Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 18. Dezember 1971 ach zu befolgen. Mit Handschlag wur- de dieser .burgereid bekräftigt. Die ii.r1egung des Bürgergeicies und ein Bürgermahl, vom 1Neubürger gegeben, olgte. Durch das Bürgerbuch, das 1.175 ein- setzt und 1859, dem Jahr der letzten Bürgeraufnahme endet, sind wir unter- richtet, wieviele Bürger in dieser Zeit aufgenommen wurden. Es waren 1636, davon 496 Bürgersöhne, die ebenfalls sich dem normalen Aufnahmeverfah- ren unterziehen mußten. ica erwatinte bereits, daß der Bürger von Kitzoühei cturcxi aen Bürgerela das Versprecnen geben mußte, alle x-incflten zu erfüllen. Zu diesen Pflicn- en genorten z. B. der Beistana oei Feueisortinsen und als eine prakti- che Mabnanme des Feuerscnutzes die i3eisteliung eines Wasserkübels oder die Erlegung eines Geldbetrages dafür. Der bekannte Kitzbüheler Maler Mat- thias Kirchner numerierte mit eigener Hand als Feuerkommissär der Stadt 1789 insgesamt 1792 lederne Feuer- kübel. Eine weitere Bürgerpflicht war der Wachdienst bei der Stadtwache, die sich durch das Tiroler Landuibell Kai- ser Maximilians vom Jahre 1511 zur Landmiliz fortentwickelte und schließ- lich in die Bürgermiliz des ersten Jahr- zehnt des 19. Jahrhunderts endete. Doch die Masse der Pflichten bezog sich auf die Beachtung der Gesetze der Stadt der Stadtrechte und Stadtord- nungen. Damit kommen wir zu Einrichtungs- gegenständen, die erst so richtig das Leben und Wohnen in der Gemein- schaft der Stadt erträglich gestalteten. Schon 1353 gab sich Kitzbühel ein eigenes Stadtrecht, das dem Bayeri- schen Stadt- und Landrecht Kaiser Lud- wigs von 1346 als autonome Satzung der Stadt zugeordnet war. Dieses Stadt- recht war eine Art von Polizeiordnung, ein Gesetz in Markt. und Gewerbe- sachen und in allen Fragen, die die Sitte, Ordnung und Sauberkeit betra- fen. Es war aber auch eine Rechtssat- zung, die den einzelnen Bürger als Einzelperson schützte. Zur Untermauerung dieser Schutz- bestimmungen wurde im Jahre 1354 ein zweites Stadtrecht geschaffen, da im ersten Stadtrecht nur allgemein der Person der Rechtsschutz gewährleistet war. Diese beiden Stadtrechte, beredtes Zeugnis stätdischer Autonomie, sind als das Grundgesetz Kitzbühels zu be- trachten. Mit der Buchsage, dem baye- rischen Rechtsbuch, das auch nach der Angliederung der Herrschaften Kuf- stein, Rattenberg und Kitzbühel bis 1816, also bis zur Einführung des All- gemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs, in Geltung blieb, hatte Kitzbühel für viele Jahrhunderte ein Gesetzeswerk, das, abgesehen von den Aenderungen im Wandel der Zeit, recht und schlecht das Leben der Stadt regelte. Doch leben konnte Kitzbühel davon nicht. Dazu becturite es einer wirt- schaftlichen Grundlage, die vom Han- del, Gewerbe una handwerk gebildet wurde. Deswegen wurde seitens des Landesfürsten ailes getan, um Kitzbü- hel zu einem Hancteiszentrum und Ge- werbemittelpunkt des Leukentales zu machen. Schon der Urkunde von 1297 erging von seiten des Landesfürsten der Be- tehl wie sich der Handelsverkehr im Gericht Kitzbühel abzuspielen habe. Es darf nur auf offenen Märkten ge- handelt werden. Die Kitzbüheler Bür- ger unterliegen aber keinem Markt- zwang, sie können Handel betreiben, wo, wann und mit wem sie wollen. Aber noch nicht genug damit. In der Stadt selbst darf niemand anderer Wa- ren verkaufen als die Bürger von Kitz- bilhel und München. Damit ist deut- lich genug zum Ausdruck gebracht, wohin der Hase zu laufen hatte: nach Kitzbühel. Hinsichtlich des sogenannten Ga. stungsrechtes, also des Betriebs von Gasthäusern, hatte Kitzbühel auch ein- deutig den Vorrang. Während nur in St. Johann, Kirchdorf und Kössen in der ersten Zeit „Tafernen" sein durf- ten, konnten in Kitzbühel soviel sein, wie es die wirtschaftliche Notwendig- keit erforderte. Noch im Jahre 1792 überwog bei weitem die Zahl der Wir- ce in Kitzbühel gegenüber den land- gerichtlichen Wirten. In Kitzbühel gab es damals von insgesamt 33 Wirtshäu- sern des Gerichtes allein 8 ausschließ- lich, der stadteigenen Taferne in Joch- berg, die seit 1482 von der Stadt ge- führt wurde. Diese ganz auf Kitzbühel bezogene Wirtschaftspolitik wurde immer wie- der durch besondere Verordnungen und Gesetze untermauert und ver- mehrt. Durch eine Verfügung des Her- zogs Ludwig des Reichen vom Jahre 1473 wurde der Wirtschaftsraum Kitz- bühels auf den Umkreis einer Meile ausgedehnt. Eine Meile waren damals rund 7,5 km, so daß der Wirtschafts- raum der Stadt gegen Norden knapp bis vor St. Johann, nach Süden bis nach Jochberg reichte. Da sich der Handel auf den offenen Märkten abzu- spielen hatte, wurden Wochen- und Jahrmärkte eingerichtet. In Kitzbühel fand seit dem 16. Jahr- hundert allwöchentlich am Dienstag ein Wochenmarkt statt. Ab 1542 kam dazu noch der Samstag, um die Bedürf- nisse des Bergbaues zu decken. Die Jahrmärkte wurden acht Tage vor Georgi und am Montag vor Michaeli abgehalten. 1793 erhielt Kitzbühel noch einen Weinmarkt am zweiten Montag des Monats Mai. Das Wirtschaftsleben der Stadt be- durfte selbstverständlich einer stren- gen obrigkeitlichen Aufsicht und Ord- nung. Mit dem Aufblühen der Wirt- schaft war so manches in Unordnung geraten. Es kam sogar soweit, daß scnneßlich jeder mit allem handelte, z. t. aer Wirt mit iNagein. Ü m hier eine iunuiig innemzuoringeit war es not- eine eigene Satzung in ivlarkt- unu Uewerbesadnen zu sciiafien. Dies gesdnan im Janre 15U3. Dies war aber aucn aie letzte autonome Gesetzgebung der Staat. Wir können uns mcflt in diesem iahrnen mit den einzelnen sehr genauen estirnmungen befassen. Be- sonders bemerkenswert ist jedoch da- bei, daß cuese Satzung in Zusammen- arbeit mit den Zünften erstellt wurde. Damit sind wir bei einem Kapitel ngeiangt, das an und für sich zu den interessantesten zählt, beim Zunft- wesen. In Kitzbühel treten schon 1427 die ersten Zünfte, Einigungen und Handwerker auf. Es sind dies die Zunft der Schneider und die Zunft der Schu- ster. Dann folgen noch im 15. Jahr- hundert die Zunft der Schmiede und Kupferschmiede, der Bäcker und Mül- ler. Im 16. Jahrhundert kommen die Weber, die Kürschner und die Metzger dazu. 1627 erhielten die Hufschmiede, Bierbrauer, Schlosser, Messerschmie- de, Wagner, Nagelschmiede und Haf- ner durch Erzherzog Leopold V. eine Ordnung. Da dies sieben Handwerke, die alle mit dem Feuer zu tun hatten, waren, wurde diese Zunft „Siebenerlei Handwerk" genannt. Schließlich gab es noch eine Maurerzunft und eine Zunft der Zimmermeister. Diese Zünfte, die man mit einer öffent- lich-rechtlichen Körperschaft im heuti- gen Sinne vergleichen könnte, besaßen eine derartige Machtstellung in der Stadt, daß ohne ihre Zustimmung in Gewerbesachen nichts im Stadtrat ent- schieden werden konnte. Auch bei der Steueranlage hatten die Zünfte mitzu- wirken. So verstehen wir auch ihre gesellschaftliche Bedeutung. Sie hatten ihre eigene Bank in der Kirche, ihre eigenen Kirchenfahnen, ihre eigenen Zunftsstuben und sozialen Einrichtun- gen, ihre eigenen Gebräuche, ihre eige- nen Zunftzeichen. Die Bruderschaften der Handwerker und die religiösen Bruderschaften machten Stadtpolitik im ureigensten Sinne des Wortes. - Nichts geschah unter dem städtischen Himmel, was gegen den Willen und gegen den Interessen dieser festgefüg- ten Gemeinschaften gewesen wäre. Be- sonders die Erzbruderschaft zum hl. Rosenkranz war in Kitzbühel allgegen- wärtig und allmächtig. So formte nicht nur das kirchliche, sondern auch das öffentliche Leben der Stadt. Sie war die Trägerin der barocken Spielkultur, der Passionsspiele, der Geißlerumzüge und Kreuzzieher, der Karfreitagspro- zessionen. Simon Benedikt Faistenber- ger war einer ihrer letzten Präfekten. Und das alles, die Zünfte und die Bru- derschaft, diente zum Wohle der Stadt und zur Ehre Gottes. Noch vieles wäre über das zu sagen, wie die Kitzbüheler ihre Stadt einrich- teten. Wir, die heute das genießen, gegenständen in der Kitzbüheler Wohn-
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