Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 27. Oktober 1973 Kitzbüheler Anzeiger Seife 5 Peter Aufschnaiter. zum Gedenken Am 12. Oktober 1973 starb in der Uni- versitätsklinik in Innsbruck der bekannte Bergsteiger und Forscher Diplomingeni- eur Peter A\u f s c h n alte r aus Kitz- bühel im Alter von 74 Jahren. Auf sei- nen Wunsch wurde er in seiner Heimat- stadt Kitzbühel beigesetzt. Die Begräbnis- feierlichkeiten fanden am 17. Oktober statt. Die Einsegnung wurde von Stadt- pfarrer Geistl. Rat Johann D a n n i n - g er vorgenommen. Er sprach zu den Trauergästen und schilderte das bewegte Leben des Verstorbenen. Dieses und sei- ne Erfolge in der Alpinistik und in der Wissenschaft machten ihn zu einem gro- ßen Sohn seiner Heimatstadt. Ein Blä- serquarfett der Stadtmusik unter der Lei- tung von Andre Feiler intonierte über das offene Grab das Lied vom guten Kameraden und im Namen der Stadt Kitzbühel und aller Freunde des Verstor- benen verabschiedete sich Bürgermei- ster Hermann Reisch in bewegten Wor- ten von Peter Aufschnaiter, der in sei- ner Jugend- und Studierzeit im Hause Reisch wie ein Sohn gehalten wurde. Peter Aufschnaiter war auch dabei, als der unvergeßliche Skipionier, Bürgermei- ster Franz Reisch, am 6. Jänner 1920 mit seinen Söhnen seine letzte Skifahrt un- ternommen hatte. Am Begräbnis und an der Feier des Seelenamtes in der Stadtpfarrkirche, die von Stadtpfarrer Danninger zelebriert wurde und bei der das Bläserquartett der Stadtmusik die Trauermusik spielte, nahmen außer dem Bürgermeister sowie LAbg. Dr. Otto Wendung eine Reihe von Persönlichkeiten teil. So Notar Dr. Pau! Bauer aus München, Dr. Gerhart Klam- mert als Vertreter der deutschen Hima- laja-Stiftung, Peter Aschenbrenner, Kuf- stein, Ernst Senn (Expeditionsteilnehmer Himalaja), Herr und Frau Jenny in Ver- tretung des Schweizer Nepal-Vereins (Peter Aufschnaiter wohnte in Kathmandu in der Schweizer Kolonie), Dipl.-Ing. Ru- dolf Egger, der in Vertretung der Ma- turaklasse des Gymnasiums von Kufstein auch tiefempfundene Abschiedsworte ge- sprochen hatte, Bergsteigerfreunde aus München, St. Johann und Kitzbühel, dar- unter der Obmann der Edeiweißgilde Toni Werner, in Vertretung des Alpenvereins Hauptkassier Leo Heininger und in Ver- tretung des Skiklubs der geschäftsfüh- rende Obmann Hauptmann a. D. Leopold Pischl. Die große Schar der Verwandten (Seiwald, Gasser, Brunnschmied) wurde von der Halbschwester des Verstorbenen, Frau Theresia Podesser (St. Johann), an- geführt. Nach Kitzbüheler Brauch fan- den sich nach dem Begräbnis viele Leid- tragende im Gasthof Eggerwirt beim Totenmahl wieder, um hier Erinnerungen auszutauschen und dem geliebten und verehrten Toten auch im weltlichen Sinne die Ehre zu erweisen. Unter den Trauer- gästen war auch ein Mann, der wie kein anderer die Bedeutung von Peter Auf- schnaiter zu würdigen weiß, da er ihn verschiedene Male in Nepal besuchen konnte und der am größten Wirkungsort selbst das Ansehen, das Peter Aufschnai- ter in der Welt genossen hatte, miterle- ben konnte, nämlich der Filmregisseur und Vertreter des Königlich-Niederländi- schen Alpenvereins Jan Boon (Kitzbühel). Peter Aufschnaiter wurde am 2. No- vember 1899 im Ganzerhaus in der Vor- derstadt als Sohn des Tischlermeisters Peter Aufschnaiter und dessen Gattin Katharina, geborene Seiwald, einer Bärenwirtstochter von St. Johann, ge- boren. An seiner Wiege stand als Patin die Gastwirtstochter Katharina Klausner, eine Freundin der Mutter. Peter Aufschnaiter besuchte in Kitz- bühel die Volksschule und maturierte am Realgymnasium in Kufstein. Nach einem Studienjahr an der Universität Innsbruck übersiedelte er auf die Universität in München und widmete sich der landwirt- schaftlichen Chemie. Anschließend be- suchte er die Technische Hochschule in München und befaßte sich im Zusammen- hang mit der Entwicklung seiner wissen- schaftlichen Arbeiten, vor allem auch mit Baufragen. In München fand Peter Aufschnaiter Anschluß an die berühmten Bergsteiger der Periode nach dem ersten Weltkrieg, Peter Aufschnaiter, Kathmandu 1961, auf- genommen von Filmregisseur Jan Boon. Peter Aufschnaiter war in der Hauptstadt von Nepal, Kathmandu, ein bekannter und geachteter Mitbürger. An den Begräbnisfeierlichkeiten hatte auch der Himalaja-Karthograph Dipl.-Ing. Erwin S c h n e i d e r teilgenommen. Dipl.-Ing. Schneider, in seiner Eigen- schaft weltbekannt, zog Peter Aufschnai- ter für kartographische Ergänzungen zu Rate. Notar Paul Bauer (München), Welzenbach (Wien) u. a. Aufschnaiter entwickelte sich zu einem ausgezeichneten Alpinisten. Sein Schulgebirge war der Wilde Kaiser und von dieser Schule aus bewältigte er Erstbesteigungen in den Alpen, den An- den und im Kaukasus. Er war dabei, als Paul Bauers Mannschaft 1929 und 1931 am Gangchendsönga - englisch Kang- chenjunga), dem dritthöchsten Gipfel der Erde (8578 m) Geschichte machte. Auf Grund seiner Leistungen bestellte ihn 1936 die Deutsche Himalaja-Stiftung zum ersten Sekretär. Die deutsche Himalaja-Expedition 1939 bestellte Aufschnaiter zum Führer der Re- kognoszierung. Am 4. April 1939 verlie- ßen sie München. Nach dem Abstieg von der Diamiraiflanke am Nanga Parbat mußten Aufschnaiter und seine Bergka- meraden erfahren, daß der Krieg ausge- brochen und ihr zukünftiger Aufenthalt das Internierungslager Dehra Dun (Nord- westindien) wäre und wie es auch wirk- lich für die nächsten viereinhalb Jahre war. In seinem Bericht: „Flucht nach Lhasa 1944-45" (siehe „Kitzbüheler An- zeiger" Nr. 7-1955 ff) schrieb Peter Auf- schnaiter u. a.: „Im April 1944 flüchteten sieben von uns aus dem Internierungslager Dheia Dun. Zwei fuhren mit dem Zuge fort. während Harrer, Kopp, Sattler, Treipel und ich über Nelang zu Fuß gingen. Satt- ler wurde aber durch die Höhenluft (1100 Fuß = 1 Fuß = 0,304 Meter) gesundheit- lich angegriffen und kehrte zurück. Un- sere ersten vier Märsche wurden des Nachts gemacht, entlang des Bhagirathi- Tales hinaus zum Ganges, den wir einige Meilen unterhalb Gangotri kreuzen muß- ten. Von Nelang, weiches ungefähr 50 Meilen südlich von Trisul liegt, gingen wir in nordwestlicher Richtung auf den Sutley (Nebenfluß des Indus) zu, wei- chen wir an einem Punkte, ungefähr 100 Meilen südlich von Hanle erreichten, nachdem wir uns vollständig in einem Labyrinth von Bergen verirrt hatten. Die lokalen Behörden waren durch unsere Anwesenheit sichtlich verwirrt, aber sie halfen uns mit Verpflegung und schickten uns unter Eskorte bis zum Shipkipaß. Ge- rade östlich vom Shipkipaß erhebt sich der Riwo Pargyal, heilig für die Tibetaner, mit seinen 22.000 Fuß sich direkt vom Sutley auftürmend. (Jene Leser, welche ‚Berge und Lamas von Marce Pallis ge- lesen haben, werden sich der dramati- schen Erzählung von den Kämpfen zwi- schen den Kletterern und den Menschen- fressern der Berge erinnern.) Vom Shipki, der bereits 200 Meilen von Indien entfernt ist, marschierten wir die wunderschön gebaut, aber unbenützte Hindustan-Tibet-Straße hinunter bis zur Eisenhängebrücke, die den Sutlej über- spannt. Hier kehrte Treipel am 17. Juni nach lindien zurück. Harrer und Kopp zo- gen aus, um das Spiti-Tal zu erforschen, in welchem später Ludwig Schmaderer 1945, nach seiner zweiten Flucht, in be-
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