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Seite 12 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 11. November 1972 terer den Einstieg überlegt. Die Ziegen wurden gerettet. In ei- Franz-Christoph-Erler»Gedächtnismesse in Wien ner dramatischen stundenlangen Ber- gungsaktion. Der Einsatzleiter war Simon Trixl, der Obmann der Fieber- brunner Bergrettung, Gend.-Insp. Paul Brecher mit den Bergrettungsmän nern Stefan Pletzauer und Egid Kog. 1er. Der Tierschutzverein Kitzbühel dankt an dieser Stelle den Fieberbrun- nr Bergrettungsmännern für ihre waghalsige Aktion. Damit möge aber mit einem ein- fachen Dank kein Schlußstrich darun ter gezogen werden. Einerseits sind wir Toni Werner für etliche ähnliche Ber- gungen von Tieren bis zum Absedlen zu tiefer Dankesschuld verpflichtet. An derseits bleibt uns vor der diesjähri- gen Jahreshauptversammlung keine Zeit mehr diesen Männnern in wur diger Form sichtbar zu danken. Ob- wohl uns gewiß ist, daß diese Idea- listen in ihrer schlichten Art keine Ambitionen für Dank mit Brief und Siegel erstreben. Unser Tierschutzverein gibt gerne zu, daß er durch Ueberlastung seiner ehrenamtlichen Funktionäre dem Ka- pitel der Tierrettung unter derarti- gen Einsätzen bisher vielleicht zu wenig öffentliche Anerkennung vor behalten hat. Wir werden das im Früh- jahr nachholen. Zwei Erkenntnisse seien uns abei allen eine ernste Mahnung. Der Tier- freund entpuppt sich als solcher in der Tat. Nicht Firlefanz und Heuchelei dürfen den modernen Tierschutz prä- gen, sondern die echte Tat an der hilf losen Kreatur. Und eine zweite Erkenntnis möge nicht zuletzt angebracht erscheinen. Es geht nicht an, daß Menschen ih. junges Leben riskieren, nur weil ein Bauer, der genau weiß wie bei uns das Wetter von heute auf morgen um schlagen kann, seine Ziegen in der Hochalpe belaßt solange es irgend Laienfheater in Kitzbühel, ein Streifzug durch das 19. Jahrhundert bis heute. Genau genommen stand eine Tiroler Stadt wie Kitzbühel, was ihre Spielkul- tur betrifft, am Beginn des 19. Jahrhun- derts vor dem glatten Nichts. An welche Traditionen sollte sie anknüpfen? Die Stadt nahm lebhaft Anteil am Spiel des bürgerlichen Mittelalters; humanisti- sche Spielübung, getragen vom bildungs- bewußten Bürgertum hatte in Kitzbühel eine ungewöhnliche Blüte erfahren und die barocke Rosenkranzbruderschaft rag- te aus allen übrigen hervor. Komponisten und Chorleiter wie Eberl und Neumayr, ein Meister der barocken Szene wie Fai- stenberger sorgten für die künstlerische Form. All das hatten Maria Theresia und Josef II. verboten, verspotteten die Ge- bildeten als Mumpitz. Ober die alten Spiele urteilte man so verächtlich wie verständnislos. Gesetze engten sie ein, wo immer sie aufzutauchen suchten. In Am Sonntag, 29. Oktober 1972 fand in der Paulanerkirche in Wien die traditio- nelle Gedächtnismesse für den bekann- ten Kitzbüheler Bildhauer Franz Christoph Erler statt. Diese hl. Messe wurde auch zum Gedenken an alle Verstorbenen des Tiroler Bundes gefeiert. - Hochwürden Pfarrer Josef Franzl begrüßte die zum Großteil in Tracht erschienenen Tiroler, darunter den Sohn des großen Kitzbühe- ler Bildhauers Prof. Rudolf Erler und die Abordnung der „Köl-Josefina", die mit Chargierten dem Gottesdienst beiwohnte. Den Gottesdienst zelebrierte Professor wie geht. Weil er sich einen Ballen Heu erspart, während die Ziegen drin- nen an dem Wurzelwerk herumnagen. Bei der Alpabfahrt gehört eben das gesamte Vieh herunter! Auch die Zie- gen! Die Lehr aus der G'schicht: Und auch eine Jause bekamen sie nicht. der Stadt war für das Volksspiel im alten Sinn kein Platz mehr. Uebriggeblieben war das noch 1758 re- novierte „Comedi Haus". Es waren Stu- denten, Wanderbühnen und zwischen- durch Kitzbüheler Theaterliebhaber, die dort noch 1821 bis 1823 Aufführungen gaben. Doch der Zusammenklang der Kräfte zur großen Gemeinschaftsleistung der Stadt war vorüber. Die veranstal- tende Bruderschaft oder Gesellschaft fehlte. Auch fehlte noch das Lokalblatt, zeitlich näher lägen, äußerst bruchstück- haft erhalten sind. Es ist eine ganz neue Sprache, die uns die Ereignisse des 19. Jahrhundert schildert; es ist jetzt eine grundlegend veränderte Auffassung von Theater über- haupt gegenüber früheren Jahrhunderten. Im 19. Jahrhundert gibt es erst das, was wir heute unter Theater verstehen: Kunst und Spiel. Vorher war es Propaganda, Prozession. Ludwig Cserer, der auch die Predigt hielt. Mit dem Andreas-Hofer-Lied wurde der eindrucksvolle Gottesdienst abge- schlossen. Franz Christoph Erler, geboren am 5. Oktober 1829 in Kitzbühel, Hanslmühle, gestorben am 6. Jänner 1911 in Wien, schuf für den Stephansdom eine Reihe von Statuen; weiters für die Altlerchen- felderkirche, die Votivkirche, die Brigitt- auerkirche, die Kirche „Zum guten Hirten in St. Margarethen, für die Kirche „Maria am Gestade", die Breitenfelder Kirche und St. Elisabeth, Wieden - und Hunder- te von Statuen für Kirchen in fast allen Bundesländern, Südtirol, Ungarn, Schle- sien, Mähren, Krain und Bosnien. In der Kirche Reith sind die vier Kirchenväter (Hieronymus, Ambrosius, Augustinus und Georgius) von Erler. Kitzbühel besitzt folgende Werke von Franz Christoph Erler: Pfarrkirche: Imma- kulata; Auferstand. Heiland, St. Georg, Erzengel Michael und ein lebensgroßes Kruzifix. Marienkirche: Kreuztragender Christus (Außenwand). Friedhof: Grabmal der Eltern. Erlerkapelle am Oelberg: 2 Reliefs. Marienreliefe an folgenden Kitz- büheler Bürgerhäusern: Haus Enzian in der Kirchgasse, Hanslmühle, Haus Gold- schmied Meßner, Haus Huber-Martlmetz- ger. Von Erler stammt auch in Erz gegos- sen das Landesverteidigerdenkmal an der großen Kirchenmauer. Am 7. Mai 1961 wurde in der Argenti- nierstraße in Wien eine Gedenktafel ent- hüllt und am 20. August 1961 im Stadt- park zu Kitzbühel das „Erler-Denkmal". Nur das übliche: „Vergelts Gott". Wie schon erwähnt wird sich unze1 Tierschutzverein in einer eigenen Veranstaltung mit der Bergrettung einmal zusammensetzen. Und eine Jause wird es wenigstens bei uns ab- geben. Dr. Oswald Ganstei 1855 eröffnet die „Dilettanten-Gesell- schaft" von Kitzbühel die neue Bühne im Gasthofsaal mit dem Stück „Die zwei Pi- stolen". Zwei Kunstmaler, Hofer aus Kitzbühel und Obwexer aus Bozen, ge- stalteten den Bühnenraum. Tiroler Schüt- zen und Bergknappen flankieren die Bühne. Das theatralische Ereignis wird am Schluß so nebenbei vermerkt, denn Kitzbühel ist entzückt von seinem glän- zenden Theater und die Wogen der Be- geisterung schlugen hoch - aber weni- ger für die „Dilettanten", als für die junge Gemahlin, die sich Kaiser Franz Josef 1. aus Bayern geholt hat, die Sissy, über die Geburt einer Prinzessin, ja überhaupt fürs Kaiserhaus und fürs - wörtlich „stahl bewährte Tirolerschützenthum". Das alles schildert voll Ergriffenheit der „Bothe für Tirol und Vorarlberg".
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