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Samstag, 13. Dezember 1975 Kitzbüheler Anzeiger Seite 15 JapenmA*rmL*nes Night's und Kitzbüheler Nationalses änger Von der zweiten Reise in den Fernen Osten berichtet Toni P r a x m a i r Es begann einen Tag vor der Abreise mit der Absage des Fluges von München nach Paris infolge Streiks der Air- France. Spät am Vortag kam die Nach- richt, auf jeden Fall die Reise anzutre- ten, denn es wird versucht, mit einer anderen Linie das Flugzeug der Japan Airlines in Paris oder London zu errei- chen. So starteten wir am 23. Oktober, 6 Uhr früh, mit einem Autobus nach München und wurden vom Manager, des JAL-Büros bereits mit der Versiche- rung erwartet, daß wir auf alle Fälle fliegen werden. Eine Stunde später wur- dc bekannt, daß die Air France den Streik abgebrochen hat und wir plan- rräßig fliegen. In Paris wartete bereits wieder ein Team der JAL, das uns beim Umsteigen behilflich war und dann be- gann der Jumbo-Jet-Flug über den Nordpol mit Zwischenlandung in An- chorage (Alaska). Die eigenartige At- mosphäre der vollbesetzten Maschine nahm uns wieder gefangen, Radio-Ste- reo-Empfgang und Filmvorführung, das gute Essen, jedesmal zuvor die schön verpackten Gesichtstücher (Flugneulinge unter uns glaubten, es wären „heiße Würstl"), das Raunen der sprechenden Menschen, begleitet vom Summen der Flugzeug-Triebwerke. Nach Tausenden Kilometern genossen wir den Sonnen- untergang und eine halbe Stunde später wieder den Sonnenaufgang. Die Zeit war vollkommen verrückt, in Anchorage, 24. Oktober, war es 16.30 Uhr, nach 6500 Kilometern in Tokio erst 17.05 'Uhr. Großer Empfang in Tokio durch unser dreiköpfiges Betreuerteam, das uns auf allen unseren Fahrten ständig begleitete, außerdem noch einige Herren der Generaldirektion von JAL. Begrüßt wurden wir auch vom Leiter des Au- srian-National-Tourist-Office, Herrn Dkfm. G. Linzbichler, dessen Initiative es zu verdanken war, daß für diese JAL- Nights unsere Gruppe als Vertreter Oesterreichs genommen wurde. Jedes Jahr veranstaltet JAL zur Intensivierung ihres Flugverkehrs diese Werbeabende für Reisebüroinhaber, Journalisten und Urlaubsfreudige und verpflichtet eine Folkloregruppe aus den Fremdenver- kehrsländern. So waren in früheren Jahren bereits Gruppen aus der Schweiz, Jugoslawien, Mexiko, Schwe- den, Spanien und Griechenland dabei. Im Takanawa - Prince - Hotel mit seinen 500 Zimmern für 900 Gäste, wurden wir einquartiert. Nun waren wir also wieder in Japan, welches Land aus vier Hauptinseln, Hokkaido, Hon- s-au, Kyushu und Shikoku, besteht. Ja- pan, führend im Schiffsbau der Weit, steht an zweiter Stelle in der Herstel- lung von Radios, Fernsehern, Plastik und Kunstfasern, der zweitgrößte Stahl- produzent und der zweitgrößten Auto- mobilindustrie der Welt. Baseball und Sumo-Ringen sind Nationalsportarten, doch jeder Sport ist sehr populär. Weih- nachten gibt es nicht, dafür jedoch Neujahrsfeiertage, die ab 28. Dezember zwischen 5 und 10 Tage dauern. Hotels und Restaurants sind erstklassig, mit hervorragend überaus freundlichem und hilfsbereitem Service ausgestattet. Jedes Hotelzimmer hat Telefon, Radio, Farbfernseher, Klimaanlage, Bad, Uhr mit elektrischem Wecker, Eisschrank mit Roheis, Bier, Limonaden und Whi- sky. Die Entnahme aus dem Eiskasten wird mittels Computer gebucht und beim Verlassen des Hotels, verrechnet. Es gibt meistens nur Inklusivpreise, ein übriges Trinkgeld ist nicht angebracht und wird manchesmal sogar als Belei- digung angesehen. Das Nachtleben be- ginnt sehr zeitig, die Sperrstunde für Restaurants ist meistens 22 Uhr, für Klubs und Tanzlokale 24 Uhr und es sind nur wenige Vergnügungsstätten, die nach 24 Uhr noch offen haben. Eine halbe Stunde nach Ankunft im Hotel startete bereits für uns eine Weicome- Party, bei der alles geboten wurde, was es an Delikatessen überhaupt gibt. Der ganze nächste Vormittag war aus- gefüllt mit Proben, damit die Veranstal- ter unser Programm für die richtige Be- leuchtung und den notwendigen Büh- nenbedarf kennenlernen. Mit Jumbo- Jet ging es in die Olympiastadt von 1972, nach Sapporo mit seinen 1,400.000 Einwohnern. Der Bürgermeister der Stadt empfing uns herzlich und er freut sich schon riesig auf den Besuch Inns- brucks zur Olympiade 1976; an der er offiziell als Vertreter Sapporos teilneh- men wird. Einer Einladung folgend, wa- ren wir am Abend Gäste im „Beer Gar- den" der Sapporo Bierbrauerei, einem Restaurant mit zirka 1000 Personen Fas- sungsraum, das nur zwischen 18 und 21 Uhr geöffnet ist. Schlag 18 Uhr füllt sich das Lokal. Mitten auf den Tischen stehen halbmondförmige Grillkocher, darauf bratet man selbst Rind- und Schaffleisch und Gemüse und Nudeln, taucht mit Stäbchen in eine Soja-Sauce ein, ißt mit Stäbchen und trinkt dazu soviel Bier, wie man will. Wir waren schon den ganzen Tag unterwegs und unser Hunger und Durst wurde reich- lich gestillt. Wir sangen zur Unterhal- tung der zahlreichen Gäste, die sich mit viel Applaus bedankten. Unsere Sappo- ro-Premiere der JAL-Nights verlief er- wartungsgemäß nach dem in Tokio auf- gestellten Programm und da wir im Laufe der weiteren Tournee noch neun solcher Abende zu gestalten hatten, wird es besser sein, zum Verständnis der Le- ser e ser einen solchen Abend zu beschrei- ben. Nach der Begrüßung durch den je- welligen Direktor der JAL folgt ein sehr guter Film über T i r o 1, anschließend ein längerer Vortrag über Urlaubsziele in Europa und Amerika, wobei beson- ders Ziele in Oesterreich hervorgeho- ben werden. Ein Kurzfilm über Hawai und dann folgte unser 50-Minuten-Auf- tritt, ohne Pause. Am Schluß des Abends werden noch Freiflüge für zwei Perso- nen nach Uebersee verlost und noch viele Geschenke, darunter auch hundert Langspielplatten unserer Gruppe. Ein solcher Abend dauert immer drei Stun- den. Es war erstaunlich, feststellen zu können, daß auch hier im hohen Norden Japans unsere Lieder und Tänze gut ankamen, obwohl Japan selbst viele tra- ditionsreiche Tänze kennt und vorführt. Ich glaube, einen optimalen Erfolg dieser Werbung wird es erst geben, wenn JAL auch Oesterreich anfliegt, obwohl sehr viel Interesse am Urlaub und Skilaufen in Oesterreich vorhan- den ist. Der Skilauf wird in Japan in den nächsten Jahren bestimmt noch ei- nen viel größeren Aufschwung nehmen als bisher. Oesterreichische Ski und Ski- moden gibt es überall, jedoch sind die Franzosen stark im Kommen, überhaupt französische Frauenmode steht hier hoch im Kurs und die Modegeschäfte sind wunderschön und sündteuer. In Okay- ma gaben wir eine Vorstellung in einem großen Spital für verkrüppelte, spa- stisch und cerebral gestörte Kinder und im Atomic-Hospital von Hiroshima san- gen und tanzten wir für die noch übrig- gebliebenen kranken, verseuchten und verkrüppelten Menschen des Atoman- griffes. Man wird verstehen, daß wir bei diesen zwei Vorstellungen beim An- blick dieser armen Kinder und Men- schen, dem Weinen näherwaren als zum Singen, Jauchzen, Tanzen und Schuh- platteln. 30 Jahre sind vergangen, seit am 6. August 1945 um 8.15 Uhr früh, oberhalb des damaligen Handelskam- mergebäudes in 560 Meter Höhe die er- ste Atombombe gezündet wurde. 200.000 Menschen starben und 100.000 Verletzte blieben übrig. Heute noch sterben jähr- lich zirka 30 Menschen an den Vergif- tungen der Atomstrahlen. 47.968 Häuser brannten zur Gänze nieder, 70.100 Häu- ser wurden durch Feuer teilweise und 3800 Häuser durch die Druckwellen ganz zerstört. Die Stadt hatte vor der Explosion 360.000 Einwohner. Das Han- delskammergebäude bleibt als Ruine bestehen zur Mahnung und als Denkmal an diesen fürchterlichen Tag. Es wird heute „Atomic-Bomb-Dome" genannt. Viele Kriegerdenkmäler und Museen wurden errichtet und die 5000 Bilder und Gegenstände im „Peace Memorial Museum" zeigen die wahre Geschichte dieser Katastrophe. In einem Massen- grab, das heute durch einen schlichten Steinsarg gekennzeichnet ist, wurden 6000 Menschen begraben, die nicht
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