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„Hüttenzauber" im Hotel Jurin in Zao. - 1. Reihe von links: Christi v. Horn, Inge Hag- steiner, Maria Windhager, Toni Sauer, Karin Schroli, Gerda Kaiser - 2. Reihe: Gemeinderat Arch. Mag. Ekkehard Hölzl, Dolmetscher Dr. Peter Pantzer, Hansjörg Schlechter und Stadtrat Gerhard Resch. - Vorne links: Anni Bachler, Sepp Schrol!. Samstag, 22. Mai 1976 Kitzbüheler Anzeiger Seite 11 Der Freundschafts« und Festbesuch in Yamagata Der Skilauf in Japan von Oesterreichern großgezogen - III. Teil Der erste Tag in Yarnagata (23. April) brachte uns, neben dem großartigen Empfang vor und im Rathaus, die „Din- ner Party" im Restaurant Nonomura. Diese begann um 18 Uhr und dauerte zwei Stunden. In einem „Teesaal" wa- ren an der Stirnseite und an beiden Fronten des Raumes niedrige Tische aufgestellt, dahinter Polster. Gerne be- folgten wir die japanischen Sitten; un- sere Freude aus Yamagata machten uns alles vor. Das Abendessen bestand aus unzähligen Gängen, dazu gab es Bier, und auch Nationalgetränke. Der erste Gebrauch mit den Eßstäbchen bereitete uns nicht wenig Schwierigkeiten; etwas mitleidig lächelnd sahen uns die Yama- gatschins zu und dachten sich wohl: „Ja, diese Europäer!" Es gab „Tafelmusik". Drei Japanerin- nen - wie wir nachher erfuhren, waren es Musiklehrerinnen der städtischen Musikschule von Yamagata - also aus- gesuchte Kräfte, spielten auf einem In- strument, das Koto genannt wird und 13 Seidensaiten besitzt. Gespielt wurden drei Tänze. Unser Dolm!etsch Dr. Pant- zer erklärte sie uns. Koto ist das popu- lärste und das vielleicht am meisten ge- spielte japanische Instrument. Es wird in der Hauptsache als Soloinstrument ver- wendet. Für uns aber - das Beste war unseren Gastgebern gerade gut genug wurden Gruppenrezitationen geboten. Das erste Musikstück führte den Namen „Der Mond". Es folgten der Frühling und zum Abschluß ein Lied über den Tamagava, genannt der Perienfluß. Nach dem Schluß des Dinners wur- den Tänze aufgeführt. Wieder erschie- nen drei Japanerinnen. Sie tanzten als „Geisha-Gruppe" auf einer niedrigen Bühne mit Mandolinenbegleitung. Jun- ge, hübsche Mädchen - hier waren es wieder Tanzlehrerinnen - tanzten mit bunten Bändern, die sie wie Federwol- ken vor sich hertrieben. Ein wunderba- rer Anblick, der alle erfreute. Die 'Mu- sik wohl ungewohnt, aber einschmei- chelnd und vornehm rein. Zum Ab- schluß fand ein allgemeiner Tanz statt. Alle unsere japanischen Freunde nah- men daran teil, auch die Wirtin, und lu- den uns ein, mitzutanzen und von dieser Einladung machten fast alle Gebrauch. Schwer war der Aufbruch. Vorher übergab der Direktor unseres Fremden- verkehrsverbandes Dipl.-Kfm Dr. Jo- sef Ziepi allen anwesenden Gastgebern „Schürzen aus Kitzbühel", die guten Gefallen gefunden hatten, denn alle, Da- men und Herren, banden sich die bun- ten Schürzen gleich um. Wie uns Fräu- lein Setsuko Uneme erklärte, bedeutete dies eine Auszeichnung. Beim Abschied vom Teehaus (Restau- rant) begleiteten uns Vizebürgermeister Tatsuo Umezu mit Gefolge bis zur Haus- türe, wo auch die Frau Wirtin, mit Großmutter und Enkelkind, jedem von uns die Reverenz erwies. Mit dem Om- nibus ging es wieder zum „Yamagata Grand Hotel" zurück. Der weitere Abend stand jedem zur freien Verfügung, wo- von auch ausgiebig Gebrauch gemacht wurde. Nach Yamadera und Zao Nach einem „amerikanischen" Früh- stück im Grandhotel verließen wir am 24. April die Stadt Yamagata zum Be- such eines Shito-Tempels und zum Be- such des Wintersportortes Zao. Yamadera heißt „Bergtempel". Der Besuch ist eine religiöse Handlung. Religiöse Organisationen in Japan: 84 Millionen Shinto; 83 Millionen Buddhismu; 9 Millionen Mischreligionen und 1 'Million Christen. Die Mitgliederzahl aller religiöser Or- ganisationen insgesamt übersteigt die Gesamtbevölkerung des Landes (110,3 Millionen Menschen). Dies geht auf die Tatsache zurück, daß die gleiche Person oft als Mitglied des Shinto-Schreins ih- rer Nachbarschaft gezählt wird und er- neut vom buddhistischen Tempel, mit dem ihre Vorfahren in Verbindung standen. Viele Japaner gehören beiden Religionen an und es kommt vor, daß jemand shitoitisch getauft wird und nach buddhistischem Ritus begraben. Der Shitoismus existiert in Japan seit dem frühesten Bestehen des Volkes. Der Buddhismus kam etwa um die Mitte des sechsten Jahrhunderts, wie bereits be- richtet, aus Indien über China und Ko- rea nach Japan. Es war vorgesehen, auch den obersten Tempel zu besuchen, zu dem 1015 Stu- fen hinaufführen. Da es aber regnete, wurde davon Abstand genommen. Der Haupttempel führt ein Gästebuch, in das sich unser Bürgermeister in deut- scher Schrift und nach dem japani- schen Silbenschriftsystem (die Schrift- zeichen werden „kana" genannt) ein- trug. Von einem Shitopriester wurde uns das Innere dieses Prachttempels gezeigt und erklärt und alle Erklärungen wurden von unseren Dolmetschern übersetzt. Zur Teejause gab es sogenannte „Steckerlkartoffel". Während der Weiterfahrt nach Zao erzählte unsere Reiseleiterin, Fräulein Masako Tsuchida (sie blieb, ebenso wie der Chauffeur Zenichi Takeda während des ganzen Yamagata-Aufenthaltes bei uns) von einem gewissen Olympiasie- ger Toni Sauer, der in Zao eine Ski- schule gründete und heute noch wie ein Gott verehrt wird. Der Aufschwung des Touristen- und Skizentrums Zao wird Toni Sauer zugeschrieben. Am Ende der Erzählung fragte sie uns, ob wir Sauer kennen. Auf die Erklärung unseres Dolmetschers sagte sie über- rascht: „Aso !" Auf unsere Rückfrage, was „aso" auf japanisch heißt, erhielten wir die überraschende Antwort, daß die- ses kleine Wörtchen im japanischen die gleiche Bedeutung habe wie bei uns. Das Lachen wollte kein Ende nehmen und die Optimisten unter uns freuten sich schon: „Jetzt können wir perfekt japanisch!" Unsere Zeit in Japan fiel in die,,Kir- schenblüte". Sie dauert viel länger als bei uns. Dr. Pantzer erzählte, daß in Japan mit der Kirschenblüte ein großer Kult getrieben wird. Alle Massen- medien stehen im Zeichen dieses Kults. Wenn auf irgendeinem Fleckchen Erde in Japan die erste Knospe aufspringt, bringen dies alle Fernseh- und Rund- funkstationen als „Sondermeldung". Die
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