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Samstag, 30. November 1974 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Vorweihnachtliche Kammermusik Das Kulturreferat der Stadt Kitzbü- hel veranstaltet am Mittwoh, 4. De- zember um 20 Uhr im Festsaal der Ti- roler Handelskammer in Kitzbühel, Hahne'nkammstraße, einen Kammer- musikabend. Die Ausführenden sind: Martin M u m e 1 t e r (Violine), Max Engel (Cello) und Kurt Neuhau- s er (Cembalo). Vortragsfolge: G. Frescobaidi (Toc-. cata per Spinettina e Violino); J. S. Bach (Adagio cantabile aus der Sonate für Solovioline g - Moll, BWV 1001); J. S. Bach (Sonate f. Violine und Cem- balo A-Dur, BWV 1015); St. Paluselli (Vier Stücke für Cembalo); G. Ph. Te- lemann (Sonate e-Moll für Cello und Cembalo); J. S. Bach (Sonate für Violi- ne und Cembalo G-Dur, BWV 1019). Kartenvorverkauf in der Geschäfts- stelle des Fremdenverkehrsverbandes Kitzbühel, Hinterstadt, Telefon 2155 und 22 72. Eintritt S 55.— inklusive MWSt. Hierzu schreibt der Kulturreferent der Stadt Kitzbühel, SR Gerhard Resch: Verehrte Musikfreunde! Anläßlich der letzten Veranstaltung des Kulturrefe- rates, der Stadt Kitzbühel in diesem Jahr möchte ich mich, bei Ihnen allen dafür bedanken, daß Sie uns durch Ih- re Besuche unterstützt und damit den Beweis erbracht haben, daß im Bezirk Kitzbühel für gute kulturelle Veranstal- tungen großes Interesse vorhanden ist. - Drei wesentliche Punkte haben da- zu beigetragen, daß Kitzbühels Kultur- leben aktiviert werden konnte: die Be- nützungsmöglichkeit des Festsaales in der Kammer der gewerblichen Wirt- schaft, die Anschaffung des Bechstein- flügels, die aktive Arbeit des seit April tätigen Kulturreferates der Stadt Kitz- bühel. Ich möchte mich daher auch bei der Kammer der gewerblichen Wirt- schaft, bei der Kolpingsfamiiie für die Ueberlassung des Flügels und nicht zu- letzt bei meinen Kollegen, im Kultur- referat für die kollegiale und gute Zu- sammenarbeit bedanken. - Für näch- stes Jahr haben wir bereits ein schönes und interessantes Programm in Vorbe- reitung. Viele Veranstaltungen können wir jedoch nicht durchführen, da uns hierzu ein Saal mit einer geeigneten Bühne fehlt. Unsere Zielsetzung für die Zukunft heißt daher: Schaffung eines für alle kulturellen Zwecke geeigneten Saales! Stadtrat Gerhard Resch Kulturreferent der Stadt Kitzbühel Zur Einführung in das Konzert: Girolamo Frescobaldj (1583-1643) Toccata per Spinettina e Violino Die inhaltlich wie formale Vielfalt dieser frühbarocken Musik stellt höch- ste Anforderungen an das rhythmische Gefühl und die technischen Fähigkei- ten der Spieler. Johann Sebastian Bach (1685-1750) Musik in vorweihnachtlicher Zeit? Wer dächte da nicht an die alles über- strahlende Erscheinung Bachs! Seine Musik ist ein Spiegel göttlicher Ord- nung, ein tönender Kosmos; imstande Ordnungskräfte in das Seelische hinein- zusenden zur Heilung unseres inneren und äußeren Lebens. Würde doch der Hörende den Konzertsaal in dieser Er- wartung betreten und die innere Seelen- haltung mitbringen, die solchen geisti- gen Kräftewirkungen angemessen wäre. In den Violinsonaten mit obligatem Cembalo, der authentischen Auffüh- rungspraxis entsprechend auch mit Cel- lo, folgt Bach den Spuren der großen Italiener Vivaldi, Corelli und anderen. Mit den Werken für Gege allein steht er jedoch völlig auf deutschem Boden. Dies ist sogleich nachprüfbar an dem nun folgenden Satz aus der Solosonate und der darauf gespielten Sonate für Geige und Cembalo. Adagio cantabile aus der Sonate g-Moll für Geige allein, BWV 1001 Mit herber Unmittelbarkeit werden wir Tönen gegenübergestellt aus der sechszackigen Krone aller Geigenmusik, den drei Sonaten und Partiten für Gei- ge allein. In ihnen finden sich das Ge haltvollste und Tiefste, das der Köni- gin der Saiteninstrumente jemals anvertraut worden ist. - Diese Mu- sik eröffnet das sechsteilige Werk. Nur zögernd versucht sich in diesem präludierenden, phantasievollen Adagio ein Gestaltwerden, das erst in der Fuge gelingt, welche jedoch nicht mehr ge- spielt wird. Nun sollte sich die Stimmung herab- gesenkt haben aus der Spannung von Welt und Ueberwelt, Zeit und Ewigkeit, so daß sich dem Hörenden leichter er- schließt das Sonnigere der nachfolgenden Sonate für Geige und Cembalo A-Dur, BWV 1015 Andante, Allegro assai, Andante un poco, Presto. Modisch und graziös gibt sich das ein- leitende Andante. Es folgt ein schwere- loses Spiel der Gedanken im Allegro mit einem besonderen Mittelteil, des- sen imposanter Orgelpunkt überleitet zum innerlichen Andante un poco. Die- ses umschließt einen wunderbaren Ka- non. Sein herrliches Thema ist eine ein- zige Frage. Die Antwort darauf jauchzt jubilierend das Presto hinaus. Pause Stefano Paluselli (1748-1805) Vier Stücke für Cembalo Allegro brillante La putella curiosa con riflessione Il lirante sotto la fenestra Das Zankeisen Professor Kurt Neuhauser, der Cemba- list des Konzertabends, sagt über den Komponisten und die vier Stüke für Cembalo: „Der gebürtige Südtiroler zeigt, seiner Zeit entsprechend, heitere, mitunter tirolisch - volkstümliche Züge und programmatischen Einschlag, den schon die Ueberschriften verraten „Der Lautenspieler unter dem Fenster" oder „Das Zankeisen", ein Genrestück, das das Keifen eines zänkischen weiblichen Wesens treffend schildert." Georg Philipp Telemann (1681-1767) Sonate e-Moll für Cello und Cembalo Cantabile, Allegro, Recitativo, Arioso. Vivace Die Musik ist vielseitiges und unbe- schwertes Spiel. Immer erscheinen neue Zeichen und Bilder, Zeugnisse' einer klingenden Beredsamkeit voller Phan- tasie und Formenfülle. Johann Sebastian Bach (1685-1750) Sonate für Geige und Cembalo G-Dur, BWV 1019 Allegro, Largo, Allegro (Cembalo solo) Adagio, Allegro Reine Freude am heiteren Spiel im Allegro aus der einmaligen, unnach- ahmbaren, geheimnisvollen Eingebung glücklicher schöpferischer Stunden. Nach kurzer Besinnung im Largo der zu- nächst überraschende Einfall, daß da ein einziger Satz ganz auf die Violine verzichtet, allein dem Cembalo anver- traut ist, bis dieses im Adagio mit be- hutsamen Tönen die Geige einlädt zum Dialog, und das Singen im Allegro wie- der anhebt, noch gelöster und erfüllt von Jubel. H. Oe. Vorstellung der Solisten: Martin Mumelter (Violine). Preisträ- ger des Internationalen Wettbewerbes für neue Musik in Rotterdam. Leiter einer Violinklasse am städtischen Kon- servatorium in Innsbruck. Konzerte und Rundfunkaufnahmen in Oesterreich, Deutschland, Italien, Holland und den Vereinigten Staaten. Max Engel (Cello). Ausgedehnte Kon- zertreisen mit der Engel-Familie in Eu- ropa, Fernost, Japan, Australien, Süd- afrika.. . Seit 1971 Mitglied des Col- legium aureum (Musik auf Original- instrumenten). Kurt Neuhauser (Orgel u. Cembalo). Preisträger bei internationalen Orgel- wettbewerben. Professor für Musiker- ziehung am Bundesgymnasium in Kuf- stein. Konzerte in zahlreichen europäi- schen Ländern, jeweils verbunden mit Rundfunkaufnahmen und Schallplatten. VORANZEIGE der nächsten musika- lischen Veranstaltungen des: Kultur- referates der Stadt Kitzbühel: 10. Fe- ber 1975 - Sinfoniekonzert des Mo- zarteum-Orchesters Salzburg unter der Leitung von Gen.-Musik-Direktor Leo- pold Hager. Werke von Boccherini, von Haydn und Mozart.
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