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Te Deum Laudamus Andreas Rohracher Das Titelblatt für das Te Deum Laudamus zu Ehren von Fürsterz- bischof DDr. Andreas Rohracher, Zeichnung von Arch. Willi Pick, Kitzbühel, Stich und Samstag, 7. Juni 1975 Kitzbüheler Anzeiger Seite ' mehr als Jahresfrist eine Besichtigung dieser Bühne durch eine Xomniission des Tiroler Landestheaters durchaus ne- gativ verlief. Die tröstliche Feststellung beim Auseinandergehen, vielleicht habe man einmal ein Zwei-Mann-Stück im Repertoire, mit dem sich ein Versuch machen ließe, war ansche:nend doch nicht allzu ernst gemeint. Ein weiterer Vorstoß, mit dem Ziele. den Weg für die Verwirklichung des ursprünglich ge- planten Bühnenzubaues zum Handels- kammersaal durch Heranziehung ande- rer als Kammergelder, ist nicht auf Ge - genliebe an der Spitze der Tiroler Han- delskammer als Hausherrn gestoßen und damit, vorläufig wenigstens, liegenge- blieben. Nun, das Salzburger Landesthe'a:er ist hier nach groß rügigscem finanziellen Ar- rangement nicht etwa mit einer Vene- genheitsproduktion, sondern mit einer bereits als Erfolg abgestempelten Auf- führung des „Jungen Gelehrten" von Lessing in die Bresche gesprungen und hat zu den Erfolgen mit diesem von ei- nem ausgezeichneten Ensemble getra- genen Stückes in Salzburg einen unbe- streitbar schönen Erfolg in Kitzbühel gesellt. Dem verständnisvollen Entge- genkommen der am Zustandekommen dieses schönen Gastspieles beteiligten Persönlichkeiten des Salzburger Landes- theaters sei deshalb auch an dieser Stelle Dank gesagt. Das Jugendwerk Lessings scheint übri- gens nicht von ungefähr hervorgeholt worden zu sein, handelt es sich doch um ein im heutigen Sinne durchaus „ge- sellschaftskritisches" Stück, an dem sich demonstrieren läßt, daß man mit Witz und geschliffener Ironie sehr bissig sein und dennoch der von zeitgenössischen Autoren so verschwenderisch gebrauch- ten (und schon recht abgenützten) vul- gären Ausdrücke und obszönen Dar- stellungen entraten kann, so man genug Geist hat. Ist doch der Autor mit dem Milieu, in dem er diese Komödie ange- siedelt hat, nicht eben freundlich um- gegangen. Keine einzige seiner Figuren vermag beim Publikum uneingeschränkt Sympathie zu erwecken: Der gutmütige, einfallslose und unbeirrt gutgläubige Freier Valer, vom Brautvater vom An- fang bis zum Ende seiner Freierszeit finanziell geschröpft und von der Braut abstrusen Vorstellungen von bürgerli- cher Honorigkeit ohne Zögern geopfert, wirkt schon vom Buch her blaß neben den im Negativen scharf profilierten anderen Personen der Handlung, seine Darstellung war durchaus der Absicht des Autors entsprechend. Demgegenüber der Vater Chrysander, ein habgieriger und skrupelloser Mensch, mit seiner zur Schau getragenen bürgerlichen Ehren- haftigkeit, der Sohn Damis mit seinem ebenso lächerlichen wie abstoßenden Bildungshochmut, die Domestiken Anton und Lisette, die Verlogenheit des Milieus ihrer Brötchengeber mit ihrer natürli- chen Schlauheit durchschauend und mit deftigem Mutterwitz persiflierend, trach- ten mit den Mitteln der Fälschung und der üblen Nachrede bare Münze für sich aus den Schwächen ihrer Herrschaft zu schlagen. Und Julianen schließlich? Wä- re es dem Dichter nur um ein gelunge- nes Lustspiel gegangen, sie wäre die strahlende Heldin des Stückes. Sie ist es bei Lessing mitnichten! Juliane er- scheint vielmehr als wenig liebenswer- tes Beiprodukt eines heuchlerischen Mi- lieus mit lediglich umgekehrten Vorzei- chen, indem sie Moralbegriffe, vom Vor- mund Chrysander als Tarnwand ge- nutzt, als einzige dieses prächtigen Fa- milienensembles ernsthaft, aber mit we- nig Intelligenz und Charme, zum Anlaß nimmt, ihrer penetranten Selbstgerech- tigkeit Valer zum Opfer zu bringen. So gesehen war die Darstellung Ju- lianens ebensowenig überspielend wie die des in seiner angemaßten Gelehr- samkeit fast unerträglichen Titelhelden. Lessing hat in seinem Stück zwar die Hürden wegräumen lassen, die sich einer schließlichen Vereinigung der Lieben- den entgegenstellten, hat aber mit si- Gelungenes Gastspiel des Landestheaters Salzburg Zur Aufführung des „Jungen Gelehrten" von Lessing am 23. Mai 1975 Theater in Kitzbühel! Nicht alle der Zuschauer, die vergangenen Freitag den im neuen Gewande sehr ansprechenden Kolpingsaal bis zum letzten auch der eingeschobenen Plätze füllten werden sich bewußt gewesen sein; daß hier erst- malig eine Aufführung eines rein profes- sionellen Theaters stattgefunden hat und von einer namhaften Bühne mit einem bestens rezensierten Stück seines dies- jährigen Repertoires bestritten wo--den ist. So erfreulich ein auch nur einmali- ges Ereignis dieser Art an sich wäre, so war es den Veranstaltern darüber hinaus darauf angekommen zu bewei- sen, daß es auch für ein Theater auf die- ser Ebene genug Interesse gibt, was trotz des ungünstigen Zeitpunktes außerhalb der Fremdensaison absolut gelungen ist, und weiter, daß man bei entsprechender Auswahl eines Stückes mit geringen Ansprüchen an Bühnendimension und -Einrichtung die Kolpingbühne bei ei- nigem guten Willen sehr wohl bespie- len kann. Hoffnungen in dieser Richtung schie- nen zunächst zunichte gemacht, als vor
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