Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 29. Juli 1972 „Mit einer Besorgnis verfolgt der Fremdenverkehrsverband den wach- senden Verfall unserer schönen Pfarr- kirche. Wir begrüßen es daher aufrich- tig, daß sich nun ein Gremium zur Kirchenrenovierung gebildet hat. Die Pfarrkirche von St. Johann in Tirol ist nicht nur der überragende bauliche Mittelpunkt unseres Ortsbildes, son- dern diese Kirche findet auf Grund ihrer geschichtlichen Bedeutung und ihrer kunstvollen Ausführung bei allen unseren Gästen immer wieder große Bewunderung. Freilich wird immer mehr auch die Kritik an den auftre- tenden Schäden laut. Es liegt daher im Interesse des Fremdenverkehrsver- bandes, daß die Renovierung der Pf arr- kirche bald durchgeführt wird und die Kirche sowohl außen als auch innen mit ihrem herrlichen Stuckwerk, mit ihren wertvollen Faistenberger Fresken und Zanusi-Altarbildern ihren ursprüngli- chen Glanz wieder erhält. Der Frem- denverkehrsverband, der sich ebenfalls hinter diese Renovierungsbestrebun- gen stellt, ersucht seine Mitglieder, ihre eigene Mithilfe zu bekunden und das Interesse auch bei den Gästen durch Zeichnung von Bausteinen und ähnlichem zu fördern. Karl Rainer" Die sechs großen Fresken von Sinion Benedikt Faistenberger (Aus Dr. 0. Krüpl: „Simon Benedikt Faistenberger" im IV. Band des Kitzbüheler Stadtbuches) Die einzelnen Darstellungen: Aufnahme Mariens im Himmel. Die Jungfrau auf Wolken, von Putten ge- tragen, kniet unter der Gruppe der Dreifaltigkeit, über ihrem Haupte die Taube, links von dieser Christus, rechts Gottvater; auch die beiden letzteren werden von Engeln und Putten ge- stützt. Dunkelgraue und dunkelgelbe Wolken in bewegten Formationen bil- den den Untergrund. Die tragenden Putten und Engel, besonders jener un- ter Gottvater, dem man die Kraftan- strengung des Hochstemmens anmerkt, unterstützen die schwer von oben nach unten drängende Kompositionsrich- tung. Groß und würdevoll ist der Ge- sichtsausdruck der beiden göttlichen Persönlichkeiten, besonders die Herb- heit Christ; leidenschaftlich das Pathos Marias. Scheinkuppel. Dieses Feld, in welchem sich das sogenannte „Himmelsloch" be- findet, enthält eine Scheinkuppel mit konzentrischem Scheitel. Den nüchter- nen Charakter dieser Anlage sucht Fai- stenberger durch einen emporschwe- benden Engel mit einer Blumenschale und durch ein über die Ballustrade hängendes Tuch, zwei Staffelelemente, die diagonal zum Langhaus angeordnet sind, etwas zu mildern. Taufe Christ. In der Mitte des Bildes ein Bach, in welchem Christus mit dem linken Bein auf einem Stein kniet, ne- ben ihm Johannes der Täufer, der ge- rade die Muschelschale über Christ Haupt entleeren will. Ueber Christus schwebt die Taube, ganz oben in den Wolken Gottvater, halb liegend. Kopf- über schwebt oder vielmehr fällt eine Putte auf die Taufgruppe nieder. Die ganze Szene ist mit weiteren Putten und Engeln sowie mit drei männlichen und zwei weiblichen Figuren ausstaf- fiert, welche die Volksmenge vertreten sollen; ebenso ist die Landschaft, ab- gesehen von dem bereits erwähnten Bach, durch einen Baum und durch Felsformationen rechts und links mehr angedeutet als ausgeführt. Eine Fern- sicht ist vermieden, der Hintergrund ist vielmehr von den beliebten dunk- len, stellenweise ins Gelbliche gehen- den Wolken erfüllt, durch welche hie und da auch etwas blauer Himmel fällt. Christ und des Täufers Haltung sind recht maniiert. Zu dieser Gruppe befindet sich eine Skizze im Ferdi- nandeum. Bergpredigt. Christus sitzt in strenger richterlicher Haltung unter einem Son- nensegel, das an einem Baum befestigt ist, auf einem Stein. Oben in den Wol- ken sitzt ein Engel und zeichnet mit etwas affektierter Gebärde ChristiWor- te auf. Volk und Krieger lauschen sei- nen Worten; letztere in stahlblauen Wämsern. Himmelfahrt der hl. Magdalena. Die hl. Magdalena in liegender Stellung mit ausgebreiteten Armen, welche an den Händen die für Faistenberger typische Fingergespreiztheit zeigen, wird von einem Engel emporgetragen: Putten und Engel, deren einer zu Häupten Magdalenas ein weißes Tuch hält, um die Geläuterte damit zu bekleiden, um- geben die Gruppe unten und seitwärts. Im oberen Teil des Bildes einige Put- ten und lichtgelbe Wolken, zwischen denen an einigen Stellen blauer Him- mel hervorbricht. König David. Das durch die Orgel zum Großteil verdeckte Gemälde stellt den König David mit einer Laute spielend vor einer mit Draperien und Blumen- arrangements geschmückten Schein- architektur dar. Diese läßt den Blick nach oben offen, wo eine von Putten umschwebte Glorie mit der hebräi- schen Inschrift „Jehova" sichtbar wird. Im Ferdinandeum befindet sich eine Tuschskizze, welche eindeutig als Ent- wurf zu diesem Deckengemäide anzu- sehen ist, obwohl dort der hl. Apostel Andreas vor der Scheinarchitektur wie- dergegeben ist. Bei genauerem Hinse- hen kann man nämlich erkennen, daß das Andreaskreuz auf dieser Skizze erst später hinzugekommen ist und daß die Mittelfigur ursprünglich eine Harfe in der Hand hielt. Die sechs Hauptbilder werden von insgesamt 26 monochromen Medail- lons begleitet, bei denen der Einheits- ton von Gruppe zu Gruppe wechselt. Sie enthalten allegorische Gestalten oder schließen sich inhaltlich an die Hauptfresken an. Hier offenbart sich besonders FaistenbergerS zeichneri- sche Tüchtigkeit in hohem Maße. In der Apsis und um das Chorjoch- gemälde befinden sich acht bläulich- graue Medaillons, auf denen Engel und allegorische Figuren dargestellt sind. Die vier in Lila gehaltenen Medaillons um die Scheinkuppel beziehen sich auf die Geschichte des Rosenkranzes: links der Rosenkranz als Waffe gegen die Ketzerei, die Ausstellung des Ro- senkranzes an den hl. DominikuS und die hl. Katharina von Siena; rechts: der hl. Dominikus wird von Papst 110- norius bestätigt, die hl. Maria als Für- bitterin der armen Seelen. Die Me- daillons des zweiten Joches kontrastie- ren durch ihre bläuliche Farbgebung und haben Szenen aus dem Leben Jo- hannes des Täufers zum Inhalt: links Mariä Heimsuchung und die Namen- gebung des Täufers, rechts Predigt und Enthauptung des Heiligen. Die Oval- Wir renovieren unsere Kirche Aufruf des Fremdenverkehrsverbands - Obmannes. Von der Kirchenchronik St. Johanns
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