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Samstag, 23. März 1974 Kitzbüheter Anzeiger Seite 9 Bürgermeister Alois Ritter zum Gedenken 1 - Am 10. März 1974 starb, wie bereits berichtet, im LandeskrankenhaUS Inns- bruck nach kurzer schwerer Krankheit Bürgermeister Alois Ritter, Reith, im Alter von 51 Jahren. Im neuen Ge- meindehaus berief am 11. März Vzbgm. Egid Jöchl eine Trauersitzung ein, bei welcher er sich mit folgenden Worten von dem Verstorbenen verabschiedete: „Unser lieber Freund und Bürger- meister Alois Ritter ist nicht mehr. Er hat sich für immer von uns verabschie- det in ein besseres Jenseits. Dieses Haus, das unter seiner Führung erbaut wur- de, und dieser Stuhl, der heute zum erstenmal leer ist, ist verweist. DasWohl der Gemeinde war ihm eine Lebensauf- gabe. Viele Stunden seines Lebens hat er um Gotteslohn dafür verbracht, um den Leuten Gutes zu tun. Wir werden ihn nicht vergessen!" Das Begräbnis am 15. März wurde zu einer großen Trauerkundgebung der ganzen Gemeinde und des Bezirkes. Ei- ne unübersehbare Menschenmenge folg- te seinem Sarg bis zur Aussegnung vor dem neuen Gemeindehaus und zur Pfarrkirche, wo der Seelengottesdienst gefeiert wurde. Unter Vorantritt der Musikkapelle und der Schuljugend fand der Auszug aus dem Trauerhause statt. Beim Tisch- lerwirt erwarteten den Trauerzug die Schützenkompanie „Viertel Reit", die Freiwillige Feuerwehr, die Heimkehrer- kameradschaft, der Sportverein und der Kirchenchor. Bei der Aussegnung vor dem Ge- meindehaus sprachen Vzbgm. Egid Jöchl im Namen des Gemeinderates, Ober- kommissar Dr. Karl-Heinz Höfle im Na- men des Bezirkshauptmannes, Bgm, Ing. Herbert Paufler im Namen des Ti- roler Gemeindeverbandes, Bürgermei- ster Hermann Reisch im Namen der Bürgermeister des Bezirkes und LAbg. Komm-Rat Christian Huber im Namen des Ehrenbürgers der Gemeinde Reith und Landeshauptmann von Tirol so- wie im Namen des öffentlichen Lebens von Land und Bezirk. Die Aussegnung wurde vom geistli- chen Bruder des Verstorbenen Dom- kapitular Dr. Sebastian Ritter, Direktor der e. b. Finanzkammer der Erzdiözese Salzburg, vorgenommen. An der Spitze der hochwürdigen Geistlichkeit stand Weihbischof Jakob M a y r. Mit ihm er- wiesen dem Verstorbenen die Ehre des letzten Geleites und des Gebetes: Vom Domkapitel Regens Leonhard Lüfteneg- ger und Kanzler Johann Maier, vom Borromäum Reg. Roman Poithner und Präfekt Martin Walchhofer; von der Finanzkammer Dr. Walter Sparber; weiters Dekan Alois Dialr, Kanonikus Simon Dietmann, Pfrarrer in Hofgastein, Monsignore Johann Reitmeier, Kirch- berg, die Pfarrherren Josef Schnöll, Thiersee, Josef Stifter, Fieberbrunn, Se- bastian Manzl, Reith bei Brixlegg, und Johann Schillinger, Niederndorf, ein Kriegskamerad des Verstorbenen. In der Pfarrkirche hielt Ortspfarrer Ferdinand Babnik eine Ansprache mit folgendem Inhalt: „Ein schwerer Verlust hat uns zu die- ser Trauerfeier versammelt. Im tiefen Mitleii begrüße ich die Angehörigen des Ve'storbenen. Dankbar begrüße ich Sr. Exzellenz Weihbischof Jakob Mayr und alle Mitbürger und alle Trauer- gäste. Wir verabschieden uns heute von einem Mann, der als guter Vater für seine Familie und als Bürgermeister für seine Gemeinde gelebt hat. Zu früh und unerwartet hat er uns verlassen. Er war ein Mann, der in den Stürmen des Le- bens unbeugsam und fest gestanden ist, sein Heim wie auch die Pfarrgemeinde aufgebaut hat. Für alle war er als Bür- germeister da! Einem jeden hat er ge- holfen. wieweit er nur konnte. Oft ha- ben wir aus seinem Munde gehört: Von einem guten Einvernehmen und der Zu- sammenarbeit zwischen der Gemeinde und der Pfarrgemeinde, zwischen dem Bürgermeister und dem Pfarrer hängt das Wohl der Gemeinde ab. Wie er es gemeint hat, so hat er auch, gehandelt. Diese seine Einstellung verpflichtet die Pfarrgemeinde zum besonderen Dank. Vo zwei Wochen kam er in den Pfarrhof und hat mir einen kurzen Brief diktiert. Anlaß war sein Ausschei- den als Bürgermeister. Der Brief sollte aber erst nach den Gemeinderats- wahlen vervielfältigt und an alle Ge- mein ebewo'hner verteilt werden. Nun ist aus diesem Brief ein Abschiedsbrief aus dem Leben und ein letzter Gruß an Euch geworden. „Liebe Reither! Indem ich aus dem Gemeindegeschehen ausscheide, möchte ich mich von Euch mit diesen wenigen Zeilen verabschieden. Ich habe mehr als die Hälfte meines Lebens für die Ge- meinde gewirkt. Ich möchte alle, de- nen ich Unrecht getan haben sollte, um Verzeihung bitten. Jene, denen ich Gu- tes getan habe, brauchen mir nicht zu danken, denn es war meine Pflicht. Ich wünsche, daß mein Nachfolger mit seinem Gemeinderat so in Frieden zum Wohle der Gemeinde arbeiten kann, wie es mir der liebe Herrgott vergönnt hat." Nicht die geringste Bitterkeit deute- ten diese Worte an. Pfarrer Babnik fuhr fort: „Lieber Bürgermeister! Groß warst Du in Deinem Wirken,, groß in Deinem Leid. Der Abschied von Dir kommt uns sehr schwer, aber wir werden Dich, in lieber dankbarer Erinnerung nie ver- gessen." Den Seelengottesdienst feierte Dom- kapitular Dr. Sebastian Ritter unter As- sistenz von Kanonikus Simon Dietmann und Pfarrer Ferdinand Babnik. Der Kir- chenchor unter der Leitung des Gast- Dirigenten Alois Tonini führte die latei- nische Messe von Johann Obersteiner, vor etwa hundert Jahren noch Lehrer in Reith, auf. Abschiedsworte des geistlichen Bruders „Es wurden heute schon viele Worte zum Abschied von Alois Ritter gespro- chen. Es nahmen Abschied von ihm die Gemeinde, die Oesterreihische Volks- partei, die Vereine, die Pfarrgemeinde, die Berufsvertretungen, die Behörden und die Gemeindevertretungen aus nah und fern. Mir obliegt es, Worte des Ab- schiedes für die Familie zu sagen. Denn am bittersten ist der Abschied und am größten der Verlust für die Familie. Unser Lois war ein tief familienver- bundener Mensch. Schon als Bub, als Jungmann, als Frontsoldat und als Nach- folger im väterlichen Erbe war er ein guter Sohn seiner Eltern. Er war ein guter Gatte und Vater und darüber hin- aus ein guter Göd für seine Palenkin- der und guter Vormund von Waisen- kindern, ein guter Gemeindevater der Jugend. Sein herzliches Wesen, seine stete Hilfsbereitschaft, sein menschli- ches Verständnis und seine unermüdli- che Sorge haben uns viel gegeben. Vielleicht kommt dies alles am deut- lichsten zum Ausdruck in einem Wort, das unsere sterbenskranke Mutter in den letzten Tagen ihres Lebens gesagt hat: ‚Ich werde es dem Himmelvater schon sagen, wie gut ihr zu mir gewe- sen seid!' Ein solches Wort der Mutter vor dem Sterben hat ihm mehr bedeu- tet, als dies eine Millionenerbschaft vermocht hätte. Unser Lois war ein heimatverbunde- ner Mensch. Dieses Stück Erde, dieses Stück Heimat, das uns die Eltern erhal- ten haben, das hat gerade er über alle Maßen geliebt. Vielleicht hat bei uns Frontsoldaten diese Sehnsucht und die
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