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Das Hochzeitsbild von Yamagata, Grand Hotel, 26. April 1976 - Vorne das Brautpaar. In der rechten Hand des Bräutigams der Maria-Theresien-Thaler. Links und rechts die improvisierten Trauzeugen Anni Bachier und Dr. Josef Ziepi. - Stehend, von links: Betty Peschl, Gerda Kaiser (vorne), dahinter Inge Hagsteiner, Marianne Wendung, Stadtrat Gerhard Resch, Bürgermeister LAbg. Hans Brettauer, Christi v. Horn, Gemeinderat Wolf- gang Peschl, Andre Bachler, Gemeinderat Dr. Otto WendUng, Oskar Bartenstein und Sepp Schroll. Samstag, 5. Juni 1976 Kitzbüheler Anzeiger - Seite 7 Der Freundschaftsim und Festbesuch in Yamagata Kitzbüheler diesmal als Gäste der Jungen Wirtschaft - V. ieii Yamagata, 26. April 1976: An diesem Tage waren wir Gäste der „Jungen Wirtschaft von Yamagata" (Traditional Industries in Yamagata - by Yamagata Junior Chamber Inc.). Wir wurden von acht führenden Herren die- sr Gesellschaft, an der Spitze Präsi- dent K. Kane Yama, begleitet, von denen fast alle 1973 (3. bis 5. August) bei der Feier „Zehn Jahre Schwesternstädte" in Kitzbühel weilten. Nach einer Rundfahrt durch Yama- gata-City wurde uns die „Orient Carpet Co", eine Fabrik für Oriental-Teppiche im Stadtteil Yamanobe, gezeigt. Das Eindringen in diese modernste Tep- pichfabrik von Japan war aber nicht ohne Schwierigkeiten. - Wie uns Präsident Kane Yama mitteilte, wa- ren drei Vorsprachen notwendig. Der Fabriksdirektor, Herr K. Watanabe, sträubte sich anfangs, eine so große Delegation zur Besichtigung zuzulassen. Die Facharbeiter dürften bei ihrer Pro- duktion nicht abgelenkt werden. Auch die kleinste Unsicherheit bei der Knüp- fung der Teppiche würde das Produkt in seinem Wert vermindern. Schließlich vermochte es der Bürgermeister von Yamagata, zusammen mit dem Präsi- denten der Handelskammer, bei der Di- rektion für uns „Grünes Licht" zu er- reichen. Unsere Gastgeber mußten auch garantieren, daß keinerlei „Werkspio- nage" geübt wird. Wir haben dann auch erfahren, daß nur selten sogenannte „Besichtigungen" erlaubt werden. Er- laubt wurde eine solche vor nicht allzu langer Zeit dem Kaiserpaar und dem Kronprinzenpaar. Beide Paläste wur- den ja von der „Orient Carpet Co" mit Teppichen ausgestattet; ebenfalls der Vatikan in Rom. Die Aufnahme war dann trotzdem sehr herzlich und höf- lich und wir konnten alle Betriebsräume, die Knüpfereien, die Wäschereien und auch die Färbereien sowie die Verkaufs- und Ausstellungsräume besichtigen. Es werden hier Teppiche bis zu einer Breite von neun Metern und einem Wert bis zu 500.000 Schilling (pro Stück) erzeugt. Die Teppiche glichen großartigen Ge- mälden und ließen die Herzen unserer Damen höher schlagen. Weiter ging's zu einer Möbelfabrik, der „Wood-.working Plant" in Tendo City, einem weiteren Stadtteil von Ya- magata, in welcher (eine Ausnahme in Japan) über 20 Prozent Frauen tätig sind. Der Chef der Fabrik, Herr Ojama, erklärte uns, daß in der Erzeugung der Möbel seiner Fabrik Oesterreich als Vorbild gilt. Die Angestellten haben ein sehr enges Verhältnis zur Firma. Es kommt vor, daß Leute länger arbeiten, ohne weiteren Lohn zu fordern, ja daß manche sogar auf den Urlaub verzichten, um eventuell Vorarbeiter oder Mei- ster werden zu können. Ein Facharbei- ter verdient 7000 bis 8000 Schilling mo- natlich netto. Dazu kommen noch zwei weitere Monatsgehälter im Sommer und drei bis vier weitere zu Weihnachten, so daß ein Angestellter bis zu 20 Monats- gehälter im Jahr bezieht. Weiters gibt es billiges Essen in der Fabrik, freie ärztliche Versorgung, ja sogar Werks- friseure, die „auf Regie" und Kosten des Unternehmers arbeiten und die Leute frei bedienen. Die staatliche Sozialversicherung ist jedoch in Japan bescheidener als bei uns; im Krankenhaus z. B. werden 60 Prozent vergütet. Chef Ojama gab sei- ner Freude Ausdruck über den Besuch der Kitzbüheler Delegation (am Ein- gang zur Fabrik wurde dies auch in ei- nem Transparent zum Ausdruck ge- bracht) und sagte, daß unser Besuch si- cher zur Festigung der Freundschaft zwischen Japan und Oesterreich beitra- gen wird. Der Standard dieser Möbelfabrik ist hoch. Die besten Techniker, die modern- sten Maschinen und Geräte und bestens ausgebildete Facharbeiter garantieren dafür. Japan ist ja bekannt für die Erzeu- gung von Präzisionsmaschinen. Die hohe Güte und Genauigkeit z. B. japanischer Zeitmesser, fand schon Anerkennung, als das Internationale Olympische Ko- mitee japanische Erzeugnisse als off i- ziele Zeitnehmer für die Olympischen Spiele 1964 zuließ. Eine weitere Aner- kennung folgte ebenfalls 1964, als ein japanischer Miniatur-Kristallchronome- ter auf dem jährlichen chronometer- wettbewerb des Astronomischen Obser- vatoriurns Neuchatel, Schweiz, von sie- ben ersten Preisen sechs gewann. Seither gingen die Preise in diesem Wettbewerb fast in jedem Jahr nach Japan. Japans Wirtschaft erreichte innerhalb einem Viertel eines Jahrhunderts die dritte Stelle in der Welt. Japan steht in der Produktion von Schiffen und Radio- apparaten an der Weltspitze, an zweiter Stelle in der Produktion von Kraftwa- gen, Fernsehgeräten und Gummiwaren. Japans Vitalität drückt sich in der re- lativ jungen Unternehmergeneration aus. Für den Wiederaufstieg der Wirt- schaft war es von ausschlaggebender Be- deutung, daß hochquaJifiziert'e und disziplinierte Arbeitskräfte zur Verfü- gung standen. Fremdarbeiter gibt es praktisch nicht. Wir besichtigten dann weiters einen Fisch- und Gemüsemarkt, und zwar den „Yamagata Central Fish and Veigetable Market" und hier erfuhren wir zu unse- rer Freude, daß, wenn wir die Besichti- gung hier sofort abbrechen, wir eine Hochzeitszeremonie sehen könnten. Wir sagten natürlich gleich zu und so führ- te uns der Bus zurück zum Grand Ho- tel, wo die Hochzeitszeremonie statt- fand.. Das heißt, sie hatte schon statt- gefunden, aber das Brautpaar wartete auf uns und die Hochzeitsgäste machten rund herum für uns Platz für eine Fotoaufnahme. Die Trauung fand nach dem Shintois- mus im Tempel statt, und es waren dort nur die Brauteltern und die Trauzeugen
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