Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger - Samstag, 20. Dezember 1975 Preis, Weber-Tyrol den 3. und Nikodem den 4. Preis. Die gesuchte Begegnung mit Egon Schiele und mit Gustav Klimt, der Kon- takt mit dem Architekten Robert 0er- ley und die Freundschaft mit dem Bild- hauer Gustinus Ambrosi waren Erleb- nisse, weiche sich nachhaltig auf Wal- des privates und künstlerisches Leben auswirkten. Die erste Begegnung mit Egon Schiele fand nach einer Ausstel- lung in der Wiener Sezession statt, seit- her war der geistige und stilistisch-for- male Kontakt gefunden. Wie sehr nun die einzelnen Kompo- nenten der Wiener Kunstszene bei Wal- de zu fixieren sind, kann hier nur an- gedeutet werden. Der Einfluß Klimts spricht aus den frühen Gemälden „Ski- lauf nach Klimt", „Grabkreuze". Eg- ger-Lienz hatte in Längenfeld und Wien 1912 soeben das Triptychon „Die Erde'- fertiggestellt, rde" fertiggestellt, die einfache kulissenbil- dende Landschaft auf den beiden Sei- tentafeln, im besonderen aber die Mit- teltafel zeigt das Monumentale der hei- mischen Landschaft, das unendliche Fließen des Raumes, der Natur. Hier findet Walde Ansatzpunkte für seine späteren Landschaften. Auch Kolo Mosers Landschaften, auch Winterbilder, welche in der dekorati- ven gebundenen Fläche zu stark monu- mentaler Plastizität gelangen, setzten Akzente für Walde. Auch Oskar Laskes Straßenbilder (Begräbnis Bürgermei- sters Lueger, 1910) entsprechen in ih- rer Dynamik der inneren Vitalität Wal- des. Und schließlich Schiele: Die Städ- tebildnisse mit den verkanteten Häu- sern, Dächern und Schluchten lassen Affinitäten zu Schiele wachwerden, wenngleich in Waldes Kompositionen das Raumdenken - als Architekt - evident wird. - Auch die Tragik des menschlichen Daseins wird in den stil- len Darlegungen des alltäglichen Le- bens wie den kirchlichen Prozessionen, den Grabkreuzen, deutlich und darin mit Schieles religiös folkloristischer Waldandacht von 1915 verwandt. Blu- menstilleben, Sonnenblumen, welche in der flächefüllenden Malweise torso- und fragmentähnlich erscheinen, sind ohne Schieles Sonnenblumen. ohne Klimt und van Gogh nicht denkbar. Schieles Selbstporträt im Familienbild und Oskar Kokoschkas Porträtstil wird in Waldes Petzoldbildnis gegenwärtig. Mitte der zwanziger Jahre zieht Wal- de mehrere Komponenten seiner male- rischen Aussage wie Schneelandschaft, Wintersport und Fremdenverkehr in seine Plakatkunst zusammen. - Darin setzt er die in Wien unmittelbar erlebte Tradition der Sezessionsplakate fort. - Und Walde wird einer jener Künstler, die sich intensiv mit dem künstlerisch gestalteten Plakat auseinandergesetzt hatten, die neue Lösungen, neue Gestal- tungen für das werbewirksame Motiv suchten. Die Reduktion der vielfältigen Naturform in seinen Landschaften zu einer einheitlichen, knappen Nieder- schrift scheint die Basis für das einfa- che plakative Gestalten zu sein. Die frühen Schisportplakate atmen noch die kleinteilige Erzählfreude, jene für das Schispringen, -fahren, Bobfahren und jene Werbeplakate mit der von ihm ge- prägten Kitzbüheler Garns wie auch die Entwürfe für die FIS-Wettkämpfe 1933 in Innsbruck sind in der bereits klar gestalteten Flächigkeit komponiert und nur denen von Johannes Troyer nahe. Mit seinen Plakaten stand Walde inmit- ten einer Phase der Tiroler Kunst, in der das Plakativ-Dekorative wie bei Torggler, Nepo oder Nikodem vor- herrschte, bei ihm aber von einer neuen Sachlichkeit, einer expressiven Abstrak- tion bestimmt war. Walde lag ursprünglich das kleine Format, ja das kleinste Format, mit den Plakatentwürfen war er an größere Bildflächen gebunden. Erst mit dem Wettbewerb für die Ausgestaltung der Innsbrucker Bahnhofshalle 1928 suchte und fand er das große Format und er- kannte, daß für ihn hier neue Möglich- keiten der monumentalen Aussage lie- gen. In seinem Projekt zur neuen Hauptschule in Kitzbühel hatte er sich große Atelierräume eingeplant! In die Großflächigkeit wird die plastische Kör- perlichkeit der Objekte eingebettet, wie dies in den tektonischen Figurationen offenkundig wird. Wenn man die Affäre um die Auf- tragserteilung nach dem Wettbewerb um die Innsbrucker Bahnhofsfresken im Rückblick betrachtet - Rudolf Stolz hatte damals die Ausführung erhalten, nachdem Waldes Konzepte mit den Ti- teln Nord- und Südtirol als politisch zu brisant gewertet worden waren -‚ so scheint es vielleicht ein Glücksfall zu sein, daß diese Fresken nicht zustande gekommen waren. Denn nie stand Wal- de so in Abhängigkeit von Egger-Lienz wie bei diesen Gestaltungen. Dies hätte ihn vielleicht ebenso wie viele andere in den Kreis der Epigonen getrieben. Vielleicht wäre die Entwicklung seines künstlerischen Arbeitsprozesses anders verlaufen, hätte nicht zu jenen Gemäl- den der dreißiger Jahre geführt, die ei- nen ganz neuen Walde vermitteln. The- men wie Bergweiler, Dorfstraße, Tau- ernhof, Einsame Hausung stehen als fest umrissener Komplex im Schaffen Waldes. Von den vitalen Genrebildern des Jahrmarktes oder des Maskenzuges gelöst, baut Walde nun Kitzbüheler. Auracher, Oberndorf er, Waidringei- Haus- und Gehöftarchitekturen, bevöl- kert sie mit Menschen, die sich nicht erkennen wollten - gleichsam wie die Bauern vom Bauernsonntag, vom Kirch- gang, von der Begegnung -‚ da sie ein wenig realistisch, mehr anonym dar- gestellt waren. Alfons Walde gab hiei mehr Gefühlszustände wieder, weniger eine wirklichkeitsgetreue Abbildung vorgegebener Situationen. - Die allge- meingehaltenen Titel wie Sommer in Tirol, Winter in Tirol, Frühling in Ti- rol charakterisieren die Werke Waldes als allgemeingültige Naturbilder. In den Gemälden Verschneite Atmen, Einsame Berghöfe, Einsame Hausung, Almen und Gletscher, Almen und Firn stehcn in der gleichen Aussage, betonen aber mehr wie die späteren Kompositionen die Konfrontation zwischen Alm und Gletscherregion, zwischen Mensch und Tier auf der einen und tote Natur der Bergwelt auf der anderen Seite. Einen breiten Arbeitsbereich nehmen die subtil impressionistischen Pastelle mit weiblichen Akten, Badenden am Schwarzsee, im Schwimmbad seines Hauses am Hahnenkamm ein, welche in einer erotischen Atmosphäre niederge- schrieben sind. Ambrosi hatte Walde aufgefordert, mit diesen Akten, mit die- sen brillant gemalten Pastellen nach P.-. ris zu kommen, damit er reich werde! Die Impulsivität und die malerische Raffinesse eines Degas, eines Renoirs oder eines Bonnard sind hier eingefan- gen und zeichnen Walde als einen fein- fühligen, intimen Maler aus. Hier wird ein wenig bekannter Walde lebendig, hier zeigt sich der Maler ohne Maske, ohne Klischee, hier wird er in seiner eigenen lebensnahen, stürmischen Agi- lität aktiv. Und wenn zum Abschluß nochmals auf jenen Komplex der Schi- und Win- terbilder eingegangen sein soll, um die Bedeutung Waldes auf diesem Sektor nochmals zu betonen, so darf und muß vermerkt werden, daß Walde zweifellos zu jenem Maler wurde, der den Schi- sport, die mondäne Welt auf der Piste und beim 5-Uhr-Tee salonfähig gemacht hatte. Schifahrer und Schispringer in voller Aktion bei Wettbewerben, am Uebungshang oder begeisterte Gäste beim Gaßlrennen, beim Eislaufen wer- den als Motive gewählt und in excel- lenter Weise bildnerisch festgehalten. Auch der ausgeprägte Farbsinn, die Raf- finesse und die Brillanz des Kolorits zeichnet ihn als Situations- oder Ereig- nisschilderer aus, nicht als Illustrator, sondern fast als Aktionsmaler. Alfons Walde hat den seit dem Ende vorigen Jahrhunderts und vor allem zu Beginn unseres Jahrhunderts zuneh- menden Wintersport in Kitzbühel in cl- len Phasen künstlerisch entscheidend mitgeprägt, er gab die kulturelle und künstlerische Grundlage, machte den Schisport, und den Schnee schlechthin populär. Nur mit seinem Temperament konnte er dies erfassen, niedecschrei- ben und fixieren. In unserer allzusehr fremdenver- kehrsbetonten Zeit darf eben auch die Stille Seite Alfons Waldes ncht über-
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