Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Das Kitzbüheler Heimatmuseum, früher Getreidekasten des Berggerichts, seit 1929 im Besitz der Osterr. Bundesforste. In alter Zeit stand hier der Südwestturm, der 1718 auf die heutige Höhe verkürzt wurde. Dessen Nordwand die Bau- weise des „Opus spicatum", nämlich einer im Ahrenmuster angeordneten Steinmauerung aufweist, die mindestens in das 12. Jahrhundert, also lange vor der Stadterhebung 1271, zu datieren ist. (Dr. Felmayer, 3. Band „Die profane Bau- geschichte Kitzbühels) Photo: Utto Eichhorn, Kitzbühel Samstag, 9. Oktober 171 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Der Apotheker, Botaniker und Politiker Joseph Traunsteiner Aus „Manfred Rupert, Stadtbuch Kitzbühel, 4. Band" III. Teil und Schluß Traunsteiner war mit dem, was der Landtag machte, nicht recht zufrieden und noch weniger mit seiner eigenen Landtagsarbeit. - Als ihm das Land- gericht Kitzbühel die Vorlage seiner Spesenrechnung für den Landtag auf- trug erklärte er, er wolle, falls ihn das Landgericht zahlen müsse, nichts verlangen, weil er sich nicht rühmen könne, bei jenem Landtag nur irgend- etwas zum Besten des Vaterlandes oder seines Wahlbezirks geleistet zu haben. Knapp vor dem Scheitern der deut- schen Einigungsbestrebungen hören wir noch von einem Schreiben von 500 Unterfertigten aus der Stadt Kitzbühel und aus den Gemeinden des Land- gerichtsbezirks Kitzbühel und des Landgerichtsbezirk Hopfgarten, das am 10. März 1849 verfaßt und am 26. März an die deutsche Nationalversammlung gesandt wurde! Es ist zu vermuten, daß Traunsteiner mit der Entscheidung die- ser Adresse, durch die die Nationalver- sammlung zur raschen und furchtlosen Vollendung der Verfassung aufgerufen wird, zu tun hatte. Die gemachten Erfahrungen und die wei;eren Ereignisse bewogen Traun- steiner, sich 1849 von der Politik zu- rückzuziehen. Wie wir sehen, brachte Traunsteiner eine beachtliche Laufbahn im Dienste der Oeffentlichkeit hinter sich. (Weiteres im zit. Aufsatz im 4. Band des Stadtbuchs.) Traunsteiners Bedeutung als Botani- ker kommt die Arbeit von Manfred Ru- pert zum erstenmal gerecht. Schon als Apothekerlehrling in Brixen (Südtriol) gelang Traunsteiner in der Nähe unse- rer Schwesternstadt Sterzing, u. zw. im Pfitseh, sein erster schöner bota- nischer Fund: ein hasenohrartiges Ha- bichtskraut „Hieracium bupleuroides Gmelin". Folgende Pflanzen tragen Traunsteiners Namen: Traunsteiners Hungerblümchen (Kitzbüheler Horn), Traunsteiners Knabenkraut (Schwarz- see), Fleischfarbenes Knabenkraut, Traunsteiners Weide (bei Jagern in Aurach), Traunsteiners Sommerlinde (St. Johann und am Grugelbühel), Ku- gellütiges Knabenkraut (Geißstein), Breitschuppige Distel (auf Feldern in Kitzbühel), Langblättrige Eberwurz (Sintersbachgebiet), Großblättrige Al- penscharte (Kleiner Rettenstein),Vier- ährige Segge (Lämmersbühelalpe). Weiters machte Traunsteiner folgen- de seinerzeit als Neuentdeckungen für Tirol beurteilten Funde: Zartes Gauch- heil, Gaudi.ns Segge, Kleinährige Segge, Betonienblättr. Teufelskralle, Schnee- weißes Fingerkraut, Haarspitzige Wei- de, Gletscher-Graslilie. Dr. Sauter führt als weitere interes- sante Entdeckungen Traunsteiners an: Mattiolis Heilglückel, Kälteliebendes Hungerblümchen, Karpaten-Ruhrkraut Seidenhaarspitzkiel, Langblumige Pri- mel, von denen jetzt aber einige einen anderen Namen erhalten haben. Traunsteiner war jedenfalls ein erfolg- reicher Botaniker. Er erforschte als erster den größten Teil der Gefäß- pflanzen um Kitzbühel und erbrachte damit eine Pionierleistung für die Ti- roler Botanik. Durch diese Pionierlei- stung und durch die Weitergabe seiner Kenntnisse trug er nicht unwesentlich dazu bei, daß Dr. Ungers Erfolg mög- lich wurde. Wegen seines Eifers, we- gen seiner Sorgfalt und wegen seiner Wissenschaftlichkeit stand Traunstei- ner bei den Bota- nikern weitum in hohem Ansehen. Vom „Dreigestirn" Traunsteiner -Sau- ter-Unger war un- ser Traunsteiner nicht der strahlen- de Stern, das war unbestritten Un- ger, aber er war, um beim Wort zu bleiben, der Fix- stern von Kitzbü- hel, während die zwei anderen ka- men und wieder weiterzogen. Es wäre falsch anzunehmen, daß Traunsteiner völ- lig in seinem Be- ruf oderinwissen- schaftlicher Be- schäftigung mit Botanik aufging, oder wie ein welt- fremder Gelehrter lebte. Im Gegen- teil. Traunsteiner ging in seiner Frei- zeit noch anderen Beschäftigungen nach und mußte sich später für ernstere Dinge ein- fach Zeit nehmen. Beim Betrachten seiner sonstigen Freizeitbeschäfti- gungen spürt man etwas von Bieder- meier. Traunsteiner las viel. Sein Interes- se galt besonders der Geographie, der Geschichte so- wie politischen Fragen. - Nicht ohne Grund wandte sich Johann Jakob Staff- 1er an Traunsteiner um Durchsicht und Ergänzung seiner Angaben über das Landgericht Kitzbühel. Manches in der Endfassung des Werkes „Tirol und Vorarlberg topographisch" geht auf Traunsteiners Anregungen zurück, so auch die mit geschichtlichen Bemer- kungen ausgesprochene Anregung, am Schwarzsee ein Moorbad zu errichten. Im Garten hinter seinem Haus (heu- te Blumen-Koppelmann) hielt Traun- steiner neben anderen Blumen etwa fünfzig Farbvarietäten von Georginen, die die Augen der Vorübergehenden fesselten. Von Jugend auf betrieb Traunsteiner den Vogelfang. Diese heute abgekom-
< Page 2 | Page 4 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen