Kitzbüheler Anzeiger

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Freitag, 31. Dezember 1971 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Die Kitzbüheler Jungmusik von 1922-1924 (Für die authentischen Angaben danken wir Paul Hochfilzer und C. Planer) Die Kitzbüheler Jungmusik war eine Gründung von Kapellmeister Anton Rothbacher. Rothbacher, geb. am 22. Mai 1887 und gestorben am 2. Juli 1939, verstand sich wie die meisten Photographen der früheren Zeit auch auf die Malerei. Seine Oelgemälde tru- gen einen eigenen Charakter. Als er einmal ein Theaterstück schrieb, ein Ritterspiel aus Kitzbühels alter Zeit mit schaurigen Motiven (wie wir von unserem Gewährsmann Ehrenmitglied der Stadtmusik Max Oberlindober er- fuhren), malte er die Kulissen selbst. Auch als Komponist betätigte sich Rothbacher, Leider konnte diese „Roth- bacher-Komposition", war es nun ein Marsch oder ein Walzer (Toni Prax- mair sagt: es war ein Walzer und die- ser trug den Namen „Skihaserl"!), bis- her noch nicht aufgefunden werden. Rothbacher hat aber, wie die meisten Chorregenten, Stimmen geschrieben und Arrangements gesetzt. Ueber Va- ter Rothbacher kursieren heute noch viele Anekdoten. Eine davon hier: An einem 1. Mai saß Rothbacher an der Kirchenorgel. Bei der Aufführung des Liedes „Wenns Mailüfterl weht" - an sich schon eine Sünde an der Kir- chenmusik - zog er sich den Rock aus und stülpte die Hemdärmeln auf. Ko- operator Groder, der sich vor dem Al- tar umgedreht hatte, konnte selbst das Lachen nicht verbeißen. Die Tätigkeit der Jungmusik begann mit Proben im März 1921. Geprobt wurde im Stüberl des Kapellmeisters im Hause Hinterstadt Nr. 26, das frü- her ein Gewerkenhaus war und in dem von 1708 bis 1717 der Maler Gabriel Viechter wohnte; seit 1874 im Besitz des Geschlechts der Rothbacher. Die erste Ausrückung war schon am 1. No- vember, und zwar zur Gräbersegnung; damals noch mit der „Großen Musik"; ebenfalls zum Cäcilienkonzert am 23. November 1921 im Hinterbräusaal. Die erste selbständige Ausrückung und zwar auf Einladung vom damali- gen Stadtpfarrer Geistl. Rat Karl Eg- ger, war bei der Erstkommunion am Weißen Sonntag 1922. Der Erfolg war so dominierend, daß daraufhin Einla- dung auf Einladung folgte. Sehr begehrt war die Jungmusik bei den damaligen Einweihungen von Kriegerdenkmälern, der Weihe von Fahnen für Kriegervereine, bei Trach- tenfesten und Jungbauernkundgebun- gen. Nach Kirchdorf und auch nach Bri- xen rückte die Jungmusik auf dem großen Brückenwagen vom Hotel Tie- fenbrunner aus, an der Deichsel die starken Pferde und am Zügel Rossin- ger Wast. Wast tat auch ein Uebriges für die Jungmusik: er stattete den Brückenwagen mit behelfsmäßigen Sitzgelegenheiten aus und so konnte auf dem Wagen auch konzertiert wer- den. Spielend ging es durch die Dorf- plätze, wo großes Aufsehen und Begei- sterung erregt wurde. Die Jungmusikanten waren mit Le- derhosen ausgestattet (aber teufelhäu- tige), mit weißen Hemden, Hosenträ- ger, Selbstbinder und auf dem Kopf das federgeschmückte Geinzl. Von Kirchdorf zurück kam starker Regen auf und die Buben wurden auf und auf naß, Hemden und Strümpfe schwarz, da die Lederhosen abfärbten. Die Jungmusik hatte auch ein eige- nes Marschbiachl, in welchem die mei- sten Märsche der „Großen Musik" ein- geschrieben waren. Welche Stücke spielte damals die Jungmusik? Carl Planer und Paul Hoch- filzer gelang es, das Programm von Photo Anton Rothbacher, der Sohn des Kapellmeisters und Vater des heuti- gen Photorneisters Toni Rothbacher. Ort der Aufnahme: Kirchenmauer des Stiftes Wilten mit den großen Lettern: „Zu uns komme Dein Reich"; es war am 8. Oktober 1922 beim großen Mis- sionsfest. Vorne sitzend: Christian Achhor- ner (B-Klarinette), Jakob Messner (kl. Trommel), Klaus Gasteiger t (2. Flügelhorn), Rosl Gasteiger, Marketen- derin, Josef Gasteiger (1. Flügelhorn), Peter Hein (1. Flügelhorn) und Toni Hatzl (Tschinellen). Reihe: Josef Hochfilzer, knieend, (1. Flügelhorn), Georg Kofler (2. Flü- gelhorn), Josef Pacher (Baßflügel- horn), Hans Höck t (Baßflügelhorn), Hans Holup t (Bomdadindl). Josef Hafner (Baßtrompete), Josef Sauer Badgastein zu rekapitulieren. In Bad- gastein wurde in der großen Wandel- halle gespielt. Die Jungmusik ersetzte damals die Kurmusik und dies mit einem durchschlagenden Erfolg: 1. Gril- lenbannermarsch, 2. Gebirgskinder- walzer, 3. Ouvertüre „Meine Königin", 4. Castaldomarsch, 5. Gavotte „Mein Herzblatt", 6. „Alpenheim", Cavatine, 7. Erzherzog-Albrecht-Marsch. Natürlich mußten nach Erfüllung des Programms noch Draufgaben gespielt werden. Das Publikum wollte die Jung- musik einfach nicht vom Podium las- sen. In den drei Jahren des Bestandes ergingen an die Jungmusik Einladun- gen nach Innsbruck (zweimal), nach Wien, Badgastein, Saalfelden, Radfeld und selbstverständlich aus den Be- zirksorten: Aurach, Brixen, Kirchdorf, St. Johann u. a. Fast jeden Sonntag „B-Klarinette), Paul Hochfilzer (Es- Klarinette), Toni Pichler f (B-Baß), Adolf Gründler (Bombadindl), Roman Jöchl (Bombadindl), Karl Wendlin- ger f (Bombadindl), Markus Hechen- berger (Euphonium), Alfred Padvoan f (1. Flügelhorn), Karl Planer (große Trommel), Josef Vierti (Trommelzie- her), später B-Klarinette). Reihe: Kapellmeister Anton Roth- bacher; von der Geistlichkeit, vermut- lich Herren des Stiftes Wilten, ist nur der zweite (mit Kette und Orden) bekannt. Es ist dies der damalige Stadtkooperator und Tirularbischof Prälat Dr. Franz im Thurn. Weiters gehörten der Jungmusik an, die nicht auf dem Bild zu sehen sind: Hans Hechenberger (Querflöte), Anna Gasteiger, Marketenderin und Josef Klingler (Trommelbub).
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