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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 5. Juni 1971 Eindrücken in den riesigen Schlacht- häusern Südamerikas, wo die Schlacht- tiere in Fließbänder getrieben werden und die sog. Betäubung von darüber stehenden Männern geschieht, die mit Keulen und Hämmern auf diese Tiere einschlagen. Es sei ein Skandal, sagte Univ.-Prof. Dr. Kotter und für unsere Begriffe unvorstellbar. Im neuen Le- bensmittelhygiene-Gesetz der Bundes- republik soll auf Initiative der Münch- ner Lehrkanzel ein Passus eingeführt werden, daß bei Einfuhren aus dem Ausland nicht nur die medizinisch-ve- terinärhygienischen Vorschriften der Bundesrepublik für die Fleischware vorausgesetzt werden, sondern auch die Art der Tötung bzw. der Betäu- bung der Schlachttiere. Diese Voraus- setzungen werden durch Kontrollorga- ne im Exportland überprüft, ehe die Einfuhr in die Bundesrepublik frei- gegeben wird. Wenn ein Handelspart- ner diese Voraussetzungen nicht er- füllt, also die Schlachttiere nicht den deutschen Vorschriften gemäß betäubt und tötet, wird die Einfuhr der Ware nicht freigegeben. Wenn es dann um einige hundert Millionen DM geht, wird es sich das entsprechende Export- land überlegen müssen, ob es im Han- del bleiben soll oder nicht. Wenn dann über den Welttierschutzbund die an- deren europäischen Länder für der- artige gesetzliche Novellen zu gewin- nen sind, kann man voraussagen, daß sich die tristen Verhältnisse dort än- dern werden. Denn nur mit dem Druck des Geldes, mit dem merkantilen Druck gegen die merkantile Tierschin- derei wird man erfolgreich werden. Gu- tes Zureden ist aus der Erfahrung un- nütz. Ein höchst interessantes Thema war die Tierversuchsproblematik. Auf die- sem Gebiet hat Univ.-Prof. Dr. Maier an seiner Lehrkanzel für Mikrobiologie eine echte tierschützerische Pionier- arbeit geleistet. Das Versuchstier als Testobjekt für diagnostische Zwecke wie auch als Forschungsobjekt und Einer der wesentlichsten Gründe scheint uns der zu sein, daß sich mit diesen Arbeiten ein Maler in der gegen- wärtigen Situation wieder mit großer Intensität rein malerischen Problemen zuwendet. Was Bucher unternimmt, wird nicht von außerhalb der Malerei liegenden Ursachen bestimmt. Ihm erscheint das vom Licht durchdrunge- ne Dunkel seiner Brauntöne mehr als eine bloß maltechnische Errungen- schaft oder ästhetische Finesse. Wie bei den alten Meister, bei Rembrandt und seinen Nachfolgern, werden die bun- ten Farben gleichsam aus den Braun- tönen herausgeboren. Wenn sich dies so subtil und nuanciert ereignet, wie in den ausgestellten Bildern, dann ist dies ein echter malerischer Schöpfungs- akt, ein echtes malerisches Stilprinzip. Impfstofflieferant ist heute schon zu 95 Prozent überflüssig geworden. Die Zellgewebskulturen haben einen völli- gen Wandel gebracht. Auch dazu muß festgestellt werden, daß nicht so sehr die Sentimentalität die Mutter des Ge- dankens war, sondern die wissen- schaftliche Realität. Die modernen Zell- gewebskulturen lassen ungleich siche- re, einfachere und ökonomischere wis- senschaftliche Arbeiten zu als mit Ver- suchstieren. Wir konnten das gesamte Institut durchwandern, die Wissen- schaftler bei ihrer Arbeit beobachten und an Elektronenmikroskopen han- tieren. Für einen Nichtmediziner war diese Führung jedenfalls ein eindrucks- volles Erlebnis. Einen weiten Raum nahm die wis- senschaftliche Untersuchung der mo- deren Methoden der Intensivhaltung von Haustieren ein. Dazu gehören die Legebatterien von Hühnern, die Mast- ställe für Kälber und Schweine. Wel- che Auswüchse sich da anbahnen, sei an einem Beispiel gezeigt. Man be- ginnt die Schweine zum Zwecke der Intensivmästung anzuketten. Es sind schon die modernen Kettenställe für Rinder eine gewisse Tierquälerei. Das intelligente Schwein aber an Ketten zu hängen, ist ein Statussymbol moderner merkantiler Verirrung. Dasselbe gilt für Legebatterien. Gegen diese tier- quälerischen Auswüchse werden zu- künftig Eier aus natürlich gehaltenen Beständen gestempelt werden. Man ist nach wissenschaftlichen Untersuchun- gen einwandfrei zum Ergebnis gekom- men, daß alle Tiere nach Intensivhal- tung einen wesentlich schlechteren Ge- schmack und Nährwert zeigen. Das „weiße" Kalbfleisch aus solchen künst- lichen Haltungen ist unbekömmlicher, durch Hormon und Antibiotikagehalt bedenklicher und geschmackloser, als das derzeit verachtete sog. dunkle Kalbfleisch. Alle diese Feststellungen wurden - wohlgemerkt - von wis- senschaftlichen Instituten getroffen. Ziel des Welttierschutzbundes ist es, Bei Bucher sind es jedoch keine er- zählenden Inhalte mehr, die von der malerischen Wirkung ablenken könn- ten. Die ungegenständlichen Farbflä- chen zwingen zu keiner inhaltlich-intel- ;ektuellen Deutung, sie lassen vielmehr dem Betrachter eine Freiheit, wie sie wohl erst in unserem Zeitalter mög- lich geworden ist. Diese Bilder, obwohl für sich allein existierend, sind für den menschlichen Kontakt geschaffen. Sie bedürfen ei- nes Betrachters, der nicht intellektuell oder formalistisch an sie herantritt, sondern der sich ganz den Farb-Träu- men überläßt, die vom Künstler ge- schaffen wurden. In diesen flächen- haft angelegten, ungegenständlichen Kompositionen können dann Farb- Träume erlebt werden, in denen sich ein weltweites Gesetz zur Regelung der Intensivhaltung der Masttiere zu er- reichen. Interessant war die dringende Emp- fehlung zur möglichst breiten Sterili- sierung der Katzen und der vernünfti- gen Beschränkung der Hundebestände. Ich konnte unsere Kitzbüheler Inten- tionen im obersten Forum bestens wiederfinden. Es ist eben eine Tier- schinderei, aus angeblich der Natur nicht ins Handwerk zu pfuschenden Haltung, Jungkatzen zu ertränken, zu erschlagen u. dgl. Eines Kulturstaates unwürdig. Einen weiten Raum nahm auch die Haltung von Exoten ein. Die- ses Problem ist bekanntlich in Ameri- ka sehr akut. Es wurde auch Klage ge- führt, daß die Vorträge von Prof. Dr. Grzimek im Fernsehen einen Ansturm auf Tierhandlungen um Erwerb von Exoten auslöst. Diese Tiere sind bald eine familiäre Belastung und landen entweder in Tierheimen, oder werden einfach umgebracht oder ausgesetzt. An einem Abend waren wir im schwarzen Saal der Residenz von Herrn Staatsminister Streibl zu einem Emp- fang eingeladen worden. Ich hatte da- bei Gelegenheit, mit dem Minister, der sich für mich als Tiroler sofort inter- essierte, länger zu unterhalten. Mini- ster Streibl hat das neu geschaffene Ministerium für Umweltschutz und Landesentwicklung inne. Er erzählte mir sehr interessant von der Zusam- menarbeit mit der Tiroler Landesre- gierung auf seinem Ressort. Leider gibt es derartige Minister bei uns noch nicht. Ministerien für Umweltschutz bestehen bereits in mehreren europä- ischen Ländern. Bei uns, im Fremden- verkehrsland Oesterreich, ist daran kaum zu denken. Wir haben nicht ein- mal ein Gesundheitsministerium. An so kleinen Dingen, bzw. scheinbar klei- nen Dingen, erkennt man, wie neben uns die Zeit vorbeigeht. Wer weiß, viel- leicht gibt es mächtige Kräfte, die so ein Ministerium gar nicht wollten. De- nen der echte Umweltschutz sicher auf die Dinge nicht hart stoßen, sondern wo eines aus dem anderen hervorzu- gehen scheint, wo Helles aus Dunklem kommt und Dunkles im Hellen noch erkennbar ist oder sich zu zeichenhaf- ten Formen verdichtet. Beim wieder- holten Betrachten sieht man sich zu- letzt in einen merkwürdig stillen, ge- wichtslosen, schwebenden Empfin- dungszustand versetzt, wie er nur noch in den Träumen erlebt werden kann. Allein durch die Farbe, durch Licht und Dunkel, sind solche Bilder nicht nur Zeugnis für die zeitgemäße Meta- morphose eines malerischen Stilprin- zipes, sondern auch dafür, daß aktuel- les künstlerisches Schaffen auch noch etwas anderes sein und bedeuten kann, als Schock, Provokation und Aggres- sion.
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