein paarmal Tribut zahlen und sich in den weichen Schnee setzen. Um seine ehrgeizige Gattin nicht zu enttäuschen, setzte sich auch James dicht daneben hin! Ein Gentleman vom Scheitel b zur Sohle. Ein kleines Nachmittagsschläfchen war den beiden anschließend an diesen großen Skitag, von dem nicht nur Marylin und Ja- mes, sondern auch der Skischuleleiter Karl Koller und die Skilehrerin Gitti Tengg-Schatz begeistert waren, wohl gegönnt. Danach Sauna, Massage und Friseur, denn für den Abend wollte man wieder top fit und Marylin ganz besonders hübsch sein. Das offizielle Bankett der Stadtgemeinde im Schloß- hotel Lebenberg stand auf dem Pro- gramm. Bereits um 20 Uhr trafen die Ehren- gäste der Reihe nach ein. An deren Spitze konnte Bürgermeister Hermann Reisch den Botschafter der USA Seine Exzellenz John P. Humes und Bot- schaftsrat Dr. Robert H. Behrens be- grüßen. Unter den geladenen Persön- lichkeiten befanden sich ferner Hofrat Dr. Hans Mansbart vom Amt der Tiro- ler Landesregierung, Dir. Ernest Mu- rer, Austrian Airlines, Bezirkshaupt- mann Hofrat Dr. Hans von Trenti- naglia, FVV-Obmann Karl Koller und die beiden Olympioniken Toni Sailer und Ernst Hinterseer. Fast alle Gela- denen waren mit ihren Gattinnen ge- kommen. Beim vorangehenden Cocktail mach- te man sich gegenseitig bekannt. Eini- ge Minuten vor 20.30 Uhr kamen dann die Lovells und wurden herzlich be- grüßt. Marylin sah blendend aus. Von Figaro Hagsteiner mit einer romanti- schen Frisur versehen und in einem bezaubernden schwarzen Abendkleid war sie sofort Mittelpunkt der Gesell- schaft geworden. Als Schmuck trug sie nur die Brosche der Astronautengat- tinnen. In schwerem Gold war diese allerdings mit großen Brillanten dicht besetzt. Punkt halb neun führten Frau und Herr Bürgermeister das Ehepaar zu Tisch. Die Bankett-Tafel war mit vie- len Blumen geziert und die brennen- den Tischkerzen gaben einen festli- chen Rahmen. Dinner und Service wa- ren ausgezeichnet. Alles lief wie am Schnürchen. Zwischen Fleischspeise und Nachtisch sprachen der Reihe nach Bgm. Reisch Botschafter Humes und James Lovell. Der Bürgermeister begrüßte namens der Stadt alle An- wesenden und insbesondere das Ehe- paar Lovell herzlichst, betonte die Freu- de über den hohen Besuch aus USA im Jubiläumsjahr der Stadt Kitzbühel, die im Wintersportplatz Sun Valley ei- ne amerikanische Schwesterstadt hat, und wünschte dem Weltraumrekordler und seiner Gattin einen angenehmen und schönen Skiurlaub. - Diesem Wunsch, so sagte Bgm. Reisch, schließt sich die ganze Bevölkerung des Hah- nenkammstädtchens an. Botschafter John P. Humes ergriff sodann das Wort und wies in seiner Rede, die er in deutscher Sprache hielt, auf die guten Beziehungen zwischen Oester- reich und den Vereinigten Staaten hin, die mit dem Besuch der Lovells durch ein neues freundschaftliches Band be- kräftigt sind. In einem fein durchdach- ten Wortspiel nannte er Captain Lovell nicht nur einen Astronauten, sondern auch einen Austronaten, was so viel bedeutet, wie Freund und Anhänger Oesterreichs. Die letzte Tischrede hielt der Gast Kitzbühels Kapitän zur See James A. Lovell. In bewegten Worten dankte er für die Einladung Kitzbü- hels und für die liebenswürdige Gast- freundschaft und Herzlichkeit der Be- völkerung. Ich weiß, sagte er, daß insbesondere auch die Oesterreicher in jenen kritischen Stunden, die wir im Weltall verbringen mußten, in Gedan- ken und in Gebeten bei uns waren. Dafür möchte er heute und an dieser Stelle den Kitzbühelern, den Tirolern und den Oesterreichern in seinem und im Namen seiner Weltraumkameraden von Herzen danken. Bezüglich des Ur- laubs sagte er, beginnen sie der ersten Hälfte bereits nachzutrauern und freu- en sich auf die zweite Hälfte dieser einmaligen Ferien. Anschließend wurden zum Zeichen der gegenseitigen Verbundenheit herr- liche Geschenke ausgetauscht. Bgm. Reisch überreichte dem Ehepaar Lo- vell die drei Stadtbücher, welche zum Jubiläumsjahr herausgebracht worden sind, und einen von dem Kirchdorfer Glasschleifer Gernot Schluifer aus lu- penreinem Bleikristallglas hergestell- ten Pokal. Mundgeblasen, 28mal vorge- wärmt, feinste Kupfergravur. Das Kitz- büheler Stadtwappen, die Jahreszahlen 1271-1971, der Text „Kitzbühel 700 Jahre Stadt" und das Ankunftsdatum der Lovells 7. März 1971 sind einge- schliffen. Captain Lovell schenkte dem Bürger- meister eine gerahmte Tafel mit dem• Bild des Apollo-13-Starts und dem Em- blem dieser Mannschaft aus dem Ma- terial der Weltraumanzüge und eine anläßlich des Starts der Kapsel her- ausgebrachte Silbermedaille. Dr. Ziepi erhielt aus der Hand von James Lo- vell dasselbe Bild mit einer persön- lichen Widmung. Namens der ameri- kanischen Botschaft und als Vertre- ter der Vereinigten Staaten von Ame- rika übergab Exzellenz John P. Humes an die Gattin des Bürgermeisters und an Marylin Lovell eine vergoldete Ro- se. Der Bürgermeister und Dr. Zieni
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