Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 24. Jänner 1976 Fremdenverkehrspolitischer Fachvortrag von Herrn Dkf m. Dr. Josef Ziepl Fremdenverkehrsdirektor von Kitzbühel vor dem Vollzugsausschuß des Tiroler Landesfremdenverkehrsrates am Freitag dem 9. Jänner 1976 in Innsbruck - Landhaus Der Tourismus ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine humanitäre Aufgabe, zu deren bestmöglicher Erfüllung es der Mitarbeit und Zusammenarbeit aller am Fremdenverkehr Beteiligten bedarf. Ich gehe an diese Aufgabe mit festen Grundsätzen heran. Grundsätzliches mag manchmal als überlebt, als unmodern erscheinen. Das stimmt für manche Lebensbereiche, weil das Leben und die Wirtschaft nicht stehen bleiben, son- dern ständigen Veränderungen unter- worfen sind, die eine permanente An- passung an die Gegebenheiten erfor- dern. Es gibt aber auch gewachsene Er- fahrungssätze, die trotzdem oder gerade weil alt geworden, gut und aktuell sind. Ich möchte daher sagen, daß eine fort- schrittliche, dynamische Wirtschaft, und um eine solche handelt es sich im Fremdenverkehr, sich stets der brauch- baren Erfahrungswerte bedient und die- se nie modischen Erscheinungen opfert. Diese meine Grundsätze an der Frem- denverkehrsfront sind: Mittelpunkt Mensch Zusammenarbeit Tirolischösterreichisch Teil des Ganzen. Grundsatz 1 Der Mensch im Mittelpunkt Für mich und für Tirol hat der Tou- rismus nebst der wirtschaftlichen eine gleichwertige humanitäre, ich möchte sagen, beinahe soziale Bedeutung. Tou- rismus heißt nicht nur Leistungen und Geld produzieren, sondern dem Men- schen dienen. Jenem Menschen, der aus welchem Grunde auch immer einen Ur- laub verbringen kann, will oder muß. Tirol hat sich als nationales und inter- nationales Gastland profiliert und ist auch verpflichtet, das Wort Gast im wahrsten Sinne seiner Bedeutung aus- zufüllen. Der Tourist darf in unserer Heimat nie zur Nummer werden, denn der Urlaub soll zur Persönlichkeitsbil- dung beitragen. Darin steckt ein guter Teil des Erholungswertes. Der Errei- chung des bestmöglichen Erholungs- effektes müssen wir durch den zielstre- bigen Ausbau der touristischen Infra- struktur für den Sommergast und für den Wintergast entgegenarbeiten. Mehr Planung und mehr Beratung sollen die Investitionen in dieser Richtung noch gezielter zum Einsatz bringen können, denn das Ferienland Tirol hat als Erho- lungs-, Sport-, Kultur-Kongreßland, in dem auch das Vergnügen und die Un- terhaltung groß geschrieben sind, einen hervorragenden Ruf zu wahren und aus- zubauen. Die touristische Infrastruktur unseres Landes und das Service, wel- ches das Werk der darin arbeitenden Menschen ist, über das Marketing und die Werbung der Welt anzubieten ist meine, und meiner Mitarbeiter größte Aufgabe. Tirol soll nicht nur viele Touristen beherbergen und bewirten, noch wich- tiger erscheint mir, viele Freunde zu gewinnen, Freunde aus der ganzen Welt, Menschen, die unserem Land die Treue halten - „S t a m m - g ä s t e Grundsatz II Die Zusammenarbeit Der Tiroler Fremdenverkehr steht auf drei soliden Fundamenten, der Tiroler Landesregierung mit dem politischen Referat für Fremden- verkehr; dem Landesvollzugsausschuß des Lan desfremdenverkehrsrates: dem Landesfremdenverkehrsrat und dem vorgelagerten Landesfremdenver- kehrsamt; der Tiroler Handelskammer mit dem Präsidium, der Sektion Fremdenverkehr; dem Wirtschaftsförderungsinstiut und dem Institut für Verkehr und Tourismus und den 245 Fremd.enverkehrsverbän- den, die zusammen in ihren Gemeinde- respektive Verantwortungsbereichen über 320.000 Gästebetten verfügen; über ein Drittel aller Gästenächtigungen Oesterreichs und über 40 Prozent der gesamten Devisen- einnahmen aus dem Tourismus er- bringen. Es hieße aber den Kopf in den Sand stecken, die Augen verschließen und eklatante Tatsachen übergehen, wenn man verschweigen wollte, daß sich der Tourismus nicht im luftleeren Raum, sondern im Gegenteil im Lande Tirol zu einem wesentlichen Teil im ländlichen, snrich bäuerlichen Raum abwickelt. Diesen Unistand klar herzustellen ist mir ein Herzensbediirfnis. weil die Fremden- verkehrswirtschaft und die Landwirt- schaft länst schon zu einer Schicksals- gemeinschaft e\vorden sind, gleichgül- tig. ob diese Zusammenarbeit teils weit voranetrieben oder teils in den Ansät- zen vorhanden ist. Sie ist unumstößlich existent und wird in der Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, wenn Tirol als das führende Fremdenverkehrsbundes- land Oesterreich seine Weltgeltung be- halten und weiter ausbauen will. Zu den drei Säulen der Tiroler Landes- regierung als politische Vertretung der Fremdenverkehrsbelange, der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft Tirols als Standesvertretung und den, durch das hervorragende Landesfremdenverkehrs- gesetz mit eigener Verwaltungs- und Fi- nanzhoheit ausgestatteten Fremdenver- kehrsverbänden als Körperschaft Oef- fentlichen Rechts, wird als vierter Part- ner einer totalen Zusammenarbeit un- seres Landes die vierte starke Säule, die Landwirtschaft, in den Wirtschaftsbe- reich des Fremdenverkehrs zum Wohle der Gesamtwirtschaft unseres Landes in- tegrieren. Grundsatz III Der tirolisch - österreichische Weg Ich habe eingangs gesagt, daß nicht alles nachahmenswert ist, was von au- ßen kommt und modern erscheint. Wenn ich das Wort modern im Zusammen- hang mit meinen Ausführungen ver- gleichsweise anwenden darf, dann möch- te ich sagen, daß der österreichische Weg im Tourismus, der in Tirol gerade- zu klassisch ausgeprägt ist, ein dauer- hafter und deshalb ein guter ist. Ich meine damit die unleugbare Tat- sache, daß der Tiroler Fremdenverkehr von der W i r t s f a m i 1 i e getragen ist, vom Familienbetrieb schlechthin, als Fundament und Quell aller Initiativen in den vergangenen 30 Jahren der Auf- bauarbeit, gemäß OECD-Berichten seit 20 Jahren hinsichtlich der Wertschöp- fung in unserer Volkswirtschaft vor dem Handel und der Industrie führend, In- vestor Nummero eins in der Gegenwart, im Rezessionsjahr 1975 einer der weni- gen Plusfaktoren im Wachstum der Wirtschaft Tirols, Stabilitätsfaktor in al- len Bereichen der Nationalökonomie. Dieser Prolog erscheint mir höchst notwendig, um den tirolisch-österreichi- schen Weg im Tourismus zu verstehen. Unsere Chancen liegen nicht in den tausendbettigen Betonburgen, sondern im individuellen Privatuartier, in der kleinen Zimmer-Friihstücksnen- sion, beim guten alten Tiroler Gast- hof und in den'. mit Charme und Pfiff ausgestatteten Hotel, in dem der Gast nicht eine Nummer ist, sondern bei seinem Namen genannt wird. Ein Grüß Gott am Morgen, die Erfül- "ig eines kleinen Sonderwunsches, scheinen im ersten Moment vom großen touristischen Konzept abweichende De- tails zu sein, in Wirklichkeit aber sind
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