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Samstag, 17 November 1973 KitzbüheIer Anzeiger Seite 5 Vollbiologische lentrodklärenluge K'itzbu ""hel Ein Glanzstück der Gemeindepolitik Am 2. November 1973 fand, wie be- reits kurz berichtet, eine Besichtigung der vollbiologischen Zentralkläranlage im Himmelreich durch den Gemeinde- rat statt. Diese wurde auf Wunsch des Referenten für die Kanalisierung Stadt- rat Peter 5 i e b e r e r von Bürgermei- ster Hermann Reisch einberufen.Von den 18 Gemeinderäten nahmen e 1 f an der Besichtigung teil. Nach einleitenden Worten von Stadt- rat Sieberer, in welchen dieser, auf die überaus günstige Lage der Anlage, am nördlichen Ende der Stadt, von drei Seiten von Wäldern umgeben, nahe der Kitzbüheler Ache, hinwies, übernahm Klärwärter Ernst S a 1 v e n m o s e r die Führung. Salvenmoser absolvierte bereits eini- ge Fachkurse über Klärtechnik sowie die Führung von Kläranlagen und wird schon in kurzer Zeit zur Klärmeister- prüfung antreten. Strukturpolitische Er- gänzungen gab Bürgermeister Reisch und weitere technische Daten lieferten zur Erläuterung Stadtbaumeister Ing. Cufer und Ing. Viertl. Bekanntlich wurde die Anlage be- reits anfangs Dezember vorigen Jahres nach erfolgreicher Durchführung von Trockengangproben und dem Einpum- pen von 3000 cbm Wasser, durch die Stadtwerke in Betrieb genommen. Verschiedene Geburtswehen, bedingt durch die Tatsache, daß es sich um ein Werk handelt, das in Tirol allein da- steht, weiters durch Lieferschwierigkei- ten für den technischen Teil, erforder- ten eine längere Einlaufzeit der Anlage. Heuer im Spätsommer erfolgte die tech- nische Komplettierung und so war der neue Klärwärter Salvenmoser in der Lage, die Anlage auf Hochglanz zu bringen. Am Tage der Besichtigung konnte Salvenmoser mit Stolz behaup- ten: ..Wir arbeiten mit 98 Prozent!" Die vollbiologische Zentralkläranlage K.itzhühel wird als Belebtschlammanla- ge mit Großraumbelüftung, Vorklärung und Nachklärung und Schlammnachbe- handlung betrieben. Die Belüftung mit- tels Bürsten bzw. Plattenwalzen kommt den Verhältnissen in fließenden Gewäs- sern sehr nahe und dieses Verfahren hat sich zur Beseitigung der Schmutz- stoffe aus dem Abwasser - Beispiele in der Schweiz, in England und in Deutschland sprechen dafür - auf bio- logischem Wege durch Mikroorganismen gut bewährt. Im Regenentlastungsbauwerk „Sau- rüssel', in das die gesamten Schmutz- wässer und ein Teil der Regenwässer aus dem Kanalisationsgebiet unserer Stadt gelangen. wird die über den fünf- fachen Trockenwetterabfluß hinausrei- chende Wassermenge abgeschieden und der KitzbühelerAche als Vorfluter über- geben. Regenentlastungsbauwerke wur- den weiters beim Hölzlstall (für den Erzbach), beim Haus Klampfer (für ifeh Ehrenbach), beim Traunsteiner-Durch- laß, bei der Hornbrücke, beim Haus Raaber, beim Eisenbahnerwohnhaus und beim Bauhof (diese in die Kitzbü- heler Ache) angelegt. In einem Rohrkanal von 700 Millime- ter Durchmesser gelangen die Schmutz- wässer bzw. ihre fünffache Verdünnung in das Gelände der Zentralkläranlage. In diesem Bereich wurde der Zulauf- kanal als Rechteckgerinne in der Breite von 80 cm mit 1 Prozent Gefälle aus- geführt. Die Abwässer gelangen als erstes zum Grobrechen, wo die größeren und sper- rigen Bestandteile mechanisch entfernt werden. Dieser Rechen wurde als auto- matisch betriebener Greiferrechen mit steil schrägliegenden eisernen Rechen- stäben ausgebildet. Die Steuerung des Rechens geschieht mittels einer Wasser- spiegeldifferenzschaltung. - Hat sich durch Ablagerung von Sperrstoffen ein bestimmmter Stau gebildet, schaltet sich der Mechanismus ein. Anschließend an den Grobrechen wur- de ein Feinrechen angeordnet. Dieser wurde als Radialrechen mit horizonta- len Rechenstäben und vollautomatisch betriebener radialer Rechenharke ein- geplant. Die Steuerung des Feinrechens erfolgt wieder mit einer Wasserspiegel- differenzschaltung (wie beim Grobre- chen), die bei stärkerem Belag des Re- chens die elektrisch betriebene Rechen- harke in Tätigkeit setzt. Die Harke streift die im Rechen hängengebliebe- nen Stoffe ab und befördert sie in den vorgesehenen Rechengut -Zerkleinerer (Rotorzerkleinerer), von wo aus das Re- chengut wieder dem Abwasserstrom zu- geführt wird. Um Sandablagerungen in den Gerin- nen, Verstopfungen in Schlammablaß- leitungen. Verlegungen im Faulraum und im Vorklärbecken zu verhindern, wurde ein Sandfang errichtet, in dem die körnigen mineralischen Bestandtei- le des Rohabwassers von den materier- ten Papieren, Textilien und des Fäzes getrennt werden. Die Räumung des Sandfanges wird mittels eines Sand- saugräumers vorgenommen. Mit einer Membranpumpe, die auf einem auf Schienen geführten Wagen montiert ist und mit der Saugleitung in die Sand- fangrinne reicht, wird der Sand abge- pumpt und in einen ebenfalls auf der Räumerbrücke montierten Sammelbe- hälter befördert. Die Tätigkeit des Sand- saugräumers ist mit einem Zeitschalt- werk automatisch gesteuert. Vom Sam- melbehälter aus wird der Sand mittels Schaufel in den Container geschöpft, der bedarfsweise geleert bzw. zur Lee- rung abgeführt wird. In dem nun folgenden Regenf ein- absehneider wird erreicht, daß nur der zweifache Trockenwetterabfluß in das Belebungsbecken, dem Herz der Anlage, gelangt. Die darüber hinausgehende Menge (über 88 Sekundenliter) wird dem Nachklärbecken zugeführt. Das in den beiden Rechenanlagen und im Sandfang vorgereinigte Abwasser gelangt nun direkt in das Belebungs- becken. Dieses Becken erflielt eine recht- eckige Form von 13.30 x 30 m und eine Wassertiefe von 2,5 m. In diesem Bele- bungsbecken (Belebtschlammbecken) findet die biologische Reinigung der Abwässer statt. Die gelösten Stoffe des Abwassers werden von Mikroorganis- men des belebten Schlammes, vorwie- gend Bakterien, in belebte Flocken um- gewandelt. Größere Stoffe werden ab- sorbiert und von den belebten Flocken umhüllt. In einem längeren Zeitraum werden auch die größeren Teilchen biologisch umgebaut. Die organischen Stoffe des Abwassers bilden die Nahrungsgrund- lage für die Lebenstätigkeit der Mikro- organismen. Für die sich dabei abspie- lenden Oxydationsprozesse wird Sauer- stoff benötigt, der künstlich zugeführt werden muß. Dies geschieht durch .Mammut-Rotoren". Dies sind abge- wandelte Kessnerbürsten (Plattenwal- zen) von 1 m Durchmesser und 6 m Länge, welche Sauerstoff in das Abwas- ser-Schlamm-Gemisch einschlagen und dadurch gleichzeitig eine Fließbewegung erzeugen, die groß genug ist, um den belebten Schlamm in Schwebe zu halten. Die eingerichtete Belüftung im Bele- bungsbecken reicht aus, das Rohabwas- ser vollbiologisch zu reinigen und den Schlamm zu stabilisieren. Die Zentralkläranlage Kitzbühel ist in ihrem Sauerstoffeintragungsvermö_ gen über einen weiten Bereich regelbar, so daß sie wechselnden Belastungen leicht angepaßt werden kann. Zur Grob- regelung über einfache Schaltuhren ist das Abschalten einer ganzen Einheit möglich. Die stufenlose und vollauto- matische Feinregelung geschieht durch Steuerung der Ueberfallwehre am Aus- lauf und damit der Eintauchtjefe der Rotoren. Damit ist das höchste Maß an Be- triebssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer erreicht! Das belüftete Abwasser-Schlamm-Ge- misch fließt nun vom Belebungsbecken in das Nachklärbecken. Hier trennen sich der flockig belebte Schlamm und das gereinigte Abwasser. Wegen der ge- ringen Absetzgeschwindigkeit des Flok- kenschlammes und um einen schlamm- freien Ablauf zu erhalten, muß die Auf- enthaltszeit auch bei höchster Belastung noch etwa zwei Stunden betragen. Das Nachklärbecken wurde als Rund- becken mit einem Durchmesser von 26,60 Metern erbaut. Das gereinigte Abwasser wird über eine Dückerleitung dem Mit-
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