Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 29. März 1975 lassen und schwebt kugelhaft im Raum in dämonischen, grellen, kaum zu- gänglichen Sphären. Bei aller „Seher- benhaftigkeit" des Flügels: eine glän- zende Leistung von Jörg Demus. Schumann: Fantasie C-Dur op. 17 seltsame Blüte der Romantik, in man- chem fast impressionistisch. Der erste Satz greift periodisch ein fragendes The- ma auf. Das Stück ist voll von Apper- zeption: es meistersingert, lisztet (Les Preludes), schubertet und chopint Fünf Großmeister und einige mehr ge- ben sich ein parapsychologisches Stell- dichein - eine Bündelung von Ideen, die sich erst später verselbständigen und artikulieren werden. Das Werk äußerst schwierig zu gestalten ein Werk mit „himmlischen Längen". (Schumanns Äu- ßerung bzgl. der 7. Symphonie Schuberts wirkt wie eine Rechtfertigung dieser Fantasie.) Der Hörer empfindet die Längen wahrscheinlich weniger himm- lisch! Demus scheint Schumann beson- ders gerne zu spielen, und der liegt ihm offenbar auch - wie ihm alles zu liegen scheint, wo die Hände viel zu tun haben. (Inzwischen hat sich das Ohr auf Flügel, Saal und Interpreten eingestellt. Die Fle- xibilität des Pianisten ist klar geworden.) Nach der Pause freilich eine eher mü- de cis-Moll-Sonate Beethovens - ein Beethoven, dem die Krallen beschnitten sind! Beethoven im Scherenschnitt! Da- bei dürften viele gerade wegen dieser Sonate gekommen sein - um dieses beethovenschen „Evergreens" willen. (Der Meister hat sich über die einseitige Bevorzugung dieser „Mondscheinsonate" liegt zirka 30 km von Moschi entfernt am Süd-West-Kilimandscharo, inmitten einer herrlichen, fruchtbaren Gegend. Dort sind die größten Kaffeeplantagen von Tansanien; es soll dort der beste Kaffee der Welt reifen. Die Umwe-Missionsstation wird von zwei schwarzen Missionaren und einer Anzahl von schwarzen Ordensschwe- stern geleitet. Am Christtag hatten wir diese Station mit dem wohl feierlichsten Gepräge angetroffen. Die Eingeborenen waren alle bunt gekleidet und machten einen sehr freundlichen und sauberen Eindruck. Die eingeborenen Kinder ha- ben mich sehr beeindruckt. Es war rüh- rend anzusehen, wie die größeren Kin- der mit 6 bis 7 Jahren die Kleinkinder mit ein bis zwei Jahren bei sich herum- trugen und wie nett alle zueinander wa- ren. Wir baten den Missionar, uns den Weg zur Umwe-Route zu weisen. Er ver- sprach uns, zwei Eingeborene mitzuge- ben, die uns den besten Weg zeigen wür- den. Bis diese eintrafen, kochten wir noch einmal richtig und brachten unser Gepäck in Ordnung. Fritz Huber mußte mit seinen beiden Gefährten, Herbert Koidl und Peter Brandstätter, für einige Tage ganz auf die Herkunft des Namens ist unge- klärt, das Attribut aber sicher falsch - mehrmals beklagt.) Und dann Bach - Chromatische Fantasie und Fuge d-Moll. Man wird die Frage nicht los: Was hat Bach hier in der vorangestellten Fantasie - gesucht? Neuland? Es sollte auf Umwe- gen erst 100 Jahre später gefunden wer- den in der Tristan-Chromatik Wag- ners. (Wie sonst ließen sich die zahllo- sen zerlegten und unzerlegten vermin- derten Septakkorde erklären?!) Die an- schließende Fuge steht auf jeden Fall noch über der Fantasie. Ein chroma- tisch eng gefaßtes Thema ... Man steht fassungslos vor diesem vollkommenen Vom 5. bis 8. März 1975 weilte eine aus 19 Damen und Herren bestehende Architektengruppe aus Moskau in Kitz- bühel. Vorher befand sich diese Gruppe im Rahmen ihrer österreichischen Be- sichtigungs- und Studienreise in St. An- ton, Lech, Seefeld, Salzburg und Inns- bruck. Die Gruppe wurde am Bahnhof von Frau Rina Hirnsberger empfangen. Die Gäste waren überrascht und erfreut, in Kitzbühel neben englisch und franzö- sisch, auch in einer verwandten Sprache begrüßt und betreut zu werden. - Ihr Quartier belegten sie im Hotel Weißes Rößl. Der Höhepunkt ihres Aufenthaltes war der 8. März, an welchem in Rußland der „Tag der Frau" gefeiert wird und den sie in Kitzbühel, im Hotel Weißes Rößl, unter Betreuung von Frau Rina Hirnsberger wie im eigenen Lande fei- sich allein gestellt, ja alles zur Verfü- gung haben. Nachdem die einheimischen Führer (zwei Mädchen von zirka 15 Jahren) mit dem Missionar zurückkamen, packten wir wieder zusammen und fuhren den Weg, den sie uns zeigten. Weg ist wohl etwas zuviel gesagt; es war ein Holz- schleifweg, der zuerst zwischen Kaffee- plantagen und später durch Bananen- haine bergaufwärts führte. Links und rechts des Weges sahen wir neugierige Eingeborene, meistens Kinder. Wir fuhren auf ungefähr 2500 Meter Höhe. Dort war es dann soweit, daß wir den VW-Bus mehr herumtragen mußten als fahren konnten. Es war gegen 16 Uhr, als wir unsere drei Kameraden mit den besten Wünschen für ein gutes Gelin- gen verabschiedeten. Was unsere drei Gildenbrüder in den nächsten drei Ta- gen erlebten, läßt sich nicht so gut er- zählen oder beschreiben. Das wird dann Fritz Huber beim nächsten Lichtbilder- vortrag, den wir nach Ostern wieder halten werden, selbst besorgen. Wir drei Zurückgebliebenen, Wende- lin Karrer, Hubert Pircher und ich, brachten die beiden Mädchen zurück zur Missionsstation. Nachdem wir uns mit einigen Kugelschreibern und mit Scho- kolade für die Freundlichkeit bedankt Gebilde, dessen Nährboden eine voll- kommene Weltanschauung, eine 'ntri- petale Ausrichtung war. - Großartige Interpretation! Zwei Zugaben: eine Berceuse von Cho- pin (erstaunlich, welche Glockenklänge Demus dem Flügel entlockte') und ei- nes der Fantasiestücke op. 12 von Schumann. Hier endlich - man wartete lange darauf „explodierte" Jörg De- mus. Wäre es doch früher passiert! Hät- te Demus doch „Kleinholz" aus dem Flü- gel gemacht. Aber Demus ist kein Rei- ßer; er deckt zu und versteht es, seine Hörer in eine Welt zu entführen, in der zu leben es sich lohnt. Und dafür rei ihm Dank ausgesprochen. h. bon. erten. Frau Rina Hirnsberger lud die Gruppe zu einem Abendcocktail ein und beim Abendessen bedienten die Männer ihre Frauen, wie dies in Rußland am „Tag der Frau" üblich ist, denn an die- sem Tag verrichten die Ehemänner bzw. Söhne die gesamte Arbeit im Familien- haushalt. Die Frau feiert! Beim Abschied wurde Frau Hirnsber- ger zu einem Gegenbesuch nach Moskau eingeladen. In das Besucherbuch im Ho- tel Weißes Rößl wurde folgende Wid- mung vermerkt: „Vielen Dank für die gastfreundliche Aufnahme in der besten Stadt Oester- reichs!" Die Mitglieder dieser Architektengrup- pe aus Moskau, durchwegs gute Ski- läufer, waren vom gesamten Aufenthalt in Kitzbühel begeistert. hatten, fuhren wir über Moschi zum Südhang des Kilimandscharo. Dort be- findet sich das Kibo-Hotel in 1500 m Hö- he. Das Hotel wird von einem Deutschen Herrn Richter - und seiner Frau be- wirtschaftet. Richter besorgt auch die Träger und den Führer. Es ist in Tansa- nien Pflicht, für die Besteigung des Ki- limandscharo, des höchsten Berges von Afrika, einen Führer und eine entspre- chende Anzahl Träger zu verpflichten. Ein Führer erhält für fünf Tage 150 Tansania-Schilling, d. s. ungefähr 35 öst. Schilling. Dafür muß er sich selbst ver- pflegen, diese selbst mitführen sowie die eigene Ausrüstung. Der einheimische Träger kostet für fünf Tage 120 Tan- sania-Schilling, dafür trägt er 18 kg für den Touristen, seine eigene Verpflegung und seine eigene Ausrüstung. Alle sind aber mit diesem Verdienst sehr zufrie- den. Das Essen im Kibo-Hotel war nach europäischem Muster. Am Stefanitag, um 7 Uhr früh, began- nen die Vorbereitungen zum Aufstieg. Wir packten unsere Ausrüstungsgegen- stände in den großen Rucksack für den Träger, einen Tagesrucksack mit etwas Flüssigkeit, Schokolade, Zuckerl, Foto- apparat und etwas Leibwäsche trugen wir selbst. Um 7.30 Uhr begann der Aufstieg. Bei uns waren der schwarze Russen feiern Tag der Frau in Kitzbühel
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