Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 21. Oktober 1972 der Kreuzaufsteckung und Erntedankfest in .,~Kitzbühel Von dem Der Kirchweihsonntag war heuer in Kitzbühel von zwei besonderen Ereig- nissen gekennzeichnet, dem jährlichen Erntedankfest und der Kreuzaufstek- kung auf den Turm der Frauenkirche. Das Erntedankfest wurde von der Jungbauernschaft unter der Führung von Jungbauernobmann Toni Oberhau- ser (Unterleiten) und der Ortsleiterin Maria Obermoser (Maurach) mitge staltet. Die Dankprozession durch die Vorderstadt, ausgehend bei der St.- Katharinenkirche bis zur Pfarrkirche. wurde von dem Bläserquartett der Stadtmusik unter der Leitung von Stadtkapellmeisterstellvertreter Andre F e 11 e r angeführt. Unter den Prozes- sionsteilnehmern befand sich eine bis- her noch nie gesehene starke Gruppe von Frauen in der Festtagstracht, die nun erfreulicherweise von Bäuerinnen und Bürgerinnen bei besonderen An- lässen immer mehr getragen wird. Un- sere Frauentracht ist der Ausdruck einer stolzen Tradition und strahlt in der Gegenwart eine festliche Freude aus. Nach der Dankprozession zelebrierte Stadtpfarrer Geistl. Rat Johann Dan- finger den Erntedankgottesdienst, bei dem die Jungbauernschaft stellvertre- tend für die ganze Pfarrgemeinde die Erntekrone und Früchte von Feld und Garten als symbolische Erntegaben opferten. In seiner Predigt dankte dei Pfarrherr allen Mitwirkenden. Der Kir- chenchor unter der Leitung von Andrä F e 11 e r - an der Orgel Frau Musik- direktor Prof. Maria Hofer - führte die Festmesse von FiLke auf. Gottes- dienst und Chor, der durch die Bläser- gruppe der Stadtmusik und einer Or- chestergruppe verstärkt war, bildeten eine harmonische Einheit. Am Schluß des Gotteshauses wurde das renovierte Turmkreuz geweiht. Die Kreuzaufsteckung auf den Turm der Liebfrauenkirche durch Turm- restaurator Johann Pondorfer und sei- ne Mitarbeiter war eine attraktive An- gelegenheit. Zuerst wurde der vergol- dete Knauf aufgesetzt. Von der west- lichen Ausstiegsluke des Turms klet- terte der 63jährige Restaurator Pon- dorfer entlang eines Seiles das steile Dach hinauf: ihm folgte als Assistent der Zimmermann Silvester Preßlaber, während Polier Ludwig Dorer die Bo- denstation bediente. In zügiger Kletter- arbeit und unter Anwendung einiger Seiltricks arbeitete sich Pondorfer an den Heimbaum des Turms heran. Nach vom Boden aus kaum merkbaren Ab- sicherungen ergriff er mit beiden Hän- den den einen halben Meter Durchmes- ser großen an einem Seil emporgezo- genen Knauf und setzte diesen mit beiden Hunden auf. Die Kugel leuchte- te im Sonnenlicht und von den zahlrei- chen Zuschauern wurden die ersten Beifallsbezeigungen ausgesprochen. Es folgte nun das über zwei Meter lange Kreuz mit der Wetterfahne, die mit der Zahl „500" versehen war. Zum Zei- chen der 500. Kreuzaufsteckung. Die Einführung der Kreuzstange in den Knauf wurde von allen Anwesenden in atemloser Spannung verfolgt. Ein- mal erfaßte Meister Pondorfer im rechten Bein ein Krampf und in weit- ausholenden Schwingbewegungen ver- suchte dieser dem Uebel Herr zu wer- den, was glücklicherweise auch gelang. Die im Knauf vorher eingeführte Dose mit den Urkunden und Beigaben ver- legte vermutlich der Kreuzstange die Einführung in die Klemme des Helm- baumes, so daß Meister Pondorfer in waghalsiger Kletterarbeit auf den Knauf aufsaß, mit Rüttelbewegungen die Kreuzstange einzudrücken versuch- te; als auch dies nicht sofort gelang, erhob sich Pondorfer und vollendete auf dem Knauf stehend sein gefährli- ches Werk. Der jubelnden Menge wink- te Pondorfer zu und sprach mit lauter Stimme der Fügung Gottes seinen Dank für die gelungene fünfhundertste Kreuzaufsteckung während seines 41- jährigen Wirkens als Turmrestauratoi in Oesterreich. Die Bläsergruppe der Stadtmusik spielte einen Choral. Das Erlebnis der Kreuzaufsteckung war bei allen Zuschauern so stark, daß sich eine Ergriffenheit einstellte. Wie- Am 18. Oktober 1972 feierte Theresia Mayr geb. Neumaier, Scherlermutter in Jochberg, ihren 90. Geburtstag. Sie ent. stammt einer Knappenlarnilie in Au- der am Boden angelangt, wurden Mei- ster Pondorfer und seinen Mitarbeitern Glückwünsche ausgesprochen. Vom Turm der Pfarrkirche aus wurde die Aufsteckungszeremonie durch Ama- teurfilmer Pepi Zwicknagl gefilmt. Der Kreuzaufsteckung wohnten auch Bgm. Hermann R e i c h sowie der Zimmermann Johann G a n t s ch n i g g bei. Gantschnigg war 1914 mit dabei, als unter Zimmermeister Mathias Höck der Turm neu eingedeckt wurde. Anschließend lud Stadtpfarrer Dan- ninger zu einer kleinen Firstfeier im Gasthof Eggerwirt ein, wo er, wie auch der weltliche Vertreter des Pfarrkir- chenrates GR Josef Oberhauser dem Meister Pondorfer für seine Arbeit den Dank aussprach. Die Mitarbeiter Pon- dorfers ehrten ihren Meister durch die Uebergabe des 3. Bandes des Kitzbühe- 1er Stadtbuches mit einer Widmung und ihren Unterschriften. Meister Pon- dorfer beendete den Festtag mit dem Hinweis, daß die Kreuzaufsteckung in Kitzbühel für ihn der Höhepunkt sei- nes bisherigen Lebens geworden ist. Die Anteilnahme durch die Bevölke- rung habe ihn tief beeindruckt. Wie bereits berichtet, wurden dem Knauf die Ablichtungen der alten Ur- kunden sowie eine neue Urkunde mit Beigaben eingeführt. GEDENKBLATT Im Sommer 1972, dem 701. Jahr der Stadterhebung Kitzbühels durch Her- zog Ludwig II. von Bayern, wurde der Turm der Liebfrauenkirche durch den Turmrestaurator Johann Pondorfer rach. Ihr Gatte Robert Mayr starb vor 11 Jahren im Alter von 91 Jahren. Von ihren Kindern ist der älteste Sohn, er war Kapellmeister von Jochberg, im Krieg gefallen und liegt in Karlsruhe am Heldenfriedhof begraben. - Ihre Tochter Theresia Mader und die beiden Söhne Anton und Alois leben mit ihren Familien in Jochberg. Mutter Mayr verbringt ihren Lebensabnd bei der jüngsten Tochter Barbara und Schwie- gersohn Stadtkapellmeister Sepp Ga- steiger auf Hohenegg in Kitzbühel. Sie erfreut sich noch guter Gesundheit. Scherler war vor dem Krieg der mu- sikalische Mittelpunkt in Jochberg. - Viele junge Menschen aus Jochberg und Umgebung holten sich da ihre mu- sikalischen Kenntnisse. Das Schönste für die Scherlermutter aber war, wenn nach harter Arbeit im Kreise der Fa- milie Musik gemacht wurde. Der Va- ter und die Kinder musizierten und sangen am Kirchenchor, bei der Blas- kapelle, Tanzkapelle und im Streich- orchester von Jochberg. Die Musik wird der Scherlermutter auch noch in ihrem weiteren Leben erklingen und wir wünschen ihr dazu noch viele gesunde und frohe Jahre. Theresia Moyr,Jochberg, 90 Jahre
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