Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 20 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Mai 1972 nicht mehr erfüllen könne, wird ein neuer „Amateur-Gärtner" gesucht. Dir. Dr. Ziepl gab die Zusicherung, im Hinblick auf die gedeihliche Arbeit des Obst- und Gartenbauvereins in der Angelegenheit des Blumenschmuckes und der Ortsverschönerung sich dafür verwenden zu wollen, daß der Frem- denverkehrsverband Kitzbühel eine fi- nanzielle Beihilfe leiste. Mit einem Dank an Stadtrat Peter Sieberer und an die Mitterhögl-Haus- musik unter der Leitung von Andre Feller, welche die Feier mit herrlichen Weisen und Volksliedern verschönten, schloß Dir. Brandstätter die erfolgreich verlaufene Wettbewerbsfeier. Autgwarmtö Jaga! Mit dia Jaga is dös scho a G'scher, an Langs wean glei dia Sagra mehr. Kam is da Schnee weck hintan Haus, aft apaschts a dia Manda aus. An Winta sends eh wolta arm, sö hamb ja gean a bissl warm, drum hescht von dea Zeit allgemein, lebns mea vom Wattn und. . . Latein Ja sein toans scho a bsundrö Zunft, mea Passion ois wia Vanunft, und keanigö Manda müaßns sein, sist passns in dös Gwand nit drein. Auf jedn Fall, so hescht ma sagn, an Rucksack müaßns scho datragn, natürlich d' Hauptsach is a Büx, sist geht ja eh mitn Jagan nix. Herr im Revier da Jaga is, dahoam ist's oft woi nit ganz gwiß? Da sumst woi öftan d' Ehefrau und moant - bis heit scho wieda blau, alt hat er dö Ausred ganz bestimmt, das dea Zustand grad von Jagan kimt. Und wann eas brummön nimma uhörn ku, nimmt er dö Büx und geht davu. In soichn Fall hoasts war dös best a feschi Sennin, dö guat tröst, aba findst heut koani weit und breit, hegstns a Fremdö uni Pfoad, und a Jaga, dea braucht decht Natur, (Fortsetzung aus Nr. 17) Es ist nicht zu leugnen, daß sich aus dem Sterzing der Gotik nicht nur ein schöner Kirchturm und ein schöne Kirche erhielten, in die man gehen konnte, wenn man sich mit den Fuh- ren über den Brennerpfad plagte - Straße wäre fast zu viel gesagt, - ja wenn man sehr sehr fromm war. Denn in dieser Stadt, deren Tore man da- mals passieren mußte, gab und gibt es viele Giebel und darunter etwas was immer schon wichtig war, das einladende Portal zum Ort der Selig- keit: die Wirtsstube. In der Fastenzeit spielte und sang man in der Kirche. Und die Hallenkir- nit so a znepftö Gipsfigur. Liegt aust was wui de im Revia, na, untreu weascht a Jaga nia. An Langs rnitn Huhpialz is a Gschicht, da kriagns 's Rheumatösch und dö Gicht. Sö huckn lang im nassn Farm, ums Sunnaufgöh, da weaschts erst warm. Weit obn, da schnagglt's auf an Bam, moast, daß dös Sauviech ocha kam, ca niTuaß aufikriachn knochnstarr, bis a hikimmt is dös Platzl lahr. Is halt as wia mit aufl im Lebn, oamal geht's guat, oamal danebn. Dös war koa Ursach für Vadruß, kimmt oana net nit oiwei z' Schuß. Den bestn Mann ku dös passian, na koana barucht sö da schenian, a Jaga sagt hoit mit Geduld, es ku a sein dö Büx is schuld. An Hörbst kimmt eascht dö richtig Pirsch, kam's nix im Kopf wia Reh u. Hirsch. a Gamsbock war scho a recht rar, wann nit dös aufikraxin war. Nit zwegn an Fleisch, dös wiß ma eh, na, d' Hauptsach is scho 's Rennomee. A macht dö richtig Jagaschneid großn Eindruck bei dö Weibaleit. So machn d' Jaga scho vui mit, ob's eppas schiaßn oda fit. Bei Weidmannsheil da tragns oft schwar und sist is eh da Rucksack lahr. Nacha kemmans hoam mit zropftö Haar, voll Hunga sends, da Schnaps is gar: a z'rissne Hos und d' Schuach voll Dreck, arad d' Schwartn bleibn vom Jausn- speck. Schluß Seids mir nit bös, wann nit ois stimmt, hu eh grad gschriebn was mavanimmt, Vasteh ja eh vom Jagern nix, i hab koan Hund und a koa Büx. Aba a denn ku i ci' Jaga guat vastöh', im Wald und in dö Berg ists schö. Klausei chen sorgten in Tirol - und das war eine große Ausnahme - für ein biß- chen Zucht und Ordnung, während im übrigen Deutschland, wo am Markt- platz gespielt wurde, bald nicht mehr Jesus Christus, sondern urkomische Teufel im Stil dämonischer Hanswur- ste sich zu Hauptpersonen herausmau- serten. Aber „ze fasnacht", wie damals die Zeit des Fasching hieß, wurde es auch in Tirol anderswo lebendig, näm lieh unter Erkern und Giebeln in den getäfelten Stuben, angeheizt von Wein! Bier und Tanz. Und da durfte man einmal im Jahr all das breittreten, woran ein guter Christ sonst eigentlich nicht denken sollte. Als die Herren Literaturpro- fessoren im vorigen Jahrnunaert die ersuen scnriitiicnen Proctuie dieser Bier-Wein-Laune zu Gesicht bekamen, taten sie schwer entrüstet, ja mancne haben sich - gestützt auf die ivioral- vorstellung des bürgerlichen Jahrhun- derts standhaft geweigert, sich mit - jetzt wörtlich Adolf Pionier, dem die erhabenste Langeweile auf Tirols Bühne glückte! - so „schollen Zeug' überhaupt abzugeben. Der berühm- te Karl Goedecke tat im Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung jenen Aufruf, der ihn noch berühm- ter machte: „Die brutale Rohheit der Sitten hat in diesen Spielen den höch- sten Grad erreicht. Jeder Sprechende ein Schwein, jeder Spruch eine Roh- heit, jeder Witz eine Unfläterei." Ja ist dem noch etwas hinzuzufügen, wenn der Titel eines Raberschen Spie- les nach seiner Hauptgestalt „Der scheißend" lautete, und man erfährt, daß die Frau des armen Patienten kübelweis ein bestimmtes Abfallpro- dukt zur Stubentür hinausschleppt? Diese tückische Gotik, die uns beim Anblick des - ach so malerischen! - Hauptgäßchens von Sterzing gerne ver- führt, sie in ein romantisches Licht zu tauchen und mit behäbiger Ruhe unter süßen Giebeldächern zu ver- wechseln, hat uns eben nicht nur andachtserregende Dome mit zum Himmel strebenden Spitzbogenfenstern beschert. Sogar diese scheinbar so fromme Gotik hat, so wie fast alles in der Welt, eine weniger fromme Kehrseite. Denn gleich neben dem fei- erlichen Dom wurde das frechste und unsittlichste Theaterkind gezeugt, daß je das Licht der Bühne erblickte: das diesseitstolle Spiel der Fasnacht, das nur für eine Sache grünes Licht gibt, dem Austoben sonst unterdrückter Triebe! Und verantwortlich für die größte Sammlung aus dem österr. Raum ist der Sterzinger Malermeister Virgil Raber, der von 1510 bis 1535, 26 vorwiegend obszöne Texte aufzeich- nete. An und für sich war dieser Raber der große Tiroler Passionsspielleiter. Er übernahm selbst Rollen als Spiel- ansage oder rotbärtiger Judas. Er be- arbeitete in Sterzing knorrige Texte, die bis zu den Neuschöpfungen der Barockpassion in vielen Südtiroler Dör- fern von Niederdorf bis Kastelruth, ja bis in unsere Tage, etwa der Tiroler Passion im Oesterreichischen Fernse- hen 1970, die Grundlage bilden sollten. Auf kein Jahr ihrer The:atergeschich- te sind die Tiroler so stolz wie auf das Jahr 1514. Damals betätigte sich Raber als Wandervogel. Er nahm sei- ne Passionsspieirollen unter den Arm, verließ das heimatliche Eisacknest durchs südliche Stadttor und wandte sich mit einem kühnen Plan an den mächtigen Rat der finanzkräftigsten Handelsstadt der Umgebung. Fortsetzung folgt Kitzbüffiel und Sterzing als Theuterstädte Als Kirche und Wirtshaus noch kulturelle Zentren waren
< Page 20 | Page 22 >
< Page 20 | Page 22 >