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Samstag, 17. August 1974 Kitzbüheler Anzeiger Seite 7 nicht. Ich fahre übrigens nicht einmal pro Jahr, sondern zweimal nach Kitz- bühel. Einmal im Sommer und einmal im Winter. Meine Frau ist immer da- bei. Und sobald meine Enkelkinder groß genug sind, werden wir sie auch mitnehmen. Sie freuen sich schon rie- sig, denn immer wenn wir heimkom- men, erzählen wir ihnen, wie herrlich es hier ist. BUNTE: Und was machen Sie hier so den ganzen Tag? Van t'Veen: Ich wandere im Sommer täglich bis zu 25 Kilometer. Das er- frischt mich, dabei bin ich am Abend überhaupt nicht müde. Ich gehe dann noch aus und tanze. Wenn ich zurück- komme, nehme ich ein Bad und freue mich gleich wieder auf den nächsten Tag. Ich finde die Umgebung hier wunderschön, die Luft ist wohltuend und die Leute sind nett. Was brauche ich mehr? - BUNTE: Wie sind Sie denn gerade auf Kitzbühel als den - wie sie sagen - idealen Urlaubsort gekommen? Es gibt doch wirklich noch andere schöne Plätze in Europa. Van t'Veen: Ich bin durch ein Reise- büro hergekommen, nachdem wir lange Zeit auf der Suche nach einem idealen Urlaubsort waren. Wir waren in Bel- gien, Luxemburg, Italien, Frankreich und Deutschland. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Städte wir gesehen ha- ben. Ich bin kein reicher Mann, des.- halb waren wir immer im Autobus mit Reisegesellschaften unterwegs. Ueber- all hielten wir Ausschau nach einem idealen Platz, wo wir dann bleiben könnten. Hier in Kitzbühel haben wir ihn gefunden. Seither ist für meine Frau und mich dieser Ort zu einem zweiten Zuhause geworden. Wir ver- bringen im Sommer 17 und im Winter zehn Tage hier. Wir fühlen uns sozu- sagen schon als Kitzbüheler. BUNTE: Im Winter kommt man ja nur zum Skifahren hierher. Fahren Sie auch Ski? Van t'Veen: Ich? Nein, skifahren war ich noch nie. Ich fahre mit dem Pferde- schlitten ferde schlitten und gehe rodeln. Skifahren werde ich sicherlich nicht, aber Sie können mir glauben, ich fahr' auch mit der Rodel ganz schön schnell. BUNTE: Es gibt eine ganze Menge Oesterreicher, die haben zu Recht oder Unrecht - alles Mögliche gegen Kitzbühel einzuwenden. Manchen ist es zu teuer. Andere sind mit der Be- handlung nicht zufrieden. Man meint vielerorts auch, hier sei man eher an Ausländern als Gästen interessiert denn an Oesterreichern. Sagen Sie uns doch, was Sie an diesem Kitzbühel so großartig finden. Van t'Veen: Hier stimmt alles. Die Luft ist gut, die Leute sind gastfreund- lich, gemütlich und ehrlich. Solche Menschen ziehen mich einfach an. Ich habe das anderswo einfach noch nie kennengelernt. Ich bin ja nicht der ein- zige, der das sagt. Es gibt viele Hollän- der, die immer wiederkommen und genauso denken wie ich. Wenn ich zum Beispiel an Belgien denke! Wenn ich dort in einem Lokal zahlen möchte, dann will mich keiner verstehen. Wenn ich dann aufstehe und gehe, sind sie plötzlich alle hinter mir her. Hier ist das ganz anders, hier ist ein herzlicher Kontakt mit den Gästen. BUNTE: Ja. Aber wie erklären Sie sich die Krise, die es gerade heuer im öster- reichischen Fremdenverkehr gibt? Vie- le Gäste bleiben aus, besonders in Plät- zen wie Salzburg oder Kitzbühel. Am 8. Mai 1974 erhielt das Kitzbühe- ler Heimatmuseum einen interessanten Besuch. Siegfried Oberleitner, ge boren 1934 in Dreizehnlinden, dessen Eltern mit dem ersten Transport am 8. September 1933 - einen Tag nach ihrer Heirat - nach Südbrasilien aus- wanderten und sein Onkel Oekonomie- rat Josef Oberhauser zu Unterlei- ten in Kitzbühel. Friedi Oberleitner ist einer der ersten Nachkommen einer Kitzbüheler Fami- lie, der in Dreizehnlinden geboren ist. (Auch der Sohn der Eheleute Lorenz Leitner und Gattin geb. Schott, gehört dazu.) Friedi Oberleitner unternahm seine Friedi Oocrleitner (rechts) mit seinem Onkel Oekonomierat Josef Oberhauser, Bauer zu Unterleiten in Kitzbühel, bei der Alfons-Walde-Ausstellung im Kitzbüheler H e m atm u s e um Van t'Veen: Das ist doch eine ganz all- gemeine Erscheinung, das gibt es ja nicht nur hier. Ich glaube sogar, daß der Rückgang in der Touristik in Oester- reich noch am allerwenigsten zu spü- ren ist. Hier in Kitzbühel merke ich überhaupt nichts davon. Das Hotel, in dem ich wohne, ist immer voll. BUNTE: Für Sie ist also Kitzbühel das Urlaubswunderland. In dieser Ueberzeugung kann Sie nichts erschüt- tern. Kennen Sie irgendwelche be- kannten Oesterreicher? Van t'Veen: Ja, natürlich. Toni Sai- 1er, Karl Schranz, Annemarie Pröll und den Fritz von der Sesselbahn. Au- ßerdem habe ich zu Hause in Holland 550 Schallplatten von Oesterreichern wie Strauß, Mozart und anderen. erste Europareise am 5. April 1974, knapp nach Erreichung seines 40. Le- bensjahres. Er erlernte bei seinem Va- ter Fried]. Oberleitner d. Ae. in Drei- zehnlinden das Tischlerhandwerk und gründete mit seinem Freund Conrad Wagner, der ebenfalls bei Vater Ober- leitner das Tischlerhandwerk erlernte, eine Fabrik zur Erzeugung von Plastik- waren. Die Fabrik beschäftigt an die hundert Facharbeiter und ist für Groß- aufträge geeignet. So erhielt Friedi von der brasilianischen Regierung für das neue Fußballstadion in Curitiba (eine Stadt mit 800.000 Einwohnern) vorerst 40.000 Plastiksesseln zu liefern. In Europa besuchte Friedi Oberleit- ner die Messen in Frankfurt und Mai- land sowie Geschäftsfreunde und Ver- wandte in Wien. Sein Stammsitz in Europa war jedoch der Hof Unterleiten in Kitzbühel, wo sein Vater seine Ju- gend verbrachte. Ueber die Auswanderung von Friedi Oberleitner d. Ae. schrieben die „Kitz- büheler Nachrichten" vom 2. September 1933: „Ein Kitzbüheler geht mit nach Süd- amerika!" Mit Minister Thaler, der am 8. Sep- tember 1933 die Reise nach Südamerika mit einer Anzahl Tiroler antritt, wan- dert Friedl 0 b erl e 1 t n e r, Bauern- sohn von Unterleiten am Sonnberg, nach Südamerika aus. So sehr man dem sympathischen jungen Mann bei sei- nem Suchen einer neuen Heimat Glück wünschen kann, so bedenklich muß man auf der anderen Seite werden, wenn man durch das Auswandern intelligen- ter, kräftiger Bauernsöhne daran er- innert wird, daß ihnen die Heimat nicht Gelegenheit für eine erfolgreiche Lebensarbeit geben kann. - Eine zweite bekannte Gestalt im öffentlichen Leben von Kirchberg, Kooperator Reitmeier, verläßt Besuch aus Dreizehnlinden im Kitzbüheler Heimatmuseum
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