Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger - Samstag, 20. Juli 1974 In der „Tourist Austria International" wurde in der Spalte „Aktuell" ein gro- ßer Bericht über die Untersuchung des US - Marktes durch einen österreichi- schen Experten des Tourismus gebracht. In dieser Aussage kommt man zu dem Schluß, daß Österreich darauf und dar- an ist, den nordamerikanischen Markt zu verlieren. Diese Erkenntnis ist, wenn auch nicht ganz neu, doch im gewissen Sinne richtig und vor allem besorgnis- erregend. Besorgniserregend aber ist allerdings die Begründung, warum die Amerikaner in verringertem Maß nach Oesterreich kommen wollen. Nicht we- gen der Inflation, nicht wegen der Teue- rung und nicht wegen der Schilling- Dollar-Parität meiden die US-Bürger in Zukunft unser Land, sondern wegen der hohen Hotelpreise, und der zu teu- ren touristischen Nebenleistungen, sagt man. Längstens hier, und das steht am Anfang dieses Berichtes, muß man im Lesen innehalten, denn wenn die Infla- tion nichts mit den Preisen zu tun hat, dann geht man bei dieser Betrachtung von ganz neuen Aspekten der Betriebs- und der Volkswirtschaft aus. Wie man es in der herkömmlichen Literatur nach- lesen kann, ist die Inflation die Folge von immer schneller ansteigenden Prei- sen. Die steigenden Preise wieder sind nichts anderes als der Ausfluß einer steten Verteuerung der Lohnkosten und Materialkosten sowie das Anwachsen des Steuerdrucks auf die Unternehmung und somit das Ergebnis einer Wirt- schaftspolitik, von der man auf jeden Fall sagen kann, daß sie auf den Frem- denverkehr in Oesterreich noch immer keine Rücksicht nimmt. Wenn weiters behauptet wird, daß die Schuhingauf- wertungen und die Dollarabwertung - um bei. der US-Währung im speziel- len Falle zu bleiben - auf die Disposi- tion des amerikanischen Gastes keinen Einfluß hat, dann muß eine Verkennung von Ursache und Wirkung vorliegen, denn in Wahrheit ist es gerade die Währungspolitik, die dem Fremdenver- kehr einen Tiefschlag nach dem ande. ren versetzt, abgesehen von der exor- bitanten Uebersteuerung, der das öster- reichische Hotel- und Gastgewerbe un- terworfen ist und - wie alle Fachleute wissen - in Europa einen stolzen Ne- gativrekord darstellt. Tatsache ist doch, daß für den ausländischen Gast der Schilling mit jeder Aufwertung teurer geworden ist und sich dieser Effekt bei gleichzeitiger Abwertung einer konver- tiblen Währung, wie es beim US-Dollar eben der Fall war, verdoppelt. Dem Gast ist das Abkommen von Bretton Woods und das Prestigedenken von Po- litikern völlig egal. Er denkt einzig und allein und vollkommen richtig nur be- triebswirtschaftlich und trifft seine Ent- scheidung in den meisten Fällen nach rein kommerziellen Ueberlegungen und Vorteilen, diese liegen einmal dort, wo der Käufer der Dienstleistung für sei- nen Dollar mehr bekommt, sprich, wo der Tourist mit seinem Dollar eben bil- liger lebt. Der Bericht wird mit der Erkenntnis fortgesetzt, daß viele Amerikaner auf Grund der Hotelpreise und hohen Ko- sten der touristischen Nebenleistungen in den Osten EuroDas übersiedeln. Es wird dabei aber nicht gesagt, daß im Westen eine freie Marktwirtschaft vor- herrscht und im Osten ein vom Staat dirigiertes Preisregulativ, welches, wie den Kennern der Situation bekannt ist, zu den sicherlich zu fürchtenden Dum- pingpreisen führt, die aber durch das wohl einwandfrei bessere Angebot des Westens nicht beeinflußt werden kön- nen, denn betriebswirtschaftliche Über- legungen sind dort eben zweitrangig. Was der Berichterstatter mit touristi- schen Nebenleistungen wirklich meint, ist ebenfalls nicht eindeutig klar. Meint er z. B. die Liftpreise oder Skischuiprei-. se, dann ist die vertretene Ansicht nicht richtig, denn hier hält Oesterreich noch immer dem internationalen Vergleich und insbesondere dem mit Amerika stand, meint er aber die sogenannten Extras, dann hätte der Berichterstatter in einem Atemzug und zur Klarstellung der Situation sagen müssen, daß die hohen Preise von den hohen Steuern kommen. Wenn für eine Flasche Wein z. B. der Preis von 100.— 5 zu entrich- ten ist, so sind in diesem Preis rund 50.— S Steuer enthalten, und das ist dem Amerikaner sicherlich nicht be- kannt. Er ist deshalb auch nicht bereit, mit der Alkoholsteuer den Staat exor- bitant mitzufinanzieren, folglich dem österreichischen Markt außerordentlich abträglich, aber bestimmt nicht die Schuld des Hoteliers bzw. Gastronomen. Der Bericht klingt aber so, als ob es der Fremdenverkehrsunternehmer wä- re, der als Preistreiber sich den Markt selber ruiniert, denn wenn es die Schil- lingaufwertungen nicht sind und auch nicht die Teuerungen bzw. die Infla- tionsraten, dann muß der Laie wohl zur Ansicht kommen, daß wieder einmal das Fremdenverkehrsgewerbe die Schuld an der Lage trägt. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß die Schuld wo anders zu suchen und zu finden ist und sich die Lage, wenn wir beim Amerikageschäft bleiben, so lang nicht bessern wird, so lange man in der Regierung den Fremdenverkehr für volkswirtschaftlich unbedeutend und in- kompetent abtut. Hier liegt die Wurzel allen Uebels, aber der Berichterstatter hat es leider versäumt, von der Wir- kung auf die Ursachen zu schließen. - Pianist ohne Allüren Klavierabend Laszlo Varsanyi im Fest- saal der Handelskammer Kitzbühel Als kürzlich der Budapester Pianist La szlo Varsanyi seinen Klavierabend mit dem ersten arpeggierten Akkord der Beethoven-Sonate Op. 31-2 begann und mit viel Pedal verzittern ließ, ahn- te noch niemand, welcher Entladungen und Bravourleistungen der Solist fähig werden könnte. Lag es am Flügel - ein ungewöhnlich harter Blüthner (Schuld der vermittelnden Agentur!) -‚ lag es daran, daß der Pianist vorerst distanziert und leger, nur nicht „ge- spannt" wirkte; jedenfalls brachte man den Eindruck nicht los, daß ihm die letzte Beziehung zu Beethoven fehlt, wenngleich man den Kampf mit dem Flügel merkte. Die beiden ersten Sätze Largo-Allegro und Adagio wirkten nur mehr oder weniger brav und gelungen gespielt. Auch beim Allegretto (3. Satz), gewiß recht schön gespielt, blieb letzt lieh das gewisse Etwas aus. - Mit dem folgenden Impromptu Op. 90-2 von F. Schubert gelang es Laszlo Varsanyi noch immer nicht, Spannung aufzubau- en. (Das Psychologische eines Auftritts, man könnte sagen das „Verkauf spsycho- logische", scheint ihm unbekannt oder zuwider zu sein.) Man hörte gerne zu, hatte aber dieses Impromptu sicher schon perlender spielen gehört. Es ge- lang auch nicht nahtlos - ebenso we- nig e nig wie das folgende Impromptu Op. 142-2. Man bewunderte bis dahin die sichere linke Hand; daß auch die rechte gut läuft, erwies sich beim virtuosen Impromptu Op. 90-2. Das Scherzo b-Moll von Chopin zeig- te Varsanyi aber plötzlich von einer ganz anderen Seite: die rechte Hand glasklar, das Spiel vollgriffig. - Man merkte, hier ist er zu Hause; das ist seine Richtung. Und man war nun auch mit dem Flügel einigermaßen einver- standen. Ja, das war Chopin! Jetzt merkte man den „Zupacker", den Durch-und-durch-Musikanten" - auch den Routinier. - Schließlich das Liszt- Programm nach der Pause! Gewiß, zwei Rhapsodien in einem Programmteil - wenn sie auch noch so wirkungsvoll sind - scheint auch dann zviel, wenn ein Ungar spielt. Dazu der programma- tische Mißgriff (oder die Reverenz an das Publikum?) mit dem „Liebestraum", diesem meisterlichen Meisterkitsch (ver- gleichbar Sindings „Frühlingsrauschen"). Aber die Technik und der Impetus, mit der diese ungemein schwierigen, teils an der Grenze der Bewältigungsmög- lichkeit angesiedelten Stücke gespielt wurden: die an sich gut gebaute und sehr wirkungsvolle Rhapsodie Nr. 13, die bekannte, harmonisch und rhyth- misch interessante „Tarantella", das bloße Effektstück „Die Jagd" und schließlich die Rhapsodie Nr. 15 (Ra- koczi-Marsch-Thema!). Hier wohl, bei diesem technisch schwierigsten Pro- Es ist nicht die Inflation, es sind die teuren Preise? von FVV-Direktor Dkfm. Dr. J. Ziepi
< Page 7 | Page 9 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen