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Seite 12 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 19. August 1972 reller Stätten bzw. die Unterstützung anderer kultureller Einrichtungen. Die Gemeinden sind durchwegs durch eine Vielzahl dringender und großer Pro- bleme nicht in der Lage, ausreichende Mittel zur Verfügung zu stellen, und so sind es immer wieder die Ideali- sten in den verschiedenen Vereinen, die die Hauptlast der kulturellen Tä- tigkeit in der Oeffentlichkeit tragen. Uebertragen auf Kirchberg sieht die Situation etwa so aus: Neben den Schulhausbauten leistet die Gemeinde immer wieder namhafte Beiträge zur Erhaltung und Verschönerung der Kir- chen in Kirchberg und Aschau, zur Kirchangerkapelle und zur Klausen- -kapelle. Die Schaffung des herrlichen Kirchberger Badesees und die Zu- schüsse zum Bezirkskrankenhaus in St. Johann kann man ebenfalls, wie viele andere Einrichtungen, zu kultu- rellen Leistungen zählen. Die Vereine erhalten jährlich Unterstützungen. Wir haben in Kirchberg die beiden Bundesmusikkapellen von Kirchberg und Aschau mit 45 bzw. 25 Mann. Sie haben eigentlich das ganze Jahr, jetzt aber durch die vielen und beliebten Platzkonzerte, Hochbetrieb. Sowohl der Idealismus als auch das musika- lische Niveau sind beachtlich. Weitere dem kulturellen Leben die- nende Vereinigungen sind die Kircn- berger Singgemeinschaft, ein ge- mischter Chor mit etwa 30 Mitglie- dern (Leitung Herbert Jordan), eine Theaterspielgruppe unter Dir. Herbert Sojer und der Brixentaler Volkstrach- ten- und Brauchtumserhaltungsverein und die Volkstanz- und Schuhplattler- gruppe um Pepi Brunner. Die Pfarrei betreibt eine umfangrei- che schöne Bibliothek und das katho- lische Bildungswerk hält fallweise Vor- träge. Zum kulturellen Geschehen in unse- rem Ort tragen natürlich auch unsere akademischen Bildhauer und Maler bei. Der Kals Sepp und der Stolziech- ner Peter, zwei sehr eigenwillige Bild- hauer, der Bichlstoanasepp, Sepp Ober- moser und ein junger aufstrebender Bildhauer, der ebenfalls Sepp Ober- moser heißt. Aus Kirchberg stammt auch der bereits sehr bekannte Maler und Bildhauer Professor Pepi Opperer. (Ueber bedeutende Kirchberger Künst- ler der Vergangenheit nachzuforschen wäre eine dankenswerte Aufgabe der Heimatforschung.) Zu den hervorragenden Vertretern des kulturellen Lebens aber zählen auch alle unsere Bauern, die unter schwierigen Bedingungen unser Land immer wieder im wahrsten Sinne des Wortes kultivieren und so die Schön- heit der gepflegten Wiesen, Almen und Wälder erhalten. Dem Fremden- gast steht eine herrliche Parkaniaget die das ganze Ortsgebiet umfaßt, zur Verfügung. Auch jene, die alljährlich den herr- lichen Blumenschmuck schaffen, seien hier erwähnt und bedankt. Dank auch allen, die bei dem das ganze Gemeinde- gebiet umfassenden Frühjahrsputz tä- tig waren. Oben auf der kulturellen Wunsch- liste steht derzeit die Besetzung der Kapellmeisterstelle in Kirchberg. Un- ser verdienter Ehrenkapellmeister Michl Söllner hat aus gesundheitlichen Gründen aufhören müssen und seither behilft sich die Musik mit einem gelie- henen Kapellmeister, dem ausgezeich- neten Fritz Neumayr aus Jochberg. Der Kapellmeister soll auch die Lei- tung der bereits zur Errichtung be- schlossenen Musikschule übernehmen und wir laden hiermit alle geeigneten Interessenten ein, sich um diesen Po- sten zu bewerben. Wünschenswert wäre auch die Ein- richtung eines Veranstaltungssaales, ein Vereinslokal wird ja demnächst ge- baut. In aller Bescheidenheit darf ich noch erwähnen, daß die Initiative zur Errichtung des 1. Tiroler Bauernmuse- ums in Kitzbühel auch mit von Kirch- berg ausgegangen ist und daß Gemein- de, Fremdenverkehrsverband und Raiff- eisenkasse sowie viele Privatpersonen bereits bedeutende Spenden für die- ses Projekt aufgebracht haben, wie überhaupt die Taschen der meisten Kirchberger immer weit geöffnet sind, wenn es gilt, Einrichtungen zu schaf- fen, die der Schönheit und dem Fort- schritt in Kirchberg dienen, denn über alles Trennende der Parteipolitik steht bei uns ein Wort groß in Ehren: Kirch- berg! Das heißt mit anderen Worten: 1 woaß scho, was schö is und guat is und fei! Und an liabstn mag i: a Kirchberga sei! (Heimatlied) Sprecher: In einem Dorf, das Kirch- berg heißt gebührt dem Vertreter der Kirche ein eigener Besuch. Pfarrer Jo- sef Sterr hat unserem Wunsch gleich entsprochen und berichtet Ihnen nun aus der Kirchengeschichte seiner Pfar- re und von den sakralen Kunstschät- zen. Romanisches Grabkreuz - ältestes Zeugnis des Christentums Pfarrer Josef Sterr: In der Geschich- te unserer Kirche ist interessant, daß im 14. Jahrhundert wechselweise zwei Namen gebraucht worden sind. Eine Urkunde von 1332 redet von einer Kir- che auf dem Kirchberg, die dem heili- gen Michael geweiht war. Ein Jahr spä- ter, 1333 redet eine Urkunde von ei- nem Pfarrvolk in Sperten. In der pfarrlichen Situation um 1620 taucht aber nur mehr der Name Kirch- berg der Kirche des hl. Michael auf. Unvermittelt taucht aber im Jahre 1426 als Patron der hl. Ulrich auf. In dem Wechsel des Kirchenpatrons dürf- ten wir in der Tatsache sehen, daß hier in diesem Raum um Kitzbühel viele Silberarbeiter aus Augsburg gearbei- tet haben, die dann, aus einem gewis- sen Lokalpatriotismus auch den hl. Ul- rich aus Augsburg eingeschleppt haben. Daran erinnern auch die Altarbilder unserer Kirche. Das obere Bild stellt den hl. Michael dar; das Hauptplatt allerdings, eine schöne Darstellung vom hl. Ulrich. Die Seelsorge ist bis 1891 de jure von Brixen aus besorgt worden. Erst dann wurde Kirchberg zu einer selb- ständigen Pfarre erhoben. Die erste „romanische" Kirche des 12. Jahrhunderts stand hier auf dem Berge heroben. 1292 wird von einer Konsekrierung einer Kirche durch den Bischof von Chiemsee berichtet. Die jetzige Kirche geht in ihrem Hauptteil in das 16. Jhdt. zurück. Um 1737 wurde sie um etwa 6 m nach We- sten erweitert. 1774 wurde die 2. Em- pore dazugebaut. Seither hat sie ver- schiedene Restaurierungen durchge- macht. Unser einheimische Künstler und Kirchenrestaurator Michael Lack- ner hatte 1906 die Kirche restauriert und auch in den fünfziger Jahren wur- de sie wieder einer Restaurierung un- terworfen. Zu unserer Kirche gehören etliche Figuren, so erst einmal eine schmerz- hafte Muttergottes um 1700, dann ein Bittgang-Reliquienkreuz im gotischen Stil um 1470, das schönste und wert- vollste ist ein 4 Meter hohes Grab- kreuz, das im Pfarrhaus aufbewahrt ist, aus 1320 bis 1350, dem Uebergang aus dem romanischen in die gotische Periode. Das ist aller Wahrscheinlich- keit nach das älteste uns erhaltene Stück des Christentums hier im Bri.- xental. Ein Hallenbad für Kirchberg Sprecher: Sie erinnern sich noch, was Bgm. Paufler über den Fremden- verkehr gesagt hat. Der Obmann des FVV Hans Zwerger hat dazu noch meh- rere Einzelheiten. Hans Zwerger: Während wir 1959 rund 180.000 Nächtigungen hatten, wer- den wir im Jahre 1972 weit über 700.000 Nächtigungen aufzuweisen haben. Wäh rend die Bettenanzahl der letzten Jah- re um mehr als das Doppelte stieg, wir haben jetzt ca. 6500 Betten, hat aber die Gästefrequenz um weit mehr als das Doppelte zugenommen. Dr. Kolneder: Ueberwiegt hier der Sommer- oder der Winterfremdenver- kehr? Hans Zwerger: An sich halten sich beide die Waage. Dr. Kolneder: Welche besonderen Er- eignisse haben die Entwicklung beson- ders gefördert? Hans Zwerger: Der Zusammenschluß der Seilbahnen und Lifte im ganzen Gebiet hat Kirchberg einen beachtli- .hen Impuls gegeben. Es gehören jetzt
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