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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. August 1973 den Lippen und sein ansteckendes Lä- cheln begleitete die Kämpfenden noch ins Klassenzimmer. Es wuchs so in den ersten Jahren aus dem Nichts eine Ge- meinschaft, aus welcher der Glaube an den Erfolg, der Wille zur Ueberwindung der Schwierigkeiten und die Freude an der harmonischen Zusammenarbeit als wertvollste Blüte brachen. Einer solchen auf Gedeih und Ver- derb zusammengeschweißten Einheit bedurfte es in der Folge auch, als sich die Notwendigkeit anmeldete, die Schule zu vergrößern bzw. überhaupt ein Schul- gebäude, nun in St. Johann selbst, zu errichten. Die Frage des Geldes hierzu warf nachtschwarze Schatten auf das Licht des Erfolgs, ja dieser selbst brach- te Neider auf, die auf bösen Wegen das Werk bedrohten. Die Dämonen brachen herein. Sie haben zwar Verrat und Hinterlist im Gefolge, Dämonen sind aber hilflos gegen dieTugend der Stand- haftigkeit. Aufrecht und unerschrocken kämpfte Walter Weihs um die Verwirk- lichung seiner Idee der Existenzberech- tigung eines Vollgymnasiums im Be- zirk! Sein Mut und der Glaube an seine Leistung scharten auch diejenigen Per- sönlichkeiten um ihn, die ihm halfen, daß zunächst das Haus an der Ache ent- stand. Die ersten mithelfenden Lehrer gesellten sich zu ihm und fröhliche Schüler und Schülerinnen saßen bald zur Pause auf den Bäumen der Pro- menade. Schon war die Schule Weihs nicht mehr wegzudenken, auch das spröde Innsbruck wurde erobert und aus Zweckmäßigkeitsgründen als nähere Prüfungsstätte erkoren. Der Weihs'sche Geist sollte auch der Schulgeist des größeren Hauses werden. Er arrnellierte an. die rettenden Kräfte des Menschen, an seine Selbstbesinnung und Würde, verfolgte alle unfriedfertige Versessen- heit und Un.disziplin, überzeugte nun auch die älteren Schüler wie zuvor die Kleinen und formte in ihnen ein Welt- bild, das weiter wachsen konnte, in die Erwachsenheit hinein. Die Zeiten der Not waren vorüber. Endlich konnte sich auch der Bund der Verpflichtung nicht entziehen, baute das heutige Haus und machte Professor Weihs zu seinem Direktor. Auch das ist schneller erzählt als getan und war mit nicht weniger Schwierigkeiten verbunden als in den Gründerjahren. Und wieder triumphier- ten die bekannten Kämpferqualitäten unseres Jubilars. Nun freilich war es nicht mehr der Lehrer seiner Schule, sondern ihr Lei- ter. Jetzt konnte sich sein früher bereits erprobtes Organisationstalent bewäh- ren., das Haus zu besetzen., die Lehrkräf- te zu koordinieren, hoffnungslosen Pro- fessorenmancel zu verkraften und an- dere Schwierigkeiten zu meistern. Der croße Erzieher war Administrator ge- worden. Es war auch die Zeit des Wohlstands cekommen und seiner Begierden. die Zeit auch der Autoritätskrisen von heu- te. War es inzwischen nicht modern geworden, nicht zu erziehen? Den Blick nur auf Erwerb und Genuß ma- terieller Güter gerichtet, bleibt kein(-- Kraft, sie den jungen Menschen zu op- fern, man versorgt sie ohnedies standes- gemäß; man muß doch das eigene Le- ben leben! Aber, sehr verehrte Anwesende, Er- ziehung ist unerläßlich, weil sie Ord- nung vermittelt. Ordnung ist überall in der erkennbaren Welt. Der Jugend- liche, das Kind, sie bedürfen ausnahms- los der Leitbilder, der Vorbilder zu sol- cher Orientierung. An den Vorge- schichten der Verbrechen kann man das schmerzlich erkennen. Leitbilder sind Vater, Mutter und Lehrer. Es gibt für sie keinen Ersatz. Diese notwendi- ge, weil natürliche Einstellung muß je- weils nur andere Zeitfragen lösen. So mögen auch die jüngeren Lehrer sich an den Grundfragen orientieren, die Direktor Weihs in der Praxis mit solchem Erfolg gelöst hat. Sie mögen bedenken, daß sie vor ihrem Gewissen nicht nur einen Lehrauftrag haben, son- dern auch eine Erziehungsaufgabe. Die Eltern sollten bedenken, daß ihre Ver- antwortlichkeit erst nach der Volljäh- rigkeit ihrer Kinder auf diese über- geht. Von da ab hat der Mensch sich sein Leben lang selbst zu erziehen. Zu jeder Erziehung jedoch gehört der Respekt, die nötige Achtung vor dem Menschen. Wer auf sie verzichtet, ver- liert die Menschenwürde, wer sie dem Menschen raubt, mordet ihn; wenn zu- nächst nicht seine physische Existenz, doch bald auch sie! Der Kampf wird nicht enden, der Kampf zwischen den Kräften der Evolution und jenen, wel- che diese mit allen Mitteln zu verhin- dern suchen. Das Schlachtfeld sind wir selbst. desgleichen Triumph und Opfer. Darf es verwundern, daß ein Mann wie Weihs, von sich aus und wie selbst- verständlich Autorität um sich verbrei- tend, unter den erschreckenden Ein- drücken des Niederganges derselben, insbesondere des Verlustes von Ansehen und Würde unter den eigenen Kollegen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften, als Hauptverantwortlicher in seiner Schule, um die Erhaltung dieser Primitivvoraussetzung von Ordnung und Disziplin in den Klassen kämpfte und kämpft? Darf es verwundern, daß dieser ständige Kampf, täglich, ja stönd- lieb gekämpft, zu Verhärtungen führt am Kämpfer, die selbst seine Feinde in heileren Zeiten an ihm nicht zu gewah- ren vermochten, und er, sehr allein ge- lassen. in solcher so selbstverständlichen Aufgabe nicht unterstützt, zuweilen als brüllender Löwe verteufelt wird? Wie mag es diesen Menschen schmer- zen, den Harten spielen zu müssen in- mitten der Auflösung der Ordnungen, anstatt wie früher allein aus den Kräf- ten des Herzens Stürme zu entfachen bei den Jungen., Stürme der Begeiste- rung ob des Erkennens der Welt!? Und abermals ist es das Wissen um die Verantwortung, die Weihs diese Bürde tragen läßt, das Verkanntwer- den, vielleicht auch das Verändertwer- den durch solche Umstände. Wer den Beruf des Lehrenden lediglich auffaßt als Verdienstquelle, wem es gleichgültig ist, ob der zukünftige Mensch Impulse empfängt zu Entwicklung von Geist, Seele und Charakter, jener mag es be- quemer haben, dem jedoch wollen wir Eltern unsere Kinder nicht anvertraut wissen! Es gibt Auflösungserscheinun- gen auf vielen Gebieten, nirgends aber müssen sie schmerzlicher empfunden werden, als auf dem Gebiet der Erzie- hung der jungen Generation. Als Vertreter der Elternschaft ist es u. a. auch die Aufgabe unseres Vereins, jene Lehrkräfte, welche in ihrer Tätig- keit eine Berufung erkennen, in dieser ihrer so verantwortlichen Arbeit da- durch zu unterstützen, daß wir Eltern auch im eigenen Haus diejenigen Er- ziehungsgrundsätze zu verwirklichen versuchen, welche weder nur bequem, noch nur modern, sondern gesund und natürlich sind, jene Erziehungsqrund- sätze, die unser verehrter Jubilar in allen den Zeiten seiner hervorragenden Erziehertätigkeit so erfolgreich ange- wendet hat, daß die so Erzogenen als Erwachsene sich mit Freude und Dank- barkeit derer erinnern, die um das Le- ben wußten und denjenigen, die darum noch nicht wissen konnten, etwas zu sagen hatten. Einen hochverehrten Leh- rer hat man nicht deshalb in Erinne- rung, weil er einem Wissen beigebracht, sondern weil er Erkenntnis vermittelt hat. So stehen wir bewundernd vor dem großen Werk. das Direktor Weihs ge- schaffen, ein leuchtendes Beiseiel da- für. wie auch in aussichtslosen Lebens- lesen menschliche Tugenden es vermö- gen. un.zerstörbare Werke zu schaffen, denn wie zahlreich sind doch schon die- jenigen, welche als Folge ihrer gymna- sialen Ausbiidun.g einen, anderen und besseren Berufs- und Lebensweg be- schreiten konnten,, als dies ihnen ohne das so erfolgreiche Wirken des Gefeier- ten, ohne die Schule in St. Johann, möc- lieb gewesen wäre! Wie die Kreise. die ein fallender Stein im Wasser verur- sacht, so werden die Wirkungen von Werk und Beispiel dieses Mannes wei- ter wachsen, fort und fort. Uns, den also Beschenkten, steht es an. zu dieser Stunde nach unseren Glückwünschen auch den aufrichtien Dank und die sosehr verdiente Aner- kennung gebührend auszusprechen. Sehr verehrter Herr Direktor! Dieser Tag ist ein Meilenstein Ihres Lebens, der ein Maß setzt und für das Werk den. Rang! Er ist aber kein Endpunkt. Ihre Kapazität verlangt weiter nach Tä- tigkeit. Möge Gott Ihnen die Gesundheit erhalten bis in das höchste Alter und die Freude am Gestalten! Schenken aber S i e uns bitte in und außerhalb der Schule aus Ihrer so rei- chen Lebenserfahrung weiterhin Rat und Tat zum Wohle jeder Erziehungsarheit!
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