Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 30. September 1972 Um gleich mit einer Lösung anzufan- gen, wie sie hier in Tirol praktiziert worden ist, am Reither See am Ein- gang des Zillertales. Das ist ein kleiner Badesee und der ist heuer im Früh- jahr saniert worden. Man hat eine chemische Verbindung, nämlich Eisen- klorid, auf dem See versprüht. Das Eisenklorid hat die Eigenschaft, die schwebenden Teilchen zu senken. Das Wasser wird klar. Es hat sich die Uni- versität Innsbruck eingeschaltet und es ist tatsächlich für einige Zeit das Wasser klar geworden. Herr Doz. Dr. Pechlaner erklärte es als ein Erfolg. Aber vor kurzem habe ich mit einem anderen Herrn der Innsbrucker Uni- versität gesprochen, der sagte mir, im August war wieder eine starke Wasser- blüte da. Also dieses Versprühen von einem chemischen Stoff mag schon helfen ist aber nicht nachhaltig. Man müßte das im Laufe des Sommers nach mei- ner Schätzung zweimal machen. Diese Chemikalien sind aber nicht ganz billig und es ist vor allem die Art und Weise, wie sie verteilt werden, aufwendig, da muß die Feuerwehr aus- rücken, die Verspritzung muß gleich- mäßig auf die Wasserfläche erfolgen, denn wenn ein Streifen im See über- sehen wird, vermehren sich die Algen enorm. Die Algen vermehren sich be- kanntlich alle 24 Stunden nach dem Schachbrettsystem und in kurzer Zeit - nach 21 Tagen - ist von einer ein- zigen Alge die Million da. Nach mei- nem Dafürhalten ist das Versprühen dieser Chemikalien schon irgendwie zielführend, vor allem bei einem rela- tiv kleinen See, wie es der Reither See ist, da kommt man schon zu einem Resultat. Aber nicht nachhaltig! Eine andere Methode. Da machen wir einen Sprang nach Kärnten, zum Millstättersee. 30 qkm groß, 140 m tief. Augenblicklich eine rotbraune Brühe. Ich hätte vor einem Jahr jemand aus- gelacht, der behauptet hätte, wie der See heuer ausschauen wird. Ich hätte es einfach nicht für möglich gehalten. Es ist dort die Burgunderblutalge auf- getreten, eine Alge, die heute schon in fast allen Seen Oesterreichs vorkommt. Angefagen hat die „Schweinerei" im Zürichsee, von dort wurde die Alge weitergetragen, wahrscheinlich von Wasservögeln. Zunächst einmal sind die Schweizer Seen mit dieser Alge verdreckt worden, dann ist Oesterreich drangekommen. Am Wörthersee haben wir sie genau seit 1909. Bis heute hat diese Alge, die im Wör- thersee in ungeheuren Mengen wächst, nichts geschadet. Diese Burgunderblut- alge wächst nämlich normalerweise nur im Winter an der Oberfläche, wenn der See nicht gefroren ist. Im Sommer ist sie in 10 Meter Tiefe. Entweder ver- trägt sie die Wärme nicht oder das starke Licht. Was davon richtig ist, ist ungeklärt. Auf jeden Fall ist diese Alge, nachdem es bisher so war: im Winter ist sie da, im Sommer in der Tiefe, stört nicht, kein Mensch redet davon. Auf einmal ist sie im Millstättersee auch an der Oberfläche. Warum, das kann man derzeit nicht sagen. Es ist dort eine Mutation eingetreten und plötzlich eine Algenrasse entstanden, die das Licht besser verträgt als früher. Es gibt heute ja auch Wanzen, die heu- te am DDT nicht mehr sterben, man weiß aber nicht warum. Ich will nur darauf hinweisen, daß man in jedem Fall des Millstättersees mit einem Be- sprühen mit Chemikalien nichts ma- chen kann. Stellen Sie sich vor, da müßte man ja Eisenbahnzüge voll Che- mikalien versprühen und dann müßte man sich noch fragen wie lange es wirkt. Und schließlich stellt sich noch die Frage: was werden die Badegäste dazu sagen, was werden die Fische da- zu sagen, wenn sie nun in einem See schwimmen, der die beachtliche Kon- zentration von einem Stoff enthält, der eigentlich giftig ist. Für den Schwarzsee käme eine Ver- sprühung von Chemikalien nur im äu ßersten Notfall in Frage. Es ist auch noch etwas anderes: diese Seeblüten dauern ja nicht sehr lange. Wir haben es ja im Frühjahr selber erlebt, denn in acht Tagen war der Spuk vorbei. Bis das Chemikal beschafft und be- reitgestellt ist, ist vermutlich alles schon vorbei. Es gibt natürlich noch andere Mög- lichkeiten. Eine solche wäre, daß man das Tiefenwasser absaugt, das reich an Stickstoff und Phosphor ist. Alles. was oben gewachsen ist, alle Pflanzen- leichen, sinken auf den Grund, lösen sich auf und verwesen. Nun kann man das Wasser - ein Pole hat das schon gemacht, Veschetzky, er hat einen Schlauch bis in die tiefste Stelle ver- legt und damit das Tiefenwasser ab- gesaugt, bevor es sich in der kalten Winterszeit mit dem Oberflächenwas- ser vermischt hat. Die Erfolge waren teils, teils. Wenn man das kalte Tiefen- wasser absaugt, dann geht das warme Wasser tiefer hinunter und die Fäul- nisprozesse wachsen mit der Geschwin digkeit, mit der die Temperatur an- steigt. Im warmen Wasser geht die Verwesung viel schneller vor sich, und infolgedessen war der Wunsch, das sauerstofffreie Wasser wegzusaugen, ein Schlag ins Wasser. Die Verwesung erfolgte drei- bis viermal so schnell und es war in der Tiefe trotzdem sau- erstoffarm. Also mit diesem Absaug- rohr das hat man auch in Tirol pro- biert, wo man anerkennenswerte Ver- suche macht, die kleinen Seen in Ord- nung zu halten. Es ist der Piburger See, wo man das installiert hat. Aber die Resultate sind bis heute auch wie- der so, daß man nicht mit Sicherhet sagen kann, ob es sich gelohnt hat. Der Piburger See liegt verhältnismä- ßig hoch oben, sehr günstig, und dieses Rohr hat die Funktion eines Hebers. Das Wasser wird mit diesem Heber aus der Tiefe bergab geleitet, es ko- stet wenig Geld, aber, wie gesagt, die Ergebnisse sind nicht so gut, wie man erhofft hat. Der beste Beweis dafür ist, daß der Piburger See als Versuchs- see auserkoren wurde für das soge- nannte OECD-Programm, um zu ver suchen, wie man diesem Algenunwe- sen entgegentreten könnte. Das Bun- deskanzleramt hat beschlossen, neben dem Piburger See in Tirol auch den Attersee im Salzkammergut, den Let- zersee in Niederösterreich und den Ossiachersee in Kärnten als Testfälle auszuwählen, um zu sehen, was man von wissenschaftlicher Seite her tun kann, um ein brauchbares Mittel zu finden, um dem Ueberhandnehmen der Ueberdüngung, dem Algenunwesen, zu steuern. Wäre der Piburger See, wie manche Leute sagen, schon saniert, dann hätte man ihn nicht als Beispiel dafür aus- gewählt, zu erproben, was man da- gegen machen könnte. Nun, was könnte man im Schwarz- see sonst machen? Zwei Möglichkeiten bestünden. Ich habe bisher nicht in den Vorder- grund geschoben, daß der Schwarzsee ein See eigener Art ist, nämlich ein Moorsee. Moor speichert Phosphor. Wir sehen das beim Ossiachersee in Kärnten. Da ist das gleiche Moor, das stromaufwärts liegt, meliorisiert wor- den und die Wässer der Trainage- rohre fließen nun in den Ossiacher- see. Etwa 25 Prozent des Phosphors das den See langsam ruiniert, stam- men aus den Trainageabwässern die- ses Moores. Also ist ein Moorsee doch ein bißl etwas anderes, als ein nor- maler See. Da könnte man vielleicht auf die Idee kommen, den Moorboden des Sees zuzudecken, denn aus dem Moor kommt wahrscheinlich auch im- mer Phosphor in das Wasser herauf. Denn zwischen dem Seeboden und dem Wasser besteht ein Austausch- kontakt. Ich halte es aber für eine Schnapsidee. Erstens einmal wäre ei- ne unerhörte Erdbewegung erforder- lich. Man müßte im Winter den See mit einer Schichte von Erdreich ver sehen, wenn das Eis dann auftaut, würde das Erdreich auf den Seeboden sinken. Wie ich den Boden des Schwarz- sees kenne, würde das überhaupt nicht helfen. Der Moorschlamm ist ein Me- ter tief, da käme nichts heraus, höch- stens, daß mehr Wasser verdrängt wird, also weniger Wasser da wäre, was man gar nicht will. Und dann ist noch eine Möglichkeit und das wäre die, daß man dem Schwarzsee, den ich sporadisch schon seit zehn Jahren unter Kontrolle halte, einen Bach zuleitet. Und zwar so ein- leitet, daß das Tiefenwasser erneuert werden kann. Gleichzeitig sollte aber auch Tiefenwasser weggepumpt wer.
< Page 7 | Page 9 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen