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Samstag, 25. November 1972 Dr. Gleirscher bestimmt ein schweres Beginnen. Seine Visiten führten ihn viele Stunden zu Fuß oder teilweise auch hoch zu Roß zu den Kranken in den entlege nen Bergbauernhöfen. Die Arbeit als Arzt auf dem Lande erforderte seinen ganzen körperlichen und geistigen Ein- satz. Während der damals noch viel strengeren Winterszeit mit den schlecht geräumten, schmalen Straßen fuhr er mit seiner Kutscherin, der „Lamp-Kathi zweimal wöchentlich in das 13 km ent- fernte Waidringer Dorf, um dort die Or- dination abzuhalten und anschließend die Kranken in weitem Umkreis dieser Ge- meinde zu betreuen. Erst nach einigen Jahren standen ihm verschiedenartige Fahrzeuge wie Fahrrad, Motoretti oder ein Motorrad zur Verfügung. Ein Auto konnte er sich erst im Jahre 1928 leisten Sein erstes Auto war ein tschechischer Tatra, der erste luftgekühlte Pkw, der so ähnliche Qualitäten aufwies, wie es heu- te bei einem VW der Fall ist. Dieser Umstand erleichterte dem da- mals schon 35 Jahre alten Landarzt den Außendienst anläßlich seiner Visiten in dem großen Gebiet seines Sprengels wesentlich. Dr. Vinzenz Gleirscher war ein großer Naturfreund und begeisterte damit viele seiner Freunde und Patienten in positi- vem Ausmaß. Er fand in seiner kurz be- messenen Freizeit viel Freude am Foto- grafieren der schönen Landschaft. Als Hobby machte er auch die komplette Ausfertigung seiner Aufnahmen, wie Ent- wickeln der Platten und Filme in einer eigenen Dunkelkammer. Auch das Wan- dern und Bergsteigen bereitete ihm viel Freude im geliebten Gebiet seines Wil- den Kaisers. Durch diese Eigenschaft lernte er zwangslos Land und Leute sei- nes Sprengels noch besser kennen und schätzen. An den Sonn- und Feiertagen betätigte er sich als Sänger beim Kir- chenchor in Kirchdorf seit seinem Amts- antritt bis kurz vor seinem Tode. Es be- deutete ihm eine weitere Lieblingsauf- gabe der Blumenschmuck seines Gar- tens, den er mit Liebe pflegte. Frühzeitig begeisterte er sich für den Sport, insbe- sondere für den Skisport, wo er in der Landgemeinde Kirchdorf damals bereits ‚-1, -1 :itzbUhe1er Anze[ger krieg hat sich in KircdorF selbst k:in zweiter Arzt niederge assen. Flächennä- ßig ist Kirchdorf mit 1t36 ha (nach Hop- garten) die zweitgrößte Lardgemeirde des Bezir<s Kitzbühel. Für Dr. Gleirscher war daher die ärztliche Arbeit viel hä - ter als ür ‚iele Aerzte auf dem Lan:e. Dadurci war er auch cezwungen, Sarris- lag-Sonitag immer daheim zu bleibn 41«I o,o ikii r'nesche, St Jtnn und die dringenden Vis ten zu erledige-i. Er war als guter Diagrostiker weit be- <annt und beliebt. Wegen seine- dienst- ichen Gewissenhaftigkeit hat Dr. Gleir- scher is zu seiner Pensionierung -ast .einen Urlaub genommen. Die Gemeinde Kirchdorf wußte die auf- 3pferungsvclle Tätigke t ces Sprengel. arztes aur :htig zu schätzen; de dortige Gemeiiderat hat 1964 einstimmig b3- schlosser, cern Helfer der Kranken, cern begeistertei Wandere - und Berjsteiger, dem aktiven Mitglied ces dortigen Kr- chenchores, einem der ersten Skipionic- re und Spc -tler von Ki-chcorf, cern Fr- derer des Fremdenve-:ehs, ei-le h--he Ehrung zuteil werden zu lassen: D r. Gleirscher wurde zum Ehrenbürger on Kirchdrf ernannt, die Urkunde für diese seltene Auszeichnung wurde ihm am 21. Jänner 196 von Bgm. Michael Notheggr in einer viCdigen Feiesturde überreicht. r;.-..-,.. / ..-.t.. ..‚.‚..‚- „.‚ - ru- I- - Seite 21 Auf Grund seiner verdienstvollen jahr- zehntelangen Tätigkeit als Landarzt hat ihm der Herr Bundespräsident mit sei- ner Entschließung vom 19. Juli 1965 den Berufstitel eines Medizinalrates verlie- hen. Auch diese seltene Auszeichnung nahm er mit Dank entgegen. Neben seiner hohen Dienstauffassung war Dr. Gleirscher auch immer bedacht, das Einvernehmen mit seinen Kollegen zu fördern und in schwierigen Fällen auch bekannte Fachärzte zu Rate zu zie- hen, galt ihm doch das Wohl seines Pa- tienten als höchste Forderung an sich selbst. Mit 1. Jänner 1960 trat Dr. Vinzenz Gleirscher in den Ruhestand. Aber auch als pensionierter Sprengelarzt gab er seine Ordination nicht ganz auf und wat weiterhin für viele seiner alten Patienten ein guter väterlicher Helfer und Ratgeber. So half er überall, wo man ihn als Arzt brauchte bis zum Beginn des Jahres 1972. Eine immer schlimmer werdende Kreis- laufschwäche zwang ihn erst einige Mo- nate vor seinem Tode zur endgültigen Beendigung der Berufstätigkeit. In den letzten Jahren seiner beruflichen Tätig- keit fand er viel Freude durch die Auf- merksamkeit seiner vier Kinder. Sie konn- ten alle mit ihm und seiner treuen Frau Sophie zusammen am 18. September 68 das seltene Fest der goldenen Hochzeit feiern. Leider entriß ihm einige Jahre später am 19. August 1971 der Tod seine besorgte Gattin, die ihm nicht nur in der Familie, sondern auch im schweren Land- arztberuf treu und tatkräftig zur Seite stand. Nach diesem Schmerz ließ seine für das Alter hohe Leistungsfähigkeit wesentlich nach. Seine vier Kinder, die 14 Enkelkinder und die zwei Urenkel schenkten ihm während der letzten Mo- nate seines aufopferungsvollen Lebens noch viele schöne Stunden. Nach schwe- rer Krankheit verstarb er am 27. Oktober 1972 in seinem Haus in Kirchdorf. Die Gemeinden Kirchdorf und Waidring, die Bevölkerung des großen Sanitätsspren- gels und alle seine Angehörigen be- gleiteten ihn am 30. Oktober zur letzten Ruhe Am Grabe würdigten eingehend seine Verdienste Bgm. Nothegger, Dr. Müller, der Delegierte der Aerztekam- mer und Schuldirektor Goldschald. und 2. Weltkrieg als einer der ersten Ski- ner größter Freuden im harten Ber..fs- Nicht nur die Aerzteschaft, sondern pioniere galt. leben. ganz besonders die Bevölkerung des Sa- Während des 2. Weltkrieges gab es Es st c ese echte Freude von Dr. nitätssprengels Kirchdorf—Waidring dankt für Dr. Gleirscher neben den täglichen Gleirscher ür uns aus cer älteren Gene- dem lieben Toten für seine aufopferungs- ärztlichen Verpflichtungen noch zusätzli- ration such vollkommen begreiflich, st:-:m- volle Berufsausübung. Alle werden auch che Aufgaben durch die Betreuung eines men wi- doch alle aus einem Zeitgesche- in Zukunft mit Anerkennung der Ver- Arbeitsdienstlagers in Erpfendorf und hen mit seir bescheidenen wirtschaftii- dienste während der über 50jährigen durch die Versorgung von Flüchtlingen chen VerhItnissen; damals bekam man Tätigkeit als Landarzt seiner gedenken; und anderen Arbeitslagern. Nach der be- für jece keinste Aufnerksamkeit neben alle, die dem verstorbenen Sprengelarzt ruflichen Ueberlastung während des letz- der Entichrung noch cii herzliches „Ve.r- am Friedhof die letzte Ehre erwiesen ten Weltkrieges war es für den Spren- gelt's Gott; die Dankbarkeit der \lit- haben, erinnern sich an die herbstliche ge!arzt nicht nur eine Entlastung, son- menschen lür das Ihrer vermittelte Wis- Stille und an die Pracht der Natur im dern euch eine große Freude, daß sich sen war für uns alle einmal ein Ansporn Lichte und in der Wärme der untergehen- SohnDr. Karl Gleirscher, der am für die weitere harte Arbeit; Eie schuf den Sonne. Ein Teil Licht und Herzens- 13. 7. 1945 zum Dr. der gesamten Heil- trotz v eier Entbehrungen das Fundament wärme ist für uns alle, besonders aber kurre n-cmoviert wurde, in Waidring als für Lust uid Liebe zm Beruf, so auch für die Kranken der Kirchdorfer Bevölke- prakt. Arzt niedergelassen hat. Trotz des für unseren lieben rerstorbenen 3e- rung mit Dr. Vinzenz Gleirscher für im- Aerzteüberschusses nach dem 2. Welt- meinde-Doktor. mer untergegangen.
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