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Martyrium Petri und Pauli von Simon Benedikt Faistenberger. Deckenfresko der Pfarrkirche Jochberg, im großen Feld der 3. Flachkuppel vom Presbyte- rium ausgehend. Foto: Dr. Othmar KrUpl Samstag, 18. November 1972 Kitzbüheler Anzeiger Seite 27 Bedeutende Schöpfungen von Simon Benedikt Faistenberger in der Kirche zu Jochberg Aus: Dr. Othmar Krüpl „Simon Benedikt Faistenberger" im 4. Band des Kitzbühe- ler Stadtbuches) „Nach dem Deckengemälde der Kitz- büheler Liebfrauenkirche (1739) ver- schwinden nun alle jene koketten und spielerischen Züge aus den Gestalten Faistenbergers (Simon Benedikt Faisten- berger, das bedeutendste Glied dieser Kitzbüheler Künstlerdynastie) und die ba- rocke Schwere, gepaart mit naturalisti- scher Derbheit, gewinnt die Oberhand. Schnell und konsequent entwickelt sich dieser Stil, bis er auf den Fresken von Jochberg vom Jahre 1750 seinen Höhepunkt erreicht. Diese Schöpfung ist eine der bedeu- tendsten und eigenartigsten unseres Mei- sters. Nirgends hat er so das Bizarre des Barocks betont, nirgends lassen sich fremde Entlehnungen so deutlich nach- weisen, nirgends ist er aber auch so kon- ventionell und so urwüchsig gewesen, in- dem er es verstand, entlehnte Details ganz in seinem Sinne zu verarbeiten. Ne- ben Rottmayr und bis auf Raffael zurück- gehenden italienischen Barockmotiven ist es vor allem Rubens, der hier Faisten- bergers Ausdruckskraft bestimmt und dessen Einfluß besonders deutlich auf den beiden „Engelsturz" und „Martyri- um Petri und Pauli" hervortritt. Während das erstgenannte Gemälde eine Kombi- nation der beiden Rubensschen Komposi- tionen aus dem Brüsseler Engelsturz und dem gleichnamigen Bild in der alten Münchner Pinakothek darstellt, geht das zweitgenannte auf die Kreuzaufrichtung in Antwerpen und die Kreuzigung Petri in der Kölner Peterskirche zurück. Trotz- dem schaltet Faistenbreger mit den über- nommenen Elementen durchaus selbstän- dig. Ueberdies dokumentiert Faistenber- ger auf den Jochberger Deckenfresken, insbesondere auf den 18 Medaillons, wel- che die zwölf Apostel, die vier Kirchen- väter und die zwei Kirchenpatrone dar- stellen, seine Fähigkeiten auf dem Ge- biet der Porträtmalerei. Bei oberflächlicher Betrachtung der wildbelebten Massen athletischer Figu- ren möchte man fast meinen, daß die Jochberger Fresken aus dem Rahmen der Entwicklung Faistenbergers heraussprin- gen; sie bilden jedenfalls einen schrei- enden Gegensatz zu seinen ersten, noch völlig erhaltenen Freskenzyklen in St. Jo- hann und der Johannes-Nepomuk-Kapel- le in Kitzbühel. Verfolgt man aber seinen Entwicklungsgang besonders in den letz- ten zehn Jahren (1749-1759), so wird man doch bald gewahr, daß wir es hier mit einem Höhepunkt eines organischen Fortschreitens zu tun haben. Mit einer für uns heute fast unverständlichen Be- geisterung hat sich Faistenberger in die- se Welt der Ueberformen hineingelebt, und doch zeugt die Charakteriesierung bei allen barocken Effekten von einer tiefen Auffassung und Wiedergabe eines wirklich echten, wenn auch in religiöser Begeisterung weit hinaus gesteigerten Empfindens. Wohl versucht er im wei- teren auch alles nichtssagende Beiwerk, wie es nun einmal der Zeitstil erforderte, so weit wie möglich abzustreifen und das Hauptgewicht auf die glaubliche Wieder- gabe der Gemütsstimmung zu legen, aber er steht bereits an der Grenze seiner Schaffenskraft, deren vorzeitiges Ende einige alte Nachrichten seiner ungeheuer aufreibenden Tätigkeit zuschreiben. Während die wilde Bewegung der Jochberger Fresken auf den Deckenge- mälden von St. Ulrich am Pillersee aus der Zeit nach 1951 schon bedeutend ge- mäßigt ist, schließt die ausgewogene und ruhige Komposition in der Rosakapelle der Kitzbüheler Pfarrkirche Faistenber- gers Freskowerk ab. Die Deckenfresken der Pfarrkirche hi. Wolfgang in Jochberg Bei der Ausmalung der Kirche, welche 1748-1750 von Kassian Singer (Kitzbü- hel) erbaut wurde, hielt sich Faistenber- ger an dessen Gliederung in vier Flach- kuppeln, von denen jede ein großes Feld mit vier zugeordneten Medaillons ent- hält. Die großen Felder stellen, vom Pres- byterium beginnend, die Glorie des hl. Wolfgang, ferner den Engelsturz und das Martyrium der Apostelfürsten dar; end- lich findet sich noch über dem Orgel- chor das Martyrium des hl. Sebastian, auf welchem Bild sich auch noch die Sig- natur „Simon Benedikt Faistenberger pinxit 1750" befindet. Die Medaillons ent- halten im Presbyterium die vier Kirchen- väter und am Schluß des Chores die Hei- ligen Wolfgang und Bonifatius, in den übrigen Räumen der Kirche die zwölf Apostel, die immer zu je vieren einem großen Feld zugeordnet sind. Glorie des hl. Wolfgang Im Mittelpunkt des Bildes sitzt Christus mit einer etwas eckigen, pathetischen Armhaltung, mit weicher er fast genau auf dem Presbyteriumsfresko von St. Ulrich wiederkehrt; rechts neben Christus Gott- vater in krampfhafter Bewegung schwe- bend. Diese Gestalt gemahnt etwas an den Gottvater in der Nepomukkapelle von Kitzbühel, aber bei öfterem sind die Bewegungen doch abgerundeter, wäh- rend sie hier eben durch jenes ins Ex- trem gesteigerte Streben noch wuchtiger Beweung recht verrenkt und gequält wir- ken. Neben Gottvater die Taube in völ- liger Unteransicht; unter Christus, auf Wolken knieend, der hl. Wolfgang, des- sen Attribute von Putten und Engeln ge- tragen werden. Der Gesichtsausdruck des Heiligen ist in seiner gläubigen Erwar- tung recht überzeugend getroffen. Links, von den Engeln getragen, schwebt Ma- ria mit derben, fleischigen Händen und eckigen Fingerbewegungen und mit dem harten Profil von der „stupsnasigen" Rottmayrischen Form; darüber halten En- gel das Kreuz Christi und die Nägel.
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