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e1te 4 Kitzbüheler Arizelger Samstag, 13. November 1971 nannte „Peerschmied", eine Schmiede solches gleich wol mit wol sovil Steban Neben der religiösen Thematik kommt die von 1596 bis 1829 erwähnt wird. (Stuben), Camern, Khuchln, Gwelben, jedoch im Rahmen dieser Ausstellung Das Haus Nr. 10 (Michael Bodners Kheler, Hoff 1, Gartl, Stallung, Padstübl auch die individuelle künstlerische Lei- Erben) wird im Spitalsurbau von 1521 und andere Inneten als das vorgemelte stung zur Geltung. Das Gesamtwerk das „Päzaglhaus" genannt. (das Thennische Haus - heute Spar- der Maler- und Bildhauerdynastie Fai- „In der K.bau" nennt der Kataster kasse Kitzbühel, Hinterstadt 18)." stenberger, die vier Generationen lang 1686 zwei Gasthäuser. Eines davon ist Das Haus war Ende des 16. Jahrhun- das kulturelle Leben von Kitzbühel be- das Gasthaus Eggerwirt, das andere die derts im Besitz der Familie Heyperger. herrschte, wird hier in einer möglichst „Wirtstafern" des Gaudenz Fortunat 1629-1638 wird Augustin Pichler (Püh- vollständigen Auswahl mit signifikan- Graf Wolkenstein. „Eggerwirt" be- 1er) als Besitzer bezeichnet, 1645 Elias ten Beispielen demonstriert. Andreas schreibt Raymond von Lamberg in ei- Pichler, 1674 der Gastgeb Mathias Pich- Faistenberger, der aus Hall i. T. einge- nem Brief an seinen lieben Vettern 1er, 1688 Georg Egger, 1716 Sebastian, wanderte Stammvater der Familie, ist und Bruder (Dr. K. Kogler) „... ist 1756 und 1785 Johann Egger. durch seine bekannte Stadtansicht von Kitzbühel (1620) vertreten. Benedikt 23.000 Besucher bei in Kitzbühel" „Barock Faistenberger, der Sohn, zeigt sich als Bildhauer von strengem Format, bei dem in manchen charakteristischen ZU- Am 11. Oktober 1971 wurde die Aus- der katholischen Gegenreform, die emo- gen, wie etwa in dem etwas harten, stellung „Barock in Kitzbühel" im Ti- tionelle Wirkung der spanischen Welt- kantigen Faltenstil und der verhalte- roler Landesmuseum Ferdinandeum mission auf eine homogene bäuerliche nen Gebärdensprache, noch ein Rest geschlossen, nachdem wegen der Teil- Gemeinschaft. Ohne die religiösen und von heimlicher Gotik steckt. Die Hoch- nahme am Historikerkongreß die Zeit machtpolitischen Hintergründe, ohne altarfig'uren der Heiligen Petrus und der Ausstellung um eine Woche verlän- den Geist der Bruderschaften, ohne Paulus aus der Pfarrkirche von Obern- gert wurde. Wie uns von der Direktion den Glaubenseifer der großen Prediger- dorf (1660) und die Statue der heiligen aes Museums mitgeteilt wurde, haben orden, allen voran der Dominikaner, Anna Selbdritt gehören unzweifelhaft diese Ausstellung insgesamt 23.000 Per- die seit 164U me Seelsorge in diesem zu den „glanzvollen Unikaten" der Aus- sonen besucht. Sie fand bei allen Be- Uetiet betreuten, wäre eine volkstUm- stellung. - Mit Georg und Ignaz Fai- suchern höchstes Lob. Nun liegt auch licne Kircnen1unst im Raum von Kitz- stenberger hielt das Pathos des römi- der Beitrag der Kitzbüheler Kunst- btinel undenkbar gewesen. schen Hochbarock im Tiroler Unter- historikerin Dr. Maria Hromatka-Neus- uie Ausstellung enthalt insgesamt 90 land seinen Einzug. Die prunkvollen ser in den Kulturberichten aus Tirol WerKe cter Altarplastik und Talelmale- über und über vergoldeten Figuren der (Folge 207-208) vor. Frau Dr. Hromat- rei, cier Graphik und der Goldschmiede- Heiligen Markus und Marcellinus, des ka schreibt: kunst. Man begegnet immer wieder Erzengels Michael (Pfarrkirche von St. Das Innsbrucker Museum Ferdinan- ctenseiben typiscnen Themen der ba- Jakob in Haus, 1696) und wohl auch die deum zeigt als Beitrag des Landes Ti- rocken Devotion. Im Vordergrund der Statue des Propheten Daniel als Berg- rol zur 7u0-Jahr-Feier der Stadt Kitz- traditionellen Heiligen- und Bilderver- werkspatron (K.nappenaltar der Pfarr- bühel die Ausstellung „Barock in Kitz- ehru.ng stehen neue Motive des Marien- kirche Kitzbühel, 1710) entstanden in bühel", die Hofrat Dr. Erich Egg ge- kults: die „Madonna della vittoria" als einer von den beiden Brüdern gemein- meinsam mit Ass. Dr. Gerhard Am- triumphierende Himmelskönigin und sam betriebenen Altarwerkstatt. mann gestaltete. Das interessante Kon- „Immaculata" (,‚Krönung Mariens" v. Simon Benedikt Faistenberger, der zept der Ausstellung ist von moderner Simon Benedikt Faistenberger, 1754), letzte Sproß der Familie (1695-1759), soziologischer Problematik nicht unbe- die „Muttergottes vom Guten Rate" einer der temperamentvollsten und far- rührt: Es sollte hier vor allem die Ei- (Kopie des Gnadenbildes von Genazza- benfreudigsten Tiroler Freskeninaler, genleistung eines lokalen Kunstgebie- no von S. B. Faistenberger, 1758), die brachte die Barockkunst in Kitzbühel tes, die Kontinuität der Entwicklung gnadenreiche „Mariahilfer Muttergot- zur höchsten Blüte. Die Ausstellung innerhalb eines bestimmten Lebens- tes" nach dem Votivbild von Lukas zeigt von diesem Meister 2 repräsen- raumes zur Diskussion gestellt wer- Cranach als Schutzpatronin von Tirol tativ-höfische Porträts der Reichsgra- den. Man beschränkte sich bei der (Freskozyklus von S. B. Faistenberger fen von Lamberg, 2 Selbstbildnisse, 12 Auswahl der Exponate bewußt auf in der Liebfrauenkirche von Kitzbühel, Altargemälde und 30 Entwürfe, meist Werke von einheimischen ansässigen 1739). zu barocken Deckengemälden. Kitzbüheler Künstlern, ohne von rein Mit der marianischen Verehrung in- In einigem Abstand ist der Kitzbü.he- ästhetischen Ueberlegungen auszuge- fig verknüpft war die Wiederbelebung 1er Bildschnitzer Josef Martin Lengau- hen. der Rosenkranzandacht: sie wurde als er (1729-1793) zu nennen, der bereits Kitzbühel war in der Zeit von 1600— Gemeinschaftsgebet (,‚Beten") von den mit seinen Arbeiten für den Hochaltar 18001 , ähnlich wie heute, der wirtschaft- Dominikanern mächtig gefördert. Noch von Elimau den Uebergang zur weiche- liche und gesellschaftliche Mittelpunkt aus der Frühzeit des religiösen Auf- ren Modellierung des Rocaillestils fand. eines ausgedehnten Landbezirkes - bruchs stammt das Rosenkranzaltär- Franz Offer gehört zur letzten Garni- des Söllandes, des Brixentals und des ehen der Kitzbüheler Pfarrhauskapelle, tur der barocken Herrgottsschnitzer. Pinzgaus -‚ überdies besaß die kleine ein Kabinettstück spätmanieristischen Man begegnet seinen „Schmerzensmän- Stadt eine gewisse Bedeutung als Ex- Stils von Veit Rabi und Benedikt Fai- nern" und derben Dorfheiligen in Stadt positur einer großen, volksbarocken stenberger (1635). Wenige Jahrzehnte und Land oft unter freiem Himmel, Sakrallandschaft, die ihren Hauptsitz später wurde auch der Altar der Kitz- hier aber als Museumsstück beson- in Bayern hatte. München, Salzburg, büheler Erzbruderschaft vom heiligen ders prächtig aufpoliert. Passau und Rosenheim erschienen dem Rosenkranz geweiht, dessen Haupt- Die rigorose Kirchenpolitik der Auf- Tiroler „Unterländer" als Bildungsstät- figur, eine Muttergottes mit dem Kind, klärung ging gegen den naiven Bilder- ten geeigneter und vertrauter als die von Hans März dem Museum derzeit kult gewaltsam vor. Gleichzeitig mit meilenweit entfernte, vom akademi- als Leihgabe zur Verfügung steht. Auch der Vertreibung der Dominikaner um sehen Nimbus umflorte Residenzstadt Simon Benedikt Faistenberger behan- 1784, der Aufhebung der Bruderschaf- Wien. Der bajuwarische Einschlag war delte mehrmals das beliebte Thema der ten, dem Verbot des frommen und im- auf allen Gebieten unverkennbar, stil- Rosenkranzspende - zuletzt in Verbin- frommen Brauchtums, der fröhlichen bildend, mitbestimmend. dung mit der Verehrung der heiligen Kirchfahrten, der „Umbzüge" und Aber deutlicher als jeder regionale Eucharistie in einem allegorischen „Theatralexhibitionen" erlosch auch die Einfluß spricht aus den Bilddokumen- Spätwerk: „Die armen Seelen im Fege- Lebenskraft der Barockkunst in Kitz- ten der Ausstellung die suggestive Kraft feuer" (1750). bühel. Dr. M. Hromatka
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