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Photo Utto Eichhorn, Kitzbühel Samstag, 17. Juli 1911 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Di. &Odseite des Jiitr,4ii4e4ee Aweiped' i.. J4i14üøis4a4e 19?1 Auf Wunsch des Vorstandes der „Kitzbüheler Anzeiger G esm bH., der Herren Max Werner sen. und Carl Planer, wird auf dieser Seite jede Woche bis Weihnachten eine „Kitzbühel-Reportage' gebracht, für welche zwanzig von den Vorstandsmitglie- dern ausgewählte Bilder aus Kitzbühel zur Verfügung stehen. Auch dies ist ein Beitrag zum Jubiläum: Kitzbühel 700 Jahre Stadt Im Jahre 1784 bewähren sich vier Priester um die Stelle des Stadtvikars. Als Sieger aus dem Wettbewerb, der aus sehr strengen und umfassenden Fragen auf dem Gebiet der gesamten Theologie in Theorie und Praxis be- stand, ging der jüngste hervor. P. Mel- chlor Grießenböck, 35 Jahre alt, ein geborener Kitzbüheler. Er bekleidete als erster Exdorninikaner das Amt ei- nes Stadtvikars bis zu seinem Tode am 19. September 1807. (Stadtbuch Kitzbühel, 4. Band, Dr. Johannes Neu- hardt „Kitzbüheler Seelsorgegeschich- te") Unter Stadtvikar Melchior Grie- ßenböck wurden in der Stadtpfarrkir- che einschneidende Veränderungen vor- genommen. Monsignore Dr. Neuhardt berichtet dazu weiters im Stadtbüch: „Wenn man auch über diesen Eingriff geteil- ter Meinung sein kann, so erschaudert es bei dem anderen Vorhaben, das kaum drei Jahre später Kitzbühel um sein Wahrzeichen gebracht hätte. 1787 erteilt das k. k. Kreisamt Schwaz den Befehl, die Frauenkirche samt dem Glockenturm niederzureißen! Nur der einmütige Widerstand der gesamten Bürgerschaft, der auf die „Nützlich- keit" des Turms als Uhr- und Glocken- träger hinwies, vermochte diesen Wahnsinn zu verhindern. Der Kreis- hauptmann Franz Freihe:r von Ceschi und sein Adjunkt Anton von Pfaundler bestanden jedoch darauf, die Frauen- kirche vollkommen auszuräumen und stets verschlossen zu halten. Sie sollte nur mehr als Totenkammer Verwen- dung finden." Im Turm der Liebfrauenkirche be- finden sich die „Große", auch Kaiser- glocke genannt, und die Andreasglocke. Ueber unsere Glockenchronik berich- tet Dr. Neuhardt im bereits angeführ- ten Stadtbuch u. a.: „Wie überall in unserer Heimat be- raubten die Ablieferungsbefehle zweier Weltkriege auch Kitzbühels Kirchtür- me seiner ehernen Rufer. Doch kaum irgendwo vollzog sich dies, besonders im ersten Weltkrieg, unter so dramati- schen Begleitumständen. Von den 12 Glocken mußten sieben, ungeachtet ihres historischen Wertes, am 7. August 1916 abge.iefert werden. Dasselbe Schicksal wa' ursprünglich auch der 1845 bei Miler in Innsbruck gegossenen großen Glocke zugedacht. Diese wurde 1847 von den Kitzbühe- ler Bürgern um 8000 Guden erworben. Die Glocke hat an der Krone einen Gußfehler, so daß der ursprüngliche Auftraggeber, der Propst von St. Ja- kob in Innsbruck, sie zurückwies. 1846 kam Sebastian Schweinester, Baumei- ster in Kitzbühel, nach Innsbruck, sah die von Miller um den reinen Mate- riawert feilgebotene Glocke und bere- dete seine Mitbürger, diese zu erwer- ben. Bürgermeister Josef Traunstei- ner ging selbst von Haus zu Haus sammeln. Am Rosenkranzfest 1847 wurde die Glocke auf dem Frauenturm zum erstenmal geläutet. Nach dem ursprünglichen Abliefe- rungsbefehl konnte ein von Bürgermei- ster Anton Werner in Wien überreich- tes Majestätsgesuch sowie die anläß- 1ici einer Durchfahrt des Kaisers in Ki;zbühel von Stadtpfarrer Karl Egger vorgebrachte Bitte am 21. Juli 1917 die allerhöchste Entscheidung für den Verbleib der Glocke erwirken. Damit war Tirols drittgrößte und k 1 a n g- s c h ö n s t e Glocke vor der Vernich- tung bewahrt und lebt hinfort als „Kaiserglocke" in den Herzen aller Kitzbüheler weiter. Die Kaiserglocke hat ein Gewicht von 6500 kg und ei- nen Durchmesser von 216 cm. Das Telegramm vom 21. Juli 1917 ist mit folgendem Wortlaut im Stadt- buch abgebildet: „Meidling, Südbahn. Von Mil. Kanzlei Seiner Majestät des Kaisers und Königs - Seine k.u.k. apostolische Majestät geruhten das Kriegsministerium anzuweisen, den Kitzbühelern ihre große Glocke zu be- lassen. - Marterer, Feldmarschalleut- nant." Im Feber 1942 wanderten alle im Jahre 1926 neu erworbenen vier G13k- ken zum Umschmelzen nach Brixlegg. Auch für die Kaiserglocke drohte wie- der höchste Gefahr. Weder die aus- führlichen Darlegungen von Stadtpfar- rer Joseph Schmid, der Schall dieser Glocke sei für die Abhaltung böser Hagelwetter unerläßlich, noch die Be- Der Turm der Liebf rauenkirche Turm und Kirche sollten 1787 niedergerissen werden
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