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Samstag, 4. September 1971 Kitzbüheler Anzeiger Seite 7 Schauspiels im kulturellen Leben Kitz- Sonderpostamt 11i 1 ..I 1 bühels. Kunst und Spielkultur verlie- hen ein großer Erfolg hen der Stadt eine Stellung in dem hA'n Riz X X7 ii,1 c i ci hciitc Auszug aus der Markenbeschreibung von Landesoberarchivar Dr. Eduard Widmoser, anläßlich der Herausgabe der Sonderpostmarke „Kitzbühel - 700 Jahre Stadt". - Die So:aderpostmarke Kitzbühel wird in Fachkreisen als die repräsentativste Marke Oesterreichs bezeichnet. In diesen Tagen wurden beim Postamt Kitzbühel hunderttau- sende „Gefälligkeitsabstempelungen" durchgeführt. Es herrschte ein uner- wartet großer Andrang. Das Kunstzentrum Kitzbühel Zur gleichen Zeit, als Kitzbühel Berg- bauzentrum war, war es auch ein Zen- trum der Kunst. Man erahnt dies bei einem Gang durch die Stadt. Die mäch- tige Stadtpfarrkirche St. Andreas, im 15. Jahrhundert erbaut, gehört in die erste Reihe gotischer Sakralkunst in Tirol. Ihre Innenausstattung liefert den Beweis für das Kitzbüheler Kunst- schaffen des 17. und 18. Jahrhunderts, denn es sind fast durchwegs Kitzbühe- ler Künstler, die das Punk- und Herz- stück ihrer Stadt mit ihrer Hände Ar- beit bereicherten. Auch die Liebfrauen- kirche mit ihrem 48m hohen massi- gen Turm, Kitzbühels Stolz, birgt Wer- ke von Kitzbüheler Künstlern. Dies allein würde noch nicht genügen, um damit Kitzbühels Bedeutung als Zen- trum barocker Kunst zu rechtfertigen. Es ist die Ausstrahlung, die von Kitz- büheler Künstlern in der Barockzeit ausging. Maler, Bildhauer und Baumei- ster wirkten im ganzen nordöstlichen Tirol und darüber hinaus. Es wirkte die Künstlerfamilie Faistenberger, die mit dem bedeutendsten Nordtiroler Barockmaler Simon Benedikt Faisten- berger (1695-1759) ihren Höhepunkt erreichte. Es schufen die Bildhauer Josef M. Lengauer (1728-1793) und Franz Offer (gestorben 1753-54), um nur die bekanntesten Meister der Bild- hauerkunst in Kitzbühel zu nennen. Es werkten die Baumeister Kassian Singer (1721-1759) und Andre Hue- ber (1725-1808). Ihre Kirchenbauten prägen das barocke Gesicht des nord- östlichen Tirol und der Nachbarschaft. So nimmt Kitzbühel in der Tiroler Kunst eine Sonderstellung ein, die nicht dadurch begründet ist, daß die Stadt vielleicht eine eigene Kunstrich- tung entwickelte, sondern darin liegt, daß Kitzbühel durch zwei Jahrhunder- te ein künstlerisches Ausstrahlungs- zentrum war. Auch nach dieser hohen Zeit der Kunst in Kitzbühel stellte Kitzbühel immer wieder Künstler von Rang und Namen, so z. B. den Bildhauer Franz Christoph Erler (182-1911), der u. a. die berühmte Pieta im Stephansdom zu Wien und Werke in der Wiener Vo- tivkirche schuf, und den Maler Alfons Walde (1891-1958). Auch heute leben und wirken Maler und Bildhauer, die in der modernen Kunst beheimatet sind, darunter die international be- kannte Hilde Goldschmid. Doch auch die Dichtkunst ist in Kitz- bühel vertreten. Wenn man die Namen Alfons Petzold, Alma Holgersen, Rai- mund Rosendorfer, Helmut Schinagl hört und liest, dann muß man dabei Kitzbühel nennen, denn sie sind Kitz- büheler oder haben Kitzbühel zu ihrer Wahlheimat erkoren. Die Passionsspielstadt Kitzbühel Zur selben Zeit, als Kitzbühel ein Kunstzentrum war, war es auch der Mittelpunkt der tirolischen Passion und des barocken Schauspiels. Wenn man von den Passionsspielen in Tirol spricht, dann denkt man heute an Thiersee und Erl und, was die Ver- gangenheit anbelangt, an Sterzing und Bozen. Ueberrascht ist man jedoch, wenn man erfährt, daß in Kitzbühel etwa 70 Passionsspieljahre zu verzeich- nen und an die 150 Christusdarsteller nachzuweisen sind. Diese Zahlen über- treffen bei weitem alle Passionsspiele Tirols. Kitzbühel hält also die Spitze in dem ohnehin so volktheaterreichen Tirol. Die Blüte der hohen Zeit der Kitz- büheler Spielkultur ist im ausgehen- den Mittelalter und in der Barockzeit zu suchen. Träger dieser Kitzbüheler Spielkultur war die das ganze Leben der Stadt beherrschende Rosenkranz- bruderschaft, die ihre geistliche und geistige Stütze im Dominikanerorden fand, der von 1640 bis 1784 das Stadt- vikariat betreute. Die ganze Stadt war Bühne, die gesamte Bürgerschaft stell- te die Spieler. In einer unvorstellbaren Realistik wurde das Leiden Christi nachvollzogen. Geißler und Kreuzträ- ger zogen durch die Gassen Kitzbühels, ekstatisch folterten sie sich, so daß das Blut spritzte und der gequälte Körper sich unter den Schmerzen wand. Die barocke Theatralik wurde zur die gan- ze Stadt umspannenden Dramatik. Es wird kaum eine Stadt geben, die so selbstbewußt und so tief die ganze Welt des barocken Schauspiels gestal- tete. So wundert es einen auch nicht, daß in Kitzbühel das erste und älteste Schauspielhaus der Tiroler Volksspie- le stand. Im Jahre 1707 wurde das „Comedi Haus" am Kitzbüheler Fried- hof eröffnet, und ein Jahr darauf zeig- te Kitzbühel erstmals sein Passions- spiel im neuen Spielhaus. Noch ein Jahrhundert lang währte die Epoche der barocken Dynamik in Kitzbühel. Für viele Jahre war der Ba- rockmaler Simon Benedikt Faisten- berger der Ausstattungschef dieser Kitzbüheler barocken Theatralik. Dar- in erkennt man die Bedeutung des L.LI .1. .L LLLJ1 V J £V und Wintersport Kitzbühel geben. Kitzbühel, Fremdenverkehrsstadt und Wintersportort von Weltruf Das 19. Jahrhundert ließ den Bergsegen versiegen, das Kitzbüheler Kunstzen- trum gab es nicht mehr, die hohe Zeit der Kitzbüheler Spielkultur war zu Ende. Dafür aber bahnte sich eine Ent- wicklung an, die zur heutigen Berühmt- heit Kitzbühels führte. Im Jahre 1846 wurde in Kitzbühel das Eisenbad gebaut. Dies ist der Be- ginn des Kurbetriebes. Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden be- reits 500 Kurgäste im Jahr gezählt. Die Eröffnung der Giselabahn, der West- bahnstrecke, im Jahre 1875 schloß Kitz- bühel an dasVerkehrsnetz an. So konn- te sich der Fremdenverkehr entwickeln. Die erste Fremdenliste des Jahres 1893 weist 1815 Personen auf und in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg weil- ten durchschnittlich 5000 Gäste mit 70.000 Unterkunftstagen in Kitzbühel. 1924 zählte Kitzbühel fast 100.000 Uebernachtungen, 1970 konnte Kitzbü- hel erstmals die Traumzahl von über 1 Million Nächtigungen erreichen. Be- redter Ausdruck des Kitzbüheler Frem- denverkehrs ist die Tatsache, daß Kitz- bühel beinahe gleichviel Gästebetten wie Einwohner hat, nämlich 8000. Die Würze des Sommers, die herr- liche Lage der Stadt in den grünen Bergen der Kitzbüheler Alpen, der war- me Schwarzsee mit dem moorhäitigen Heilwasser und das gesunde Klima trugen zu diesem blühenden Fremden- verkehr bei. Jedoch in viel größerem Maße ist es der Wintersport, der Kitz- bühel berühmt machte. Im März 1893 bestieg Franz Reisch mit Skier das Kitzbüheler Horn. Das ist der Startschuß für den Kitzbühe- ler Wintersport. Schon ein Jahr später kamen die ersten englischen „Schnee- schuhläufer" nach Kitzbühel, und seit- dem sind die Engländer der Stadt treu geblieben. 1902 wurde die „Winter- sportvereinigung Kitzbühel" gegründet, aus der 1931 der weltbekannte Kitzbü- heler Skiklub hervorging. In Kitzbü- hel fanden fast alle bedeutenden Ski- konkurrenzen erstmals statt und 1931 wurde das erste Hahnenkammrennen, das heute zu den größten skisportli- chen Ereignissen der Welt zählt, abge- halten. In Kitzbühel entstand der „Al- pine Skilauf" des Oberleutnants Bil- gen. In Kitzbühel wurde der Stemm- chnistiana geboren. Auch zur berühm- ten „Arlbergtechnik" hat Kitzbühel sei- nen bedeutenden Beitrag geliefert. Es gab einmal eine Zeit, in der Kitzbühe- ler Skirennläufer einen Großteil der österreichischen Nationalmannschaft stellten. Insegesamt wurden 16 Gold-,
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