Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 10. November 1973 worden, in Kitzbühel und im Umkreis von Turnverein Kitzbühel 1869 zwanzia Kilometern kriprli 1 tel für das Hotel zu beschaffen, so daß ich denn durch Lieferverträge mit reichs- deutschen und schweizerischen Stellen das Unternehmen von der näheren Um- gebung wirtschaftlich gänzlich isolierte. Selbst die Milch wurde ausschließlich in Büchsen aus der Schweiz bezogen. Trotz all dieser Maßnahmen wurde ich eines Tages eiligst zum Bezirkshaupt- mann zitiert. Man eröffnete mir, daß man für die Sicherheit des Grandhotels und seiner Gäste nicht mehr garantieren kön- ne, wenn die Fremden nicht sofort ab- reisten. Was war geschehen? Die Berg- arbeiter der benachbarten Orte - aufge- wiegelt durch die Hetzparole, die deut- schen Gäste trieben den Lebensmittel- preis in die Höhe - drohten mit Erstür- mung des Grandhotels. Um meine ahnungslosen Gäste vor je- der Gefahr oder auch nur Belästigung durch diese Psychose zu schützen, wur- den nun im Einverständnis und mit Unter- stützung des Landeshauptmanns, meines Freundes Dr. Stumpf, umfangreiche Si- cherheitsvorkehrungen getroffen. Mein „Generalstab" bestand aus meinem Kel- lermeister, einem ehemaligen Oberst, und meinem Sekretär, einem früheren Hon- vedritter, hatte diskret in jedem Stock- werk des Hotels die von der Polizei zur Verfügung gestellten Maschinengewehre aufgebaut. Dazu verfügten wir noch über ein Arsnal von zwölf Mausergewehren. Endlich hatte mir der Herr Landeshaupt- mann dreißig neue „Gäste" von der Gen- darmerie unter dem Kommando eines überaus weltmännischen Oberinspektors geschickt. Nach diesen kriegerischen Vorberei- tungen warteten wir mit Ruhe auf den an- gekündigten Sturm. Aber es geschah nichts. Nur der - Briefträger erschien, er war der Vorstand der Sozialdemokra- ten und erklärte grinsend, die Gendarmen sollten ruhig nach Hause gehen: den Bergarbeitern wäre die Lust vergangen. Viel Lärm um nichts also; das Grand- hotel konnte wieder ungestört seiner friedlichen Mission leben - die nicht zu- letzt für die notleidende Bevölkerung Zin- sen trug. Floß doch ein Großteil der in- ternationalen Gelder, die ich zusätzlich bei den regelmäßigen, glänzenden Ball- veranstaltungen abschöpfte, einem Wohl- fahrtsfonds zu, um den sich meine Frau besondere Verdienste erwarb. Und wir konnten stolz sein, wenn dieser Fonds zu Weihnachten unter anderem Hunderte Paar neuer Schuhe für die bedürftigen Kitzbüheler ausschüttete. Schließlich wurde das Grandhotel auch in dieser Zeit als volksverbundener Wirt- schaftsfaktor angesehen und geachtet. In der Zeit nach dem 1. Weltkrieg ging das Streikfieber um und selbstverständ- lich wurde auch das Grandhotel davon erfaßt. Eines Mittags, kurz vor dem Din- ner, fand ich einen Brief auf meinem Schreibtisch, in dem die Kellner einen Blitzstreik androhten, wenn ich nicht die Wer bis jetzt noch nicht drauf gekom- men ist, wie notwendig Skigymnastik ist, der sollte sich überlegen, wie viele Wochen uns noch vom Winter trennen. Je früher man mit der Vorbereitung des Körpers auf die Beanspruchung des Ski-. fahrens beginnt, desto leichter flihrt man und umso höher ist der Genuß schon bei den ersten Abfahrten. Im Turnver- ein Kitzbühel wird in den Turristunden und jene Forderung sofort erfüllte. In die- ser brandkitzligen Situation erschien mein Gast Geheimrat von Opel als spaßhafter Rettungsengel. „Nur keine Sorge, Be- ster , lachte er gemütlich, „bei mir zu Hause streiken noch viel mehr Leute. Da gibt's nur eines: Sie verduften einfach mal - so wie ich das auch gemacht habe! Und den Oberkellner, bitte sehr, den rege ich inzwischen aufs Parkett. Ernst- haft! Unseren Damen müssen sie nur Schürzen geben, dann hat das Grandhotel in Kitzbühel noch nie eine so vernehme Bedienung gesehen!" Gesagt, getan! Ich ging auf Jas ein- leuchtende Rezept des „strategischen Rückzuges" ein und machte mich für ein paar Stunden aushäusig auf eine sport- liche Schlittenpartie. (In den neumodi- schen Arten des frisch aufkommenden Wintersports hatte ich es noch ncht ein - maIs zum Skihaserl gebracht.) Als ich abends von St. Johann aus im Hotel an- rief, konnte ich zu meiner Erleichterung feststellen, daß tatsächlich niemand ge- streikt hatte. Der Geheimrat und seine Damen aber bedauerten noch large, daß sie um eine einmalige Gelegenheit ge- kommen waren, ihre Servierkünste zu beweisen. In der Revue meiner prominenten Kitz- büheler Gäste gedenke ich noch des Chirurgen Prof. Israel, Leibarzt des frühe- ren türkischen Sultans Abdul Harnig. Pro- fessor Israel bot ein Schulbeispie für die Tatsache, daß Größe und Großzügigkeit beileibe nicht immer in einer Person ver- stunden schon seit einigen Wochen flei- ßig Skigymnastik betrieben. Wer daran interessiert ist, kann gerne mitmachen. Vor allem die Skigymnastik mit Musik erfreut sich großer Beliebtheit. Die Uebungszeiten: Für Männer je- den Montag, für Frauen jeden Mittwoch zwischen 20 und 22 Uhr, in den Turn- hallen der Doppelhauptschule. Turnlehrer schwistert sind. Krankhaft geizig, bohrte er mich vor seiner Abreise an, wem und in welcher Höhe er denn Trinkgelder zah- len müsse (die Trinkgelder waren damals noch nicht abgelöst). Mein Hinweis, daß er als weitgereister Gelehrter über die Trinkgeldgepfloge!nheiten am besten Be- scheid wissen dürfte, fruchtete nichts, so daß ich wunschgemäß eine Aufstellung machte. Ergebnis: er hinterließ einen wuchtig versiegelten Umschlag - dessen Inhalt aber zeigte, daß nur die Hälfte der von mir Genannten bedacht war und auch diese nur mit der Hälfte der bezeichneten Beträge. Ich gedenke Walter Rathenaus (1922 Außenminister; schloß den Rapallover- trag mit der UdSSR), dieses echten Ari- stokraten, der neben den Industriemagna- ten Opel, Thyssen, Bosch und Stinnes noch wenige Wochen vor seiner Ermor- dung im Grandhotel war. Auch einige der aufgehenden Nazisterne gingen durch das Grandhotel, wie z. B. Herr Göring mit seiner Frau Karin und deren Schwester, Gräfin Fock. Von Kitzbühel ging ich nach Kufstein (Hotel Post) und von dort nach Baden- Baden (Hotel Beau Sejour und Hotel Sinner Eck), nach Wiesbaden (Hotel Kai- serhof). Im Jahre 1937 konnte ich die Führung vom „Kaiserhof" (300 Betten) schon meinem Sohn Hans übergeben. Feuernotruf Tel. 122 nur für KtzbüheI Rettuna (Rotes Kreuz) Tel. 144
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