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Samstag, 14. Dezember 1974 Kitzbüheler Anzeiger Seite 17 Wie bereits berichtet, wurde der „gro- ße Herrgott' auf dem Friedhof in Kitz- bühel in der Nacht vom 1. auf den 2. August 1974 von einem Sturm knapp oberhalb, an ener morschen Stelle, ab- gebrochen und auf den Boden geschleu- dert. Wenn auch die Beschädigung durch den Bodensturz gering war, es waren der Nagel an der rechten Hand abgebrochen sowie zwei Finger dieser Hand, empfahl Stadtpfarrer Geistl. Rat Johann Dannin- ger eine Restaurierung, da der Korpus mehrmals stark übermalt wirkte. Die Restaurierung wurde sodann von dem Kitzbüheler Diplomrestaurator Hermann Mayr durchgeführt. Der Herrgott wurde vor Allerheiligen von den Stadtarbeitern stiellt, wobei, um ein Abfau- len des unteren Kreuzarmes zu verhin- dern, dieser an einbetonierten schmiede- eisernen Bändern befestigt wurde. Die Restaurierung kann als vollauf gelungen bezeichnet werden. Während seiner Ar- beit konnte Dipl.-Restaurator Mayr fest- stellen, daß es sich um ein Werk des Barockbildhauers Benedikt F a i s t e n - b e r g e r, dem bedeutendsten Barock- bildner seiner Zeit, handelt. Benedikt Faistenberger hatte als Künstler einen höheren Rang als sein Mitarbeiter und Schwager Veit RabI. Er hatte beim Bildhauer David Reiter in Ro- senheim von 1637 bis 1642 gelernt und war anschließend vermutlich in Italien gewesen, da seine Figuren manchmal den klaren Faltenfluß, die edlen Kopftypen und die schlanke Anmut der veneziani- schien Kunst in der Nachfolge Gerolamo Campagnas zeigen. Seine Plastiken ha- ben in den übrigen Frühbarockplastiken Tirols, die nach schwäbischen Vorbildern ausgerichtet war, wenig Entsprechung. Schon von der Lehre in Rosenheim her war er mehr auf das Münchner Vorbild ausgerichtet. Von besonderer schlanker Eleganz sind die Heiligen Petrus und Paulus in 0 b e r n d o r f und die glei- chen Apostel in Dienten. Es ist verständ- lich, daß ein so bedeutender Meister weit über seine Heimatstadt hinaus be- kannt war, Im Pinzgau und Pongau er- hielt er zahlreiche Aufträge. Erhalten sind der Hochaltar in Dien- ten mit den Statuen der Heiligen Petrus, Pulus, Josef, Sebastian, Daniel und Bar- bara (1660), der Altar in Lenzing mit den Heiligen Lorenz und Benno (1667), der Altar der Schloßkapelle in Heuberg bei St. Georgen (1673), mit dein Statuen der Heiligen Maximilian und Heinrich, der Seitenaltar im Alm mit den Statuen Josef und Joachim (1685), der Hochaltar in Schwarzenbach mit dein Statuen der Hei- ligen Johannes und Barbara (1686) und die Gruppe der Anna Selbdritt in der Annakapelle in Mittersill. In Sachrang, Kreis Rosenheim, stammen zwei Leuch- terengel in der Oelbergkapelle von ihm.' (Dr. Erich Egg „Kunst in Kitzbühel", Stadtbuch Kitzbühel, 3. Band.) „Mit Benedikt Faistenberger, dem Sohn vcn Andreas Faistenberger (der uns den Stadtplan von 1620 hinterließ), und seinem Mitarbeiter Veit Rabt, der Maler, beginnt die eigentliche Kitzbüheler Ba- rockkunst. Benedikt Faistenberger, der Bildhauer, spielt dabei die führende Rolle. Er war schon 1637 in Kitzbühel Bürger geworden, obwohl er noch in Ausbildung stand. Faistenbergers Kunst war im Kitzbü- heler Raum so neu und überraschend, daß er weit über die Stadt hinausgriff und vor allem im salzburgischen Pinzgau viele Aufträge erhielt. Seine Altäre eilten der Salzburger Entwicklung voraus, ihr Dekor war reicher, ihre Profile kräftiger. Die ersten Aufträge vermittelte noch der Vater Andreas Faistenberger. So ar- beitete Benedikt zusammen mit seinem Vater 1645 in Kirchdorf ein Christkindl auf dem Tabernakel und 1647 den Auf- erstandenen und einen Heiligen Geist. Das erste erhaltene Werk und wohl auch der erste Altar Benedikt Faistenbergers ist das kleine Altärchen in der Hauska- pelle des Pfarrhofes in Kitzbühel von 1653. Es ist ein in Schwarz und Gold gefaßter Säulenaltar mit Knorpelwerk. Die Seitenfiguren stellen die Heiligen Franz'iskus und Katharina von Siena dar, an den Säulen befinden sich geschnitzte geflügelte Engelsköpfe. Schon in diesem Frühwerk tritt die Weichheit des Ge- sichtsausdruckes und der großflächige, aber nirgends zackige oder starre Fal- tenwurf auf. Von den sonstigen noch er- haltenen Werken (nur Bezirk Kitzbühel) von Benedikt Faistenberger spielt der Hochaltar der Pfarrkirche in Kitzbühel als Gesamtkunstwerk von ausgewogener Monumentalität eine wichtige Rolle. 1659 Hochaltar der Katharinenkirche in Pristerjubilar im Dezember 1974 70 Jahre: Josef H a s 1 n g e r, Kanoni- kus von Seekirchen, geboren am 10. De- zember 1904 in St. Georgen a. d. Gusen, Diözese Lienz. Priesterweihe am 16. Juli 1933 in Salzburg. Kooperator in Berndorf, S. Johann im Pongau, Salzburg St.-Jo- hannes-Landeskrankenhaus, Sekretär des Katholischen Universitätsvereins; Bene- fiziat in H o p f g a r t e n; Pfarrer in Un- ternberg; Provisor in Böckstein, H o p f- g a r t e n, Goldegg; Missionar in Brasi- lien; Provisor in Straßwalchen; Pfarrer in Straßwalchen; Kateche't in Salzburg. Seit 1966 Stiftspfarrer und Katechet in Seekirchen. 60 Jahre: P. Arnold v a n D o o r n, ge- boren am 30. Dezember 1914 in Weert, Holland; Priesterweihe am 23. Septem- ber 1973, in S'Herenberg, Diözese Utrecht. Kooperator in Kössen seit 1970. Wir gratulieren! Kitzbühel, jetzt in der Schloß- kapelle Artstetten, NOe. 1661-1663 Hochaltar in der Pfarrkirche Kitzbühel mit den Statuen Domini kus, Katharina von Siena und zwei Engel (zwei weitere im Pfarrhof). 1665 Orgelkasten mit Engeln in der Pfarr- kirche Kitzbühel. 1669 Vier Engel für die Pfarrkirche St. Johann in Tirol. (Zwei auf der Em- pore erhalten.) 1674 Acht Heiligenstatuen in der Anto- niuskapelle in St. Johann in Tirol. 1681 Hochaltar in der Pfarrkirche Reith bei Kitzbühel; davon erhalten die Statuten Michael und Schutzengel auf den Seitenaltären. Da Benedikt Faistenberger (geboren in Kitzbühel 1621, gestorben 1693) nach 1950 durch zahlreiche Aufträge sich in seiner Kunst bestätigt sah und im nähe- ren Umkreis keine Konkurrenz oder An- regung zu neuen Wegen war, zeigt sein Werk eine Kontinuität, die nicht auf Fort- schritt in Richtung zum Hochbarock ab- zielt. Die weiche Schönlinigkeit und die Anmut der Gesten weichen nur bei Apo- posteln einem eher monumentalen Pathos, die edlen Gesichter haben eine gewisse Innigkeit, ohne aber die Stärke des Ausdrucks im Sinne des Hoch- barocks zu erreichen. Trotz allem ist Be- nedikt Faistenberger einer der bedeu- tendsten Frühbarockbildhauer Tirols, be- sonders dann, wenn man nur jene rech- net, die im Lande geblieben sind." (Dr. Erich Egg in „Barock in Kitzbühel", Aus- stellungskatalog 1971, herausgegeben vom Tiroler Landesmuseum Ferdinan- d eum). (Außerhalb unseres Bezirkes befinden sich noch viele erhaltene Werke von Be- nedikt Faistenberger.) Neues Kunstwerk in Kitzbühel Der große Herrgott auf dem Friedhof - ein Faistenberger
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