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Samstag, 9. September 1972 Kitzbüheler Anzeiger Seite 11 der Applaus nach den einzelnen, mit Egerländer ja, aber nicht ins Bier- und Bgm. Hermann Reisch ging es mit viel Einfühlungsvermögen und zeit und Vorsicht vor dem Conferen- klingendem Spiel durch die Stadt. Tau- Schwung vorgetragenen Musikstücken. cier! sende Zuschauer säumten die Straßen Das Zelt wird immer voller und ist Im Anschluß an die Egerländer er- und sparten nicht mit Applaus. Ein gut gegen 20.30 Uhr so gut wie ausver- klommen die Musiker der „Kitzbühe- gelungener Umzug, an dem sich folgen- kauft. Nach einem kurzen Bühnen- 1er Prämusik" das Podium. Diese de Gruppen beteiligten: umbau beginnen die „Original Eger- Gruppe, die sich aus Mitgliedern der Bundesmusikkapelle Waidring länder" ihr mit Spannung erwartetes Stadtmusik zusammensetzt, fand sich Fahnenabordnung FF Kitzbühel Gastspiel. Der Musikfreund hört es vor ein paar Jahren zusammen. Da- BF und FF Hamburg u. FF Elstorf gleich, hier sind echte Könner am mais suchte Redakteur Martin Wör- FF Sonthofen, Allgäu Werk. Ernst Mosch hat seinen Klang- götter für das „Prä-Ranggln" eine klei- FF Bad Wiessee, Bayern körper gut unter Kontrolle. Nach drei ne Musik. Er fand bei Andre Feller ein FF Kempten, Allgäu Musiknummern taucht ein Conferen- offenes Ohr. Seither versammeln sich FF Mittenwald, Ulm, Kreuztal cier auf der Bühne auf und stellt sich die Männer von Zeit zu Zeit um Fel- FF Preßbaum, NOe. als Herr Hähnlein vor. Seine Witze 1er, um bei besonderen Anlässen groß FF Felixdorf, NOe sind zwar nicht mehr taufrisch und aufzuspielen. Sie schafften es auch FF Altlengbach, NOe. eher auf Gastspiel in der Bundesrepu- diesmal, trotz der berühmten Vorgän- FF Maria Lanzendorf, NOe. blik zugeschnitten, doch was solls? ger, am Podium eine gute Figur ZU Spielmannszug Nordenstadt, BRD Das Publikum lacht und klatscht. Als machen. FF Nordenstadt sich dieser Mann jedoch im Laufe des Tag (Sonntag) FF Hoeiiaart, Belgien Abends als ausgesprochener Dauerred- FF Saalbach, FF Saalfelden, FF Utten- ner entpuppt, schwinden die Sympa- Der Sonntag war für die Kitzbüheler dorf, FF Stuhlfelden, FF Mittersill, thien wieder. Schließlich war man ge- Feuerwehrmänner noch einmal Groß- FF Neukirchen a. Großv., alle Pinzgau kommen, um die „Egerländer" zu hö- kampftag. Nach der Feldmesse, VOfl Stadtmusik Kitzbühel ren und nicht um abgestandene Witze Pfarrer Geistl. Rat Johann Danninger FF Sterzing, FF Mauls, FF Lana, FF zu hören. Doch leider blieb es trotz mit angenehm empfundenen Zeitablauf Interventionen dabei: drei Musikstük- zelebriert, trafen sich die bereits ein- Gossensaß, FF Kastelruth, alle Südti- ke und dann wieder Herr Hähnlein. getroffenen Feuerwehren im Festzelt. rol, Die Egerländer waren auf ihre Art Kapellmeister Sepp Gasteiger ga- FF Lienz, Osttirol FF Außervillgraten, Osttirol gut, sehr melodisch und ausgefeilt. stierte mit der Stadtmusik Kitzbühel FF Innernavis Doch scheint mir das Programm eher zum traditionellen und äußerst belieb- FF Welsberg in einen Konzertsaal als in ein Bier- ten Frühschoppenkonzert. Das anspre- FF Niederdorf zelt zu passen. Nur in der letzten hal- chende Programm war gut ausgewählt. Bundesmusikkapelle Itter ben Stunde kam bei einer Stimmungs- Schneidige Märsche, bekannte Melo- FF Schwaz serie Schwung in die Zuhörer. Doch nien aus Operetten und andere „leich- FF Gurgi ist das bei dem Eintrittsgeld genug? te" Stücke. Die zahlreichen Zuhörer FF Pfunds Es gab jedenfalls unter den Zuhörern waren jedenfalls mit „ihrer" Stadtmu- FF Kufstein nach den Darbietungen recht unter- sik voll und ganz zufrieden, was man FF Kastengstatt schiedliche Meinungen. Die ausgespro- allein schon am reichen Beifall spürte. FF Ebbs chenen Musikliebhaber schwärmten in Um 13.30 Uhr versammelten sich bei FF Niederbreitenbach den höchsten Tönen und die andere herrlichem Sonnenschein Feuerwehren FF Niederndorf Hälfte war bitter enttäuscht. Ent- und Musikkapellen am unteren Hah- Bundesmusikkapelle Kirchberg täuscht deshalb, weil man sich einfach nenkammparkplatz und wurden dort FF Hopfgarten, Brixental mehr „Biermusik" vorgestellt hatte von Andrä Pollak zum großen Fest- FF Hochfilzen und kein „Konzert". Deshalb abschlie_ Zug formiert. Nach kurzen Begnüßungs- FF Kössen ßend ein Tip für alle Veranstalter: worten durch Kommandant Brunner FF Waidring suaiu teI1uuerzuLreLen, so ernieit aucn das Spiel vom „Rusticus imperans", vom betrunkenen Bauern als Fürst in Tirol eine neue Wendung. Hauptfigur ist nicht mehr der besof- fene Bauer, der Jesuite oder der lal- lende Jeppe Holbergs. Held ist ein Jüngling aus dem Hochadel, Dorifo- rius. Die Handlung setzt ein in der Zeit der Ueppigkeit und der Ausschwei- fung. Es ist „Faßnacht!" Adelig im Sinne von edel ist Doriforlus nur sei- nem Stamme nach. Seine Sitten sind Unsitten, „gar unedel" ruft der barocke Dichter. „Zur Faßnacht" tobt sich Do- riforius wieder aus. Einen Premiere, einen Kapitän, ein Oberhaupt aller „Welt-Possen", ein „Muster aller irdi- schen Freuden u. Wollüsten", schimpft ihn der anonyme geistliche Verfasser. Doriforlus durchzecht die Nächte und betrinkt sich im Kreis gleichgesinnter Spießgesellen, den Studenten Pancra- tius, Luederinus, Pamphilus und Spil- lander. Nachdem den Kerlen kein an- derer Schabernack mehr einfällt, gle- ien sie inrem Kumpan Doriforlus, der gerade wieder einmal „dick berauschet ware" einen Becher Wein ein, in den ein „kraftreicher vergeisterter Schlaff- Trunk gemischet" ist. Doriforlus, selbst von fürstlichem Stand, kann nach dem Schlaftrunk na- türlich nicht wie der tölpische Bauer in einer üppigen Umgebung erwachen. Da würde er sich nicht linkisch beneh- men, weil sie nur seine gewohnte wä- re. Daher muß er fallen. Die religiöse Wendung des Geschehens zeichnet sich ab. Nach dem „Schwären und tieffen Schlaff" muß er in einem Milieu er- wachen, das ihn ähnlich verwirren wird, wie den Bauer der Glanz der Fürstenherrlichkeit. So wurde in Kitz- bühel das alte Jesuitenlustspiel vom tölpischen Bauern, der sich dem Ge- lächter preisgibt, entsprechend den religiösen Zielen der Bruderschaft va- riiert: Die „Maschara" des fasnächtiichen Treibens werden dem betrunkenen Doriforlus ausgezogen. Sie hüllen ihn in einen „Einsidler-Habit". Noch zur Nachtzeit tragen sie ihren Freund un- ter Gelächter hinaus in den Wald und betten ihn in die verlassene Klause eines Einsiedlers. Waldbruder Zosimus ist weit entfernt, um Almosen zu sam- meln. Als der Edelmann am Morgen erwacht, kann er. weder für die Um- welt, noch für die Rolle, die er darin zu spielen hat, eine logische Erklärung finden. Bin ich noch ich, das ist die leidenschaftliche Frage. Er muß im Zeitalter des Hexenglaubens und des Geisterspuks sofort annehmen, seine eigene Stube sei in die armselige Klau- se und die ganze Stadt mit ihrer lau- ten Lustbarkeit sei in die bedrückende Stille des Waldes verwandelt worden. Es ist dieselbe Frage, die in dem be- deutendsten Tiroler Barockdrama der Edelmann Dimas stellt, als ihn sein teuflischer Diener urplötzlich seinen Häschern entführt und in einer frem- den Umgebung wieder aufsitzt: „Ist dann mein Haus in einen Wald verwandelt worden aisobald?"
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