Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 2. Dezember 1972 Kitzbüheler Anzeiger - Seite 3 Hundert Jahre Josef Herold — Vater der Hohnenkommbohn Josef Herold wurde am 4. Dezember 1872 als viertes Kind des Kitzbüheler Bürgers und Malermeisters Sebastian Herold im Heroldhaus in der Kirchgasse geboren. Das Haus trug nach einem Fresko an der Vorderfront, das einen be- kleideten Christus am Kreuze darstellte, den Namen die „Kümmernishütte". Josef Herold hatte elf Geschwister, so daß der Name des Hauses für die Familie in der damaligen Zeit oft vcn Bedeutung gewesen sein mag. Jeden- falls mußten die Kinder schon früh trach- ten, selbst etwas zu verdienen. Unter Josef Herold besorgte dies, wenn auch nicht immer mit den Willen der Eiter -1, bereits mit 14 Jahren als Klarinettist bei der „Griesenauer Musik" und spielte ganze Nächte zum Tanz auf. Sepp war ein aufgeweckter Junge, dessen Ideal es gewesen wäre, Schriftsteller zu wer- den. Als Sepp 18 Jahre alt war, verlor die Familie den Vater, der inzwischen zu seinem Malerhandwerk auch das Photo- graphenhandwerk dazugelernt hatte. Die- ses mußte nun der junge Sepp, der e.n Jahr zuvor in München gelernt hatte, über- nehmen. Auf die geistige Entwicklung des jun- gen Herold mag der Kreis um den be- rühmten Anatomen v. Hyrtl, der der Tauf- pate aller Heroldkinder war, von Ein- fluß gewesen sein. Seine politische EH- stellung, der er sein ganzes Leben hii- durch treu geblieben ist, verdankte er seinem Vater, einem begeisterten Sch5- nerianer. Die wirtschaftlichen Fähigkei- ten waren ein Erbteil seiner Mutter, d:e als Witwe unter schweren Verhältnissen die Familie zu einem gewissen Wohl- stand emporarbeitete. Ihr Grundsatz war, auch in Zeiten der größten Not auf ei- genen Füßen zu stehen, sich nicht auf andere zu verlassen und durch ehrliche, harte Arbeit das Brot für sich und die Familie zu verdienen. Arbeiten und Spa- ren wurde dann auch der Leitsatz unse- res nachmaligen Bürgermeisters. Sepp Herold hatte es sich seit seiner frühesten Jugend zur Aufgabe gemacht, im Sinne seines aufrechten, deutschen Geistes und seiner überaus großen Lie- be zur engeren Heimat und seine ge- liebte Vaterstadt Kitzbühel zu wirken. Ueberall wo es galt, Neues zu schaffen, stellte sich Josef Herold zur Verfügung; so im Turnverein, bei der Bürgermus k ; bei der Turnerfeuerwehr usw. bis darin in Erkenntnis der Zukunftsentwicklung Kitzbühels an die Gründung des Winter- sportvereins geschritten werden konnte. Es war 1892, als Franz Reisch, der mit Glücksgütern mehr bedachte Freund des jungen Sepp, aus Norwegen das erste Paar Skier nach Kitzbühel kommen ließ. Auf ihnen erlernte auch Sepp die An- fangsgründe des Skilaufs. 1893 war da-in Josef Herold selbst Besitzer von Skiern, und nun fing die Entwicklung Kitzbühels als Wintersportplatz an. Die tatkräftiger jungen Männer um Franz Reisch und Jo- sef Herold gaben dem wintersportlicher- Leben intersportliche r Leben Lnd Treiben in Kitzbühel einer gewaltigen Auftrieb, knüpften Verbindun- gen an mit den damaligen sportlichen Schrittmachern des In- und Auslandes urd ste Iten auf diese Weise unseren O-t bereis zu einer Zeit, wo anderswo jeglicher Wintersport verlacht wurde, an die erste Stelle aller ostalpinen Sport- plätze. Das besondere Verdienst Herolds an der Entwicklung Kitzbühels zum welt- bekannten Wnitersportplatz lag in seiner photcgraphischen Leistung. Unverdros- sen schleppte Josef Herold bei jeder Skitojr seine schwere Plattenkamera mit und war mit seinen auch für heutige Be- griffe ncch hervorragenden Winteraufnah- men der erste Künder der Kitzbüheler Schneelandschaft in alle Welt. Be-ei-.s 1910 wurde Josef Herold ii den Gemeinderat berufen und half dort in eriebl chem Maße die Geschicke der Stadtgemeinde lenken. Während der Kriegsjahre, als die Not im Hinterlande g-oßen Umfang angenommen hatte, wur- de Josef Herold mit der Fürhung des Bezi rkswirtschaftsamtes beauftragt. Ir - folge r- folge seiner umfassenden wirtschaftlichen Kenntnisse gelang es ihm, für den Bezirk Kitzbühel weitgehendst zu sorgen, so daß es Kitzbühel besser ging als allen aideren Bezirken, wo schon lange auch die notwendigsten Lebensmittel fehlten. Zum aktiven Wehrdienst und damit zr Fronidieristleistung wurde Herold wegen seines infolge einer Kinderkrankheit na hezu e-Elindeten rechten Auges, nich eingezogen. In der Nachkriegszeit widmete sich Herold ununterbrochen in hervorragen- dem Maße den Wirtschaftsaufgaben Kitz- hühels und des Landes Tirol. Als Grün- der der Handels- und Gewerbebank war er viele Jahre Direktor dieses Instituts. das unter seiner Leitung und trotz der Nachkriegskonkurrenzen zur führenden Bank im Bezirk wurde. Durch viele Jahre war Josef Herold als Gemeindefunktio- när auch im Ausschuß der Sparkasse der Stadt Kitzbühel und stand auch diesem Institut einige Zeit als Leiter vor. Josef Herold war auch viele Jahre im Ausschuß der Klobensteiner- und Brixen- talerstraßenkonkurrenz und im Verkehrs- verein Kitzbühel tätig. Die Regierung \vürdigte sein erfolgreiches Wirken durch Verleihung des Kommerzialrat-Titels. Als im Jahre 1932 die Stadtgemeinde Kitzbühel nahe am Konkurs war, hat He- rold seine Kräfte in erster Linie wieder der Gemeinde zugewendet und wurde dann am 1. August 1933 einstimmig zum Bürgermeister gewählt. Wie hoch Herold als Wirtschaftler und Finanzmann ge- schätzt war, ist wohl aus dieser Wahl zu erkennen, die nicht nur von der ganzen Bevölkerung, sondern auch von den Be- hörden begrüßt wurde, obwohl Bürger- meister Herold mit seiner nationalen Ge- sinnung mit den damaligen Regierungs- methoden im scharfen Widerspruch stand. Der hervorragenden wirtschaftlichen Be- gabung von Josef Herold ist es trotz al- ler politischen Widersacher und Er- schwernisse in kurzer Zeit gelungen, sei- ne Heimatstadt vor dem Ruin zu retten. Herold hat sich hiedurch allein schon einen erhabenen Gedenkstein in der Ge- schichte der Gemeinde Kitzbühel gesetzt. Trotz der unermüdlichen, rastlosen und uneigennützigen Tätigkeit im Interesse des Ortes und der Allgemeinheit, mußte er das Bürgermeisteramt zurücklegen. Die von der Regierung geforderte Taufe der Vorderstadt zum „Kanzler-Dollfuß- Platz" war der Anlaß seiner Enthebung am 3. August 1934, Josef Herold wurde aber am 17. April 1936, trotzdem er nicht bei der „Vater- ländischen Front war, und obwohl er stets der nationale Mann geblieben war, wiederum einstimmig zum Bürgermeister gewählt. Nach einem erlittenen bitteren Unrecht, das ihm durch die seinerzeitige Absetzung widerfahren ist, hätte er wahr- lich keine Veranlassung gehabt, sich neuerdings in den Dienst der Oeffent- lichkeit zu stellen. Seine Heimatliebe überwand und vergaß alle Vergangen- heit und von neuem begann er unter seinem alten Leitspruch „Sparen und arbeiten', sein Werk. Seinem Eifer und seiner Verhandlungs- kunst ist es zu danken, daß endlich die Landgemeinde Kitzbühel der Stadtge- meinde eingegliedert wurde, was für den Fremdenverkehr und für die allgemeinen Belange des Ortes entschieden von be- sonderer Wichtigkeit und von Vorteil war. Er nahm nun die Geschicke der beiden bisher getrennten Gemeinden mit glei- cher Umsicht und Liebe in die Hand und
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