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Samstag, 3. Juli 1971 Kitzbüheler Anzeiger Seite 5 Herr Professor Dr. Friedrich, Sie schreiben in einem Artikel in „Die Schutzhttttenrundschau im Alpenland", 4. Heft, im April d. J., und in einer Wiedergabe desselben im „Kitzbühe- ler Anzeiger" vom 15. Mai 1971, daß Sie als der beste Kenner des Bergbaues der Ostalpen, somit Oesterreichs, gel- ten. Ich muß sagen, sehr bedauerlich, daß Sie sich in Ihrem Artikel nur über das Mittelalter befassen. Das interes- siert die Bevölkerung, speziell die des Bezirks Kitzbühel, mit einigen Ausnah- men, wohl herzlich wenig. - Warum schreiben Sie nicht über den Bergbau von heute und den Bergbau der näch- sten 20 bis 30 Jahre? Sie haben doch wohl keine Bedenken, daß das, in ei- nem Ausmaß wie das am Röhrerbichl geplant war, noch mehr Staub aufwir- beln könnte? Sie wollen mehr Erfahrung und Wis- sen sammeln? Herr Professor Fried- rich, Sie haben wohl übersehen, oder is: es Ihnen ganz egal, daß das Gelän- de, das Sie umwühlt und durchwühlt haben wollen, eines der schönsten Landschaftsgebiete der Welt ist. Dazu kommt noch, es ist auch eines der er- tragreichsten und bestausgebauten Fremdenverkehrsgebiete Oesterreichs. Sie schreiben: „Es ist lächerlich zu behaupten, daß ein Erzbergbau, 6 km vcn Kitzbühel, den Fremdenverkehr ge- stört oder beeinträchtigt hätte." Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen, ich bezweifle Ihre Kompetenz in dieser Sache! Haben Sie schon einmal das Tagbauwerk „Bingham" in Utah, USA, ocer die Schutthalden von Sudbury in Ontario, Canada, oder die Schutthai- 1. Fortsetzung Hofrat Dr. Erich Egg: Die Ausstellung dieses Sommers, die sieh mit der Barockkunst in Kitzbühel befassen wird, klingt auf den ersten Blick etwas merkwürdig, da man sich von Kitzbühel alles andere erwartet, als Barock. Trotzdem war diese Stadt einmal eines der großen künstlerischen Zentren eben gerade der Barockkunst in ganzen Lande. Man wird sich fra- gen warum? Einerseits weil Kitzbühel der Mittelpunkt eines ganzen Bezirkes, eines größeren Gebietes ist, dazu et- was abseits vom Inntal, so daß es sei- ne eigene Linie entwickeln konnte. Auf der anderen Seite aber war es die Ro- den der Gruben in Pennsylvania, USA, gesehen? Nicht? Dann würde ich Ih- nen raten, es zu tun. Sie haben das alles selbst gesehen? Kaum zu glau- ben, daß ein Mann wie Sie dann be- haupten kann, das würde die Fremden nicht stören. Ich kann nur eines sagen, ein Bergwerkgebiet vom Astberg bis halb das Kitzbüheler Horn hinauf und treibender Fremdenverkehr, wie paßt das zusammen. Ich glaube, ein Mann in Ihrem Kaliber, sollte etwas weit- blickender und umsichtiger der Sache gegenüberstehen. Was ist, wenn Ihre Theorie nicht stimmt? Was ist, wenn Fremdenver- kehrsexperten recht haben? Tausende fleißige, arbeitsame Leute, die den Fremdenverkehr aufgebaut haben und ihn betreuen, würden geschädigt, müß- ten vielleicht im Bergwerk Arbeit ver- richten, die als eine der ungesündesten und gefährlichsten der Welt gilt. Hut ab vor den Bergleuten, die das aushal- ten oder aushalten müssen, weil ihre Familien ja leben müssen. Glück Auf zu diesen Leuten, die brauchen das Glück notwendig. Aber warum im Bezirk Kitzbühel? Damit einige Aktionäre im Ausland gut Geld verdienen? Herr Prof. Fried- rich, unterhalten Sie sich einmal mit einem Geld- und Investitionsspeziali- sten oder vielleicht mit einem Finanz- spezialisten, wieviel Geld von einem solchen Werk, falls es nicht dauernd zur Vergrößerung desselben verwendet wird, in Oesterreich bleibt? Und jetzt kommt der große Haken! Wer garantiert der Bevölkerung vom Bezirk Kitzbühel, daß nur mit Schacht- senkranzbruderschaft, die es dazu brachte, daß zahlreiche Aufführungen, Prozessionen, in der Karwoche war es sogar, daß Geißlerbruderschaften auf- traten, also jene Dinge entstanden, die dem barocken künstlerischen Wesen entsprochen haben. Alle diese Dinge zusammen haben es bewirkt, daß es eigene Kunst in Kitz- bühel gab, natürlich nicht indem es ei- nen Stil, abseits der übrigen Kunst- entwicklung, gegeben hat. Wohl aber eine durchlaufende kontinuierliche Kunstperiode während des ganzen Ba- rock von etwa 1600 bis 1800. Dazu kam aber noch, daß dieses Kitzbühel mit sei- ner Kunst über seinen heutigen Be- reich, etwa die heutige Bezirkshaupt- anlagen abgebaut würde? (Auch das führt heutzutage im Zeitalter der Ma- schinen zu enormen Schutthäufen!) - Was passiert, wenn festgestellt würde, ein Tagbau am Astberg oder am Kitz- büheler Horn wäre ertragreicher?, in geringeren Tiefen Erze mit einem Kup- fergehalt um die 1 % gefunden wür- den? Nur ein Tagbau würde sich ren- tieren. (Was auch ohne weiteres im Flachland und im Bichlach möglich wäre.) Sie, Herr Professor Friedrich, kön- nen dem Bezirk Kitzbühel nicht garan- tieren, daß das nie der Fall sein würde. Eins steht fest, niemand weiß genau, was im Berg drinnen ist, sonst hätte die Union Corporation nicht so viele Versuchsbohrungen geplant gehabt. - Den ehabt.- Den Astberg abzugraben ist in der heu- tigen Zeit überhaupt kein Problem. In Utah, USA, der „Bingham"-Tagbau, ist ein Krater in einem Ausmaß von 3 km Durchmesser am Kegelrand und hat eine Tiefe von 250 Metern. Alte Bilder zeigen, da stand ein Berg in der Höhe der Mittelstation am Kitzbüheler Horn. 120 Bohrlöcher, in jedem 160-300 kg explovise Ammoniumnitrate detonie- ren alle Tage und 375.000 Tonnen Ma- terial und Erz werden freigesprengt. Bagger von einer Schaufelladung von 20 Tonnen, laden das Material auf Last- wagen von 65 bis 110 Tonnen Nutzlast und zig Züge transportieren das Mate- rial zu den Gesteinsbrechern, 24 Stun- den am Tag. Erz von 0,40 bis 6 Prozent wird in allen Teilen der Welt abgebaut. Nach- dem das Erz gebrochen, gemahlen und flotiert wurde, bleiben riesige Schutt- und Schlammhalden übrig. Das Mate- rial, das sich nicht rentiert zu vermah- len und zu flotieren, wird zu enormen Halden aufgeschüttet und Wasser dar- auf gesprüht. Das Wasser sickert lang- sam durch die Halden, wird so gut wie möglich wieder aufgefangen und diese mannschaft Kitzbühel weit hinaus ge- wirkt hat, sowohl in das Inntal, vor allem aber auch in den ganzen Pinz- gau. Der Pinzgau war mindestens 50 Jahre lang völlig das Gebiet, in dem die Kitzbüheler Künstler gewirkt ha- ben. Die bedeutendsten Werke, die im Pinzgau etwa an Altären aus der Ba- rockzeit vorhanden sind, stammen fast alle von Kitzbüheler Künstlern. Wenn wir nun von diesen Künstlern sprechen, so begann es natürlich ver- hältnismäßig einfach in der Zeit um 1600 zuerst mit einem Bildhauer Hans März, von dem noch einige Werke vor- handen sind und dann kam die Familie Faistenberger. Jene Künstlerfamilie, die Kitzbühel einfach den Namen des Barock gegeben hat. Mit dem alten Faistenberger Andreas, einem Maler, dann mit Benedikt, dem wohl bedeu- tendsten Frühbarockbildhauer viel- leicht Nordtirols überhaupt, der ganz besonders im Pinzgau gearbeitet hat. Bezirk Kitzbühel stellt sich über Volks- und Staatsinteressen! So schreibt Prof. Dr. Ing. 0. M. Friedrich von der Montan-Hochschule Leoben Darauf antwortet Walter Stöckl, 6000 Yonge St. Apt 904 Willowdale 443 Ont, Toronto, Canada (Mitglied des Schutzvereins Kitzbühel) Kitzbühel, siebenhundert Jahre Stadt Beiträge von Fernsehen und Rundfunk 00 zur Jubildumsfeier
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