Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. April 974 ter der Skipiste" nach der Dämmerung in einen „Ritter der Nacht". Koller: „Früher war halt der Skileh- rer noch ein Halbgott. Dem hat man ja alles abgenommen, was er erzählt hat. Und natürlich gab's da viele Roman- zen. Aber warum soll's auch keine Lie- beleien geben? Das wäre doch traurig!" Doch diese Zeit ist endgültig vorbei. „Heute wollen unsere Skischüler kein Erlebnis, sie wollen sich nicht erholen - sie wollen effektiv lernen" analy- siert Keller. Und lernen müssen auch noch die „roten Teufel". Jährlich fin- det im Herbst ein Fortbildungslehrgang statt, wo man für einige Tage zusam- menkommt, um sich weiterzubilden, um ständig up to date zu bleiben. Da gibt's auch kein Aufmucken. Keller: „Das ist absolute Pflicht bei uns!" Doch, wie wird man ein „roter Teu- fel"? „Bei uns kann sich jeder melden, der einigermaßen skifahren kann", sagt Koller. Jr wird dann von uns proviso- risch ausgebildet und kann später prak- tisch unterrichten, wenn er weiterma- chen will. Nach zwei Jahren aber muß er sich zur Aufnahme an die Landesski- lehrerschule melden. Wenn er die Prü- fung besteht, kann er dann nach wei- teren zwei Jahren die staatliche Skileh- rerprüfung ablegen. Natürlich sind der Kern der „Teufels- garde" Kitzbüheler, und natürlich ist eine Menge prominenter Namen dabei: Fritz Huber, Rudi Sailer oder Christian Pravda. Koller: „Wir sind sehr bestrebt, enge Verbindungen mit den ehemaligen Rennläufern herzustellen. Denn die sind weil die Masse der Skifahrer, immer schneller wird, am besten für den Ski- lehrerberuf und dessen Zukunft geeig- gleichsam der Schlußstein dieses literari- schen Denkmals, faßt in seinem gewalti- gen Umfang von 806 Seiten jene Bei-ei- che des kulturellen, künstlerischen und wirtschaftlichen Lebens der Stadt zusam- men, die in den vorausgehenden, speziel- len Themen gewidmeten Bänden zu kurz gekommen sind. Es kann hier nicht auf jeden einzelnen der 13 Beiträge einge- gangen werden: Es ist aber für ein katho- lisches Land wie Tirol selbstverständlich, daß neben den Kunst- und Wissen- schaftszweigen auch der religiösen Ent- wicklung in der 700jährigen Geschichte der Stadt Kitzbühel entsprechende Auf- merksamkeit zugewendet wird. Die von Johann N e u h a r d t vermittelte Kitz- büheler Seelsorgegeschichte zeigt, daß die Kirche in all den sieben Jahrhunder- ten im Leben der Stadt präsent war. Epo- chen ruhiger Entwicklung folgten aller- dings auch hier Zeiten religiös-sozialer Wirren und Spannungen, wie der Beitrag von Grete M e c e n s e f f y über das Täufertum in Kitzbühel deutlich macht. Die stummen Zeugen der Volksfrömmig- keit, die vielen Kapellen und Wegkreuze in und um Kitzbühel, denen Dieter A s s - m a n n seine liebevolle Aufmerksamkeit gewidmet hat, bezeugen die Religiosität net. Doch nicht nur Einheimische fin- den bei uns Aufnahme. Hin und wieder stößt auch einer von auswärts dazu. Aber da setzen wir einen hohen Maß- stab an - denn schließlich muß er zu uns passen." Wir haben viele aus dem Baugewerbe, dann Bauernsöhne, die im Winter nicht soviel zu tun haben, und einige aus dem Sportlehrerberuf. Also Schwimm- lehrer, Tennislehrer usw., Leute, die einen erlernten Beruf haben, zu dem sie jederzeit ganz zurückkehren kön- nen". In den „roten Teufeln" ist ein bei- nahe konträrer Geist primär. Koller: „Wir fassen unseren Beruf nicht als Arbeit im ursprünglichsten Sinn auf. Wir laufen alle leidenschaftlich gerne Ski das ist einer der wesentlichsten Punkte bei uns überhaupt. Die Basis für unseren Erfolg. War Franz Reisch mit seinen damals belächelten Holzlatten der erste Ski- pionier Kitzbühels - so hat er in Karl Koller einen zumindest ebenbürtigen Nachfolger erhalten. Einen vom Ski- lauf Besessenen, der als „der Teufel Ge- neral" Tag für Tag ein strenges Regime führt und es sich auch nie nehmen läßt, die Gruppeneinteilungen selbst vorzu- nehmen. Hauptquartier der Skischule ist der Pfleghof, als ehemalige Kornkammer eines der ältesten Gebäude Kitzbühels. Hinter dem versteckt liegenden und leicht zu übersehenden Eingang liegt das Herz der Truppe. Das kleine Zim- mer Kollers ist spartanisch eingerichtet - den meisten Platz beansprucht ein zweiteiliger Karteikasten mit den Li- sten aller Skilehrer. Einziger Luxus un- der Bevölkerung. In und um Kitzbühel be- finden sich auffallend viele solcher Denkmäler, die in ihrer unaufdringlichen, der Landschaft angepaßten Schlichtheit nicht unwesentlich zur Durchformung die- ser Kulturlandschaft beitragen. Einen „Blick in das Leben der Stadt" betitelt W i d m o s e r bescheiden seinen zentra- len Beitrag zur 700jährigen Stadtge- schichte. Eines darf in einem Stadtbuch von Kitzbühel auf keinen Fall fehlen, was der Stadt Weltruf und wirtschaftlichen Aufschwung gebracht hat, der Winter- sport. Die Erzadern sind versiegt, die Fahrt in den Berg lohnte sich nicht mehr, da bot der Skilauf die Fährt auf die Ber- ge und der damit zusammenhängende Skizirkus reichen und vielleicht weniger mühsamen Ersatz. Und so steht als Schlußakzent im großen Stadtbuch die Geschichte des Kitzbüheler Skilaufs. Martin W ö r g ö t t e r weist in seinem Beitrag nach, daß Kitzbühel zu einem Zentrum der alpinen Skitechnik und zum Mekka der Skisportler aus aller Welt ge- worden ist. Damit ist dieses gewichtige Werk, das sich schlicht Stadtbuch nennt, vorgestellt. Es wird wohl noch lange, was Umfang und Ausstattung betrifft, in seiner Kate- ter dem an ein kleines Burgkämmer- chen erinnernden Gewölbe ist eine Ge- gensprechanlage, der Türsummer und das vergoldete Türschildchen auf dem dunkel gebeizten Holztor, das den Weg zu „Direktor Karl Koller, Manager" weist. Hier drinnen düftelt Koller seine Ideen aus: Den Kurzski, den er einführte und über den er schon 1952 vor dem Inter- ski in Davos ein aufsehenerregendes Referat hielt. Das Goldene Skibuch. Eine Anlei- jung zu 60 verschiedenen Abfahrten in :1er Umgebung (itzbühels, die die Mas- se von den übervölkerten Skipisten weg- ziehen soll. Der Kinderskigarten - Kollers be- deutendste Idee. Sie hat weltweit wie eine Bombe eingeschlagen, und darüber st er „sehr glücklich, weil mir Kir.der immer am Herzen gelegen sind". Eine Unterrichtsmethode, die auf Spiel und Lernen im Unterbewußtsein aufgebaut ist. - Die Trennung der Skipisten für gute und schlechte Fahrer. Eine Idee, die den Pistenkönnern die Freude am Fahren wiedergeben soll. Dort also sitzt Karl Koller, der „Ober- teufel", täglich, brütet über Neues und teilt seine Skilehrer ein. Auch jene bei- den „Teufel", die's vielleicht am schwer- sten von allen gehabt haben: den 66- jährigen Karl Ueberall und den 67jäh- rigen Fritz Schweinester, aus der Garde der alten Skischule. Erst nach zwei Jah- ren als Skiträger durften sie damals mit ihrer ersten Gruppe skilehrern. Doch nichts könnte den Geist der Kitz- orie einsame Spitze bleiben. Es wird si- cher manchen neidvollen Kritiker geben, der die Herausgabe eines so pompösen Stadtbuches als Großmannssucht und Frotzentum bezeichnen mag, aber dem sei zu bedenken gegeben, daß schon oft genug wichtige kulturelle Unternehmun- gen an der Engherzigkeit der Geldgeber gescheitert sind; und warum soll eine Stadtgemeinde, die es sich leisten kann, nicht auch einmal ihre eigene Vergangen- heit in einem Feiertagsgewand präsen- tieren Man kann ohne Uebertre:ibung sa- gen, die Stadtväter von Kitzbühel haben kBine Kosten gescheut, um ihren Mitbür- ggrn ein würdiges literarisches Erinne- rungszeichen zu setzen, und der Verlag hat alle Register drucktechnischer Ver- fahren spielen lassen, um dieses Pracht- werk zu schaffen. Für den auch wissen- schaftlich auf hohem Niveau stehenden Ir-halt und seine Koordinierung, für die si- cher oft mühsamen Verhandlungen mit Autoren und Verlag, darf sich der Schrft- leiter nach jahrelanger aufopfernder Tä- tigkeit für dieses Werk wohl mit Recht als Baumeiter dieses seiner Heimatstadt gewidmeten Denkmals bezeichnen. Richard B 1 a a s (Wien)
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