Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 14 Die Landwirtschaft in Kirchberg ist ja in den letzten Jahren zurückgegangen, Josef Aufschnaiter: Von 172 auf 163 Höfe. Dr. Kolneder: Und beim Viehstand wird es ähnlich sein? Aufschnaiter: Beim Viestand nicht, der ist gleich geblieben. Dr. Kolneder: Die Bauern haben also mehr Vieh? Aufschnaiter: Ja, die Getreidewirt- schaft wurde aufgegeben, dadurch kön- nen die Bauern mehr Vieh halten! Dr. Kolneder: Wieviel Stück Vieh halten die Bauern? Aufschnaiter: 10 Großbauern mit mehr als 40 Stück Rinder; die Mittel- betriebe mit 14 Stück überwiegen. Dr. Kolneder: Leben die Leute nur von der Landwirtschaft? Aufschnaiter: 16 Nebenerwerbsbetrie- be, 45 Nebenzuerwerbsbetriebe (mii: Gewerbe, Gastwirtschaft etc.), 60 Be- triebe mit Neben- und Zuerwerb und 33 Betriebe mit ausschließlich land- wirtschaftlichem Einkommen. Dr. Kolneder: Also ist es notwendig, daß die Bauern überwiegend einem Nebenerwerb nachgehen und diesen finden sie im Fremdenverkehr? Aufschnaiter:? Sicher! Nur der Frem- denverkehr! Das sind die Bauern mit den 10 Betten. Die Bauern stellen ca. 400 Gästebetten. Dr. Kolneder: Glauben Sie, daß die jungen Leute bei dieser Art der Be- triebsführung bleiben, daß sie doch noch die Landwirtschaft nebenbei be- treiben? Aufschnaiter: Sicher. Neben der Ar- beit für den Fremdenverkehr bleibt auch Zeit für die Bauernarbeit. Im Winter kann das Vieh gefüttert wer- den, geht dann zum Skilift oder in die Skischule und im Sommer arbeiten Bauern auch als Maurer oder Zimmer- leute. Handel und Gewerbe Sprecher: In Kirchberg haben sich 250 gewerbl. Betriebe angesiedelt. Da- von sind 110 Fremdenverkehrsbetrie- be. Walter Oberhofer und Andreas Hagleitner stehen als moderne Unter- nehmer im Wirtschaftsleben des Dor- fes. Aus den Gesprächen mit ihnen werden die Zusammenhänge klar, die das Bild Kirchbergs nach der wirt- schaftlichen Seite hin abrunden. Dr. Kolneder: Herr Oberhofer! Der Fremdenverkehr hat doch auch die Entwicklung des Gewerbes in Kirch- berg sehr stark beeinflußt? Walter Oberhofer: Durch den Bau der Bergbahnen in den fünfziger Jah- ren konnte das Gewerbe in Kirchberg profitieren. Seither wurde bei uns in Kirchberg der Weg zum Fremdenver- kehr geebnet. Ich möchte sagen: Das Gewerbe und der Handel, das Baune- bengewerbe hängen bei uns nur vom Fremdenverkehr ab. Dr. Kolneder: Zum Stichwort: Bau- Kitzbüheler Anzeiger nebengewerbe. Da haben wir ja einen Fachmann, Herr Hagleitner, Installa teur. Wie konnte sich Ihr Betrieb in den letzten Jahren entwickeln? Andreas Hagleitner: Anfangs führte ich einen kleinen Betrieb, den ich von meinem Vater übernommen hatte. Von ursprünglich drei Arbeitern konnte ich meinen Betrieb auf 20 Arbeiter und Angestellte erweitern. In Kirchberg wird sehr viel gebaut, bei 50 Neubauten jedes Jahr. Man weiß jedoch nicht, wie es weitergeht. So wie bisher kann natürlich die Bautätigkeit nicht fort- schreiten, denn Grund und Boden sind auch in Kirchberg beschränkt. Dr. Kolneder: Haben Sie die Arbei- ten nur im Dorf gehabt? Hagleitner: Ja, wir arbeiten durch- wegs nur in Kirchberg; der größte Auftraggeber ist die Privatwirtschaft. Dr. Kolneder: Die beiden Herren sind auch im Gemeinderat vertreten und die Gemeinde hat auch ihren Nut- zen in der Steuerleistung. Hagleitner: Die Getränkesteuer bringt 2,4 Mill. Schilling und ist der bedeu- tendste Steuerposten; dagegen liegt die Gewerbesteuer bei 1,9 Millionen. Dr. Kolneder: Wir haben ja schon davon gesprochen, daß der Entwick- lung gewisse Grenzen gesetzt sind. Man wird wohl auch nicht davon sprechen, daß Sie in Kirchberg etwa 12.000 in- stallieren wollen! Hagleitner: Was bei uns in Kirch- berg fehlt sind große Hotels. Wir ha- ben nur 400 Hotelbetten. Der Hotelbau müßte gefördert werden. Es ist un- günstig, Omnibusreisende auf verschie- dene Häuser aufzuteilen. Ich bin auch der Meinung, daß in Zukunft ein Zim- mer ohne Bad und WC nicht mehr trag- bar ist. Dr. Kolneder: Wie stellt sich das Gewerbe die weitere Entwicklung des Ortes vor, hat man hier besondere Wünsche und Vorstellungen? Hagleitner: Ja, wir haben eine kon- krete Vorstellung. Wir wollen keine Industrie. Wir wollen ein gastliches Dorf bleiben. Wichtig ist für uns auch eine Umfahrungsstraße. Sprecher: Herbert Jordan, der Sie eingangs in Reimen begrüßt hat, lebt natürlich nicht von der Kunst des Dichtens. Die Basis seiner Existenz und der seiner Mitarbeiter ist eine Spinnerei. Dr. Kolneder: Herr Jordan, Sie be- treiben hier ein Streichgarnspinnerej und eine Wolidatscherei. Wie lange ma- chen Sie das schon? Herbert Jordan: Angefangen hat mein Vater 1936 mit einer selbstgebastelten Wolldatsch in der arbeitslosen Zeit Diese wurde nach dem Kriege erwei- tert und wir haben auch mit primi- tivsten Mitteln begonnen, die ersten Wollfäden zu spinnen. Dr. Kolneder: Inzwischen hat sich ja allerhand geändert und die maschi- Samstag, 19. August 1972 nelle Ausrüstung ist modern gewor- den. Jordan: Ja, es ist nach wie vor ein gewerblicher Spinnereibetrieb, aber er ist modern eingerichtet. Dr. Kolneder: Lohnt sich das heute noch in dieser Größenordnung? Jordan: Bisher sind wir durchgekom- men. Durch die Kleinheit des Betrie- bes (möcht ich sagen), sind wir be- weglich und können heute auf speziel- le Wünsche besser eingehen als ein großer Betrieb. Dr. Kolneder: Was erwarten die Kun- den von Ihnen? Jordan: Stets gleichbleibende Mu- ster und die Einhaltung der Lief er termine. Dr. Kolneder: Woher bekommen Sie das Rohmaterial? Herbert Jordan: Aus Neuseeland, Südafrika und Australien. Wir verar- beiten jetzt täglich zwischen 400 bis 500 kg Schafwolle. Wir arbeiten mit 14 Personen und nach Fertigstellung des neuen Betriebsgebäudes können wir den Betrieb in der Leistung ver- doppeln. Dr. Kolneder: Wo liegen Ihre Kun- den? Jordan: Vor allem die Strickerei- betriebe in der engeren Umgebung wie Kitzbühel, Brixlegg, St. Johann, dann Betriebe in Wien und den Bundeslän- dern. Dr. Kolneder: Glauben Sie, daß Sie nach der Vereinbarung mit der EWG genau so viel absetzen können wie bis- her? Jordan: Ja! Der neue Betrieb wird für Spezialgarne ausgenützt, eben im Hinblick auf die EWG. Dr. Kolneder: (in Jordans Garn- fabrik) Wir stehen hier bei einer ganz modernen Maschine und die Frau Tha- ler erklärt uns, was sie da tut. Frau Thaler: Zuerst werden die Spu- len aufgesteckt und dann gesponnen. Ich betreibe gleichzeitig 144 Spindeln. Die Arbeit ist nicht eintönig, sie ist interessant. Aufmerksam muß man schon sein. Denkmal für Leopold Figi in Kirchberg Sprecher: Nachdem es uns gelungen ist, auch mit einer Kirchbergerin (Frau Thaler) zu plaudern, wenden wir uns wieder einem männlichen Gesprächs- partner, zu. Sepp Kals ist ein Künstler, der dem Namen Tirols in der Heimat und im Ausland Ehre macht. Er ist Bildhauer. Aber Kals arbeitet nicht nur mit Holz, wie Sie gleich erfahren wer- den. Sepp Kals: Ja, das stimmt. Holz, Stein, Bronze, Kupfer und sehr viel Keramik. Dr. Kolneder: Wie hat Ihr Weg be- gonnen? Kals: Zuerst Kunstgewerbeschule in Innsbruck und in Wien, dann kam der Weltkrieg und dann kamen die Auf- träge, hauptsächlich in Holz.
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