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Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. Dezember 1971 Ist Salzburg Vorbild f ür die Stadtentwicklungsm planung von Kitzbühel? Am 19. November 1971 fand im gro- ßen Sitzungssaal des Rathauses auf Initiative des Obmannes des Planungs- ausschusses GR LAbg. Dr. Otto Wend- ling ein Vortrag des Salzburger Stadt- planungsfachmannes Stadtrat Sepp Weilhartner statt. —Den Vorsitz führte Bgm. Hermann Reisch, der in seinen einleitenden Worten dem Salz- burger Stadtrat für seine Bereitwillig- keit, in Kitzbühel einen Vortrag über die Stadtentwicklungsplanung von Salz- burg zu halten, dankte. An dem Vor- trag nahm der gesamte Gemeinderat, weiters die Mitglieder des Planungs- ausschusses des FVV mit Obmann Karl Koller, Baron Menshengen, Josef Baldassi und Ferdinand Maier, von der Bergbahn AG Dipl.-Kfm. Fritz Tscholl und Ing. Adolf Chlup, Franz Münster von der Bezirkshauptmannschaft,Stadt- baumeister Ing. Cufer und Gend.-Insp. F. Pichler teil. Wir folgen nun dem ausführlichen Vortrag des Salzburgers. „Für mich ist es eine ehrenvolle Auf- gabe, hier in Kitzbühel einiges über Städteplanung zu sagen. Unter Städte- planung ist die Entwicklungsplanung und Verkehrsplanung und alle damit zusammenhängenden Planungen der Verbauung zu verstehen. Ich selbst bin seit 1956 als Ressortchef in der Salz- burger Stadtplanung tätig. 1959 wurde ein eigenes Planungsamt geschaffen und wir sind gerade jetzt dabei, dieses Amt in eine Planungsabteilung umzu- wandeln. Ein Vorgang, der bereits in vielen deutschen Städten stattgefunden hat, insbesondere aber in Stockholm und in Kopenhagen. In diesen Städten ist das Planungsamt der Ausgangs- und Mittelpunkt für sämtliche Planungen und Vermessungen. Es ist bei uns in Oesterreich als Fort- schritt zu bezeichnen, daß einer Pla- nung Gott sei Dank auch größeres Augenmerk zugewendet wird. In der Vergangenheit fehlte diese Einsicht. Ich spreche hier in Kitzbühel auch nicht als Angehöriger einer politischen Fraktion, sondern rein als ressortzu- stndiger Referent für die Stadtnl- nung. Ich darf Ihnen also einen sach- lichen und nüchternen Bericht gehen. der Ihnen nicht nur die guten Seiten der Salzburer Stadtnlani ing. sondern auch deren Schattenseiten vor Augen fuhren wird. Die Landeshauptstadt Salzburg ist un- wahrscheinlich angewachsen. Flächen- mäßig und auch bevölkerunasmäßig. Im Jahre 1935 umfaßte das Stadtgebiet nur 720 Hektar. Durch die Eingemein- dungen von 1936 vergrößerte sich ds Gebiet auf 2500 Hektar und dann kam 1939 schließlich die Großeingemein- dung, wodurch das Stadtgebiet auf 6700 ha angewachsen ist. Durch spätere Ausgemeindungen, insbesondere der Gebiete um den Schlachthof und dem Tiefkühlhaus, das seinerzeit zur Ver- sorgung der deutschen Wehrmacht er- richtet wurde, verkleinerte es sich wie- der auf 6563 ha. So schön es auch ist, daß man sich flächenmäßig ausdehnen kann, so brachte es auch Nachteile nach sich, weil die Zeit der Eingemeindung keine organische war, sondern der Griff war doch zu groß. Auf schließungsmäßig, durch das Kanalnetz, straßenmäßig, wasserversorgungsmäßig usw. hat Salz- burg diese bis heute noch nicht ganz verkraftet, und wir haben hier noch sehr viel nachzuholen. Bevölkerungsmäßig hat die Stadt auch sehr zugenommen. 1938 hatten wir 66.000 Einwohner und jetzt haben wir 127.000. Dazu kommen noch 10.000 nichtständige Bewohner, so daß mit einer Versorgung von 137.000 Bewoh- nern gerechnet werden muß. Salzburg ist die Landeshauptstadt mit der größ- ten Bevölkerungszuwachsrate in Öster- reich. Wir stehen hier „leider" an der Spitze, weil wir pro Jahr mit einem Zuwachs von ca. 2000 rechnen müssen und uns dieser Zuwachs in der Pla- nung zu schaffen macht. Der natürli- che Bevölkerungszuwachs beträgt zwar pro Jahr nur etwa 450, aber der Zu- wachs durch Zuwanderungen beträgt pro Jahr zwischen 1200 bis 1550 Men- schen. Nun zu den Planungsfragen selbst. Tm Jahre 1945 waren an Planungsunter- lagen nur einige Gedanken aus dem Jahre 1930 vorhanden. Einige Weiter- entwicklungen aus dem Jahre 1936, aber dann grundlegende Umnlanungen in der Zeit von 1938 bis 1941 erfolgt, auch 1942 wurde daran noch gearbei- tet, dann hat aber jede Planungsarbeit aufgehört. 1946 wurde der erste Stadtregulie- rungsplan vorgelegt, auf der Basis der alten Pläne, der eigentlich nur ein Flä- chenwidmungsplan war mit eingezeich- neten Verkehrsadern. Dieser Plan hat an sich bis 1959 gehalten. Die Stadt- verwaltung hat nun Ueberlegungen an- gestellt, wie man die verkehrsm (34 -e Entwick1un der Stadt in den Griff be- kommen könnte. Es wurde uns ITC'fl Fachleuten geraten, daß es wichtig wä- re, zuerst einen neuen Flächenwid- mungsnlan auszuarbeiten. anstatt des alten Stadtreguiierungsianes und an- schließend dann den. Gener1verkehrs- nian. zu erstellen und erst, dnn einen Stacltentwicklungspla,n auf lrie Sicht. der die Entwicklung der Stadt bis zum Jahre 2000 zu lenken hätte, Das war die Auffassung der Fachleute, also von Städteplanern. Wir haben diesen Rat befolgt und haben unter meiner Res- sortführung die Erstellung des neuen Flächenwidmungsplanes in Auftrag ge- geben, der 1960 fertiggestellt und be- schlossen wurde. Dieser Flächenwid- mungsplan war aber nur auf die Dauer von fünf Jahren erarbeitet, denn wir waren uns darüber im klaren, daß sich in diesen 5 Jahren so viel Aenderungs- notwendigkeiten ergeben würden, daß der Plan nach Ablauf dieser Zeit wieder überwiegend ergänzt werden müßte. Das ist aber nicht eingetreten, denn dieser Flächenwidmungsplan ist heute noch eine brauchbare Grund- lage für die Flächenwidmungspolitik der Stadt, obwohl kleine Abänderun- gen und Ausnahmegenehmigungen nach dem Raumordnungsgesetz zum Zuge gekommen sind. Dann wurde 1960 der Auftrag zur Erstellung eines Verkehrsplanes gege- ben, und zwar an einen Professor in Graz als anerkannten Fachmann, weil wir in Salzburg keinen zur Verfügung hatten, auch heute noch nicht. Wohl für die Stadtentwicklung selbst, aber keinen Verkehrsplaner. Die Suche nach einem solchen war bisher auch im Ausland vergeblich. 1961 hat der Grazer Professor bereits die Analyse zum Stadtverkehrsplan vorgelegt. Die Analyse ist ja die Grund- lage eines jeden Verkehrsplanes, die alle Belastungsprognosen etc, zu ent- halten hat. Der eigentliche Verkehrs- plan wurde 1964 vorgelegt und da kam die große Enttäuschung. Der Plan war ein selbständiges Produkt des Verfassers, dem man sein großes Wis- sen nicht absprechen kann, der jedoch mit den Verhältnissen in der Stadt Salzburg nicht vertraut war. Es war der erste grundlegende Fehler, den wir gemacht hatten, den ich auf meine Kappe nehmen muß, denn mir hat das Planungsbüro unterstanden, daß wir nicht im vorneherein diesen sicherlich international anerkannten Fachmann auch das Praktische in die Hand gege- ben haben. Er hat den Verkehrsplan streng wissenschaftlich erstellt. Wir haben diesen Verkehrsplan beraten, durch zwei Jahre hindurch, konnten wir immer noch kein Praktikum dar- aus machen. Wir verloren wertvolle zwei Jahre und. 1,700.000 Schilling. Der Plan liegt jetzt im. Akt und hat nur einen Archivwert. Uebrigens, dasselbe Schicksal hat auch Innsbruck erlitten. Ich war bei einem, Vortrag in Inns- bruck und dort hat sich ganz genau derselbe Vorgang abgespielt. T'Tiin haben wir auf Grund neuer Erkenntnisse zuerst den Sta.dtentwiek- 1,ur,gsplan in Angriff genommen. Der Sta.dtentwicklungsplan ist die breite (Fortsetzung auf Seite 4)
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