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Samstag, 18. Dezember 1976 Kitzbüheler Anzeiger Seite 15 Der Festvortrag des Internationalen Präsidenten der Pan-Europaunion Dok- tor Otto v. Habsburg brachte den erwar- teten Erfolg und die Begeisterung der Bäuerinnen. Dr. Otto v. Habsburg gab zuerst sei- ner Freude über die Festtiagstracht der Bäuerinnen Ausdruck. Er kam mit dem Auto aus Bayern zur Festveranstaltung und wies darauf hin, daß er unmittelbar nach dem B.ezirksbäuerinnentag wieder abreisen müßte, da er am gleichen Tag in München einen Vortrag zu halten habe. In seiner Rede brach er zuerst eine Lanze für die Bauernschaft, jenem Be- rufsstand, aus welchem andere Berufe immer wieder Nachwuchs erhalten. Er sprach dann über den Schutz der Freiheit in der Familie und in der Gemeinde. Die Gemeinde ist ein Träger der Freiheit, denn Bürgermeister sind keine Dem- agogen. Der Zusammenschluß von Europa ist eine Lebensfrage, an der gerade die Bauern interessiert sind, ob- wohl es viele Regierungen gibt, die lei- der eine bauernfeindliche Politik be- treiben. Ein weiteres Kapitel war seine Stel- lungnahme zum Fernsehen. Dort werde eine Verzerrung der Information gebo- ten, eine Manipulation einer kleinen Minderheit, welche zum Nachteil der Mehrheit praktiziert werde. Die Abtreibungspolitik bezeichnete Dr. Otto v. Habsburg als Gefälligkeits- demokratie. Der Landwirtschaft gebühre vor dem Industrie und dem Gewerbe der Pro- duktivitätsanspruch, insbesondere bei den Klein- und Mittelbetrieben. In kom- munistischen Ländern schwindet die Produktivität der Landwirtschaft. So er- nährt z. B. ein russischer Bauer nur drei Menschen, ein europäischer 36 und ein amerikanischer Bauer 110 Menschen. Was ist Europa? Gedacht ist ein Groß- europa, in welchem neben den westli- chen Ländern auch die Ungarn und Tschechen, aber auch die Ostdeutschen Platz haben. Im vereinten Europa wird allen zivilisierten Völkern die Selbst- bestimmung garantiert. Großeuropa ist der Kontinent der Freiheit; denn Staatseigentum mindert die Freiheit! In Großeuropa muß der soziale Geist herrschen, als Element der Gerechtig- keit in einem christlichen Kontinent. Es soll aber niemanden nur „nach dem Mund" geredet werden. Abschließend sagte Dr. Otto v Habs- burg, daß die Menschheit stolz auf den Bauernstand sein kann. Es gibt keinen härteren Beruf als den einer Bäuerin und niemand muß mehr leisten als der Bauer. Großeuropa steht und fällt mit einem christlichen Bauerntum. Der Beifallsturm im Saal währte lange Zeit an. Von den Bäuerinnen erhielt Dr. Otto v. Habsburg ein Erinnerungs- geschenk und Schützenhauptmann Dok- tor Otto Wendung, der mit seinen Offi- zieren und den Marketenderinnen wäh- rend des Festvortrages erschien, über- reichte ihm einen Blumenstrauß. Den Nachmittag gestalteten Mundart- dichter Herbert J o rd a, n aus Kirch- berg, die beiden Frauen Lisi L a u c h e .r und Paula S a v o y mit ihrem originellen Am 19. Dezember 1976 vollendet der Kunstmaler Peter T h a 1 e r sein 85. Le- bensjahr, wozu wir ihm herzlich gratu- lieren. Peter Thaler begann schon 1910 seine theatralische Laufbahn. Damals spielte er bei der Theatergesellschaft des Anton Feller im alten kleinen Saal mit kleiner Bühne im Gasthof Mauth. Im November 1918 kehrte Thaler vom Kriegsdienst nach Hause zurück und im Feber 1919 schon gründete er mit 18 theaterbegeisterten Mitgliedern die „Volksbühne St. Johann im Leukentale" und erhielt auch vom Landespräsidium die Spielberechtigung. Die Mitglieder er- nannten ihn einstimmig zum Spielleiter und Vereinsgründer. Den. Darbietungen wurde schon im er- sten Vereinsjahr größtes Interesse entge- gengebracht; der Saal bei der Mauth - Nebenzimmer - wurde zu klein und Thaler übersiedelte in den großen Saal vom Gasthof Post. Ab 1920 entwickelte sich ein bemerkenswerter Aufstieg des Theaters. Neue Spielkräfte wurden her- angezogen und eine acht Mann starke Streichmusik wurde gebildet, weiche nicht nur die Pausen ausfüllte, sondern auch als Begleitorchester bei Singspie- len eingesetzt werden konnte. Somit war es auch möglich, Theaterstücke von Mor- re, Schönherr, Anzengruber, Ganghofer, Rauchenegger usf. zur Zufriedenheit der Besucher aufzuführen. Besonderen Erfolg brachten damals die Theaterstücke: „'s Nulieri", „Pater B auernhoangascht", die Anklöpfler- gruppe vom Männergesangverein D-Engelsberger" aus Hopfgarten und das Hausmusik-Trio H o f m a n n aus Küssen. PS.: Eine Plüschjacke wurde ver- tauscht. Nachricht erbeten an Frau Paula Mühlbacher, Oberndorf 66. Jakob", „Bruder Martin", „Volk in Not". „Räuber am Giockenhof" (dieses Stück wurde gleich 36mal aufgeführt), „Der siebte Bua", „Die Buschliesl", „Der Dorf- bader", „Paragraphenschuster", „Kat- zensprung ins Glück", „Kreuzkaspar geht wallfahren", „Der Gwissenswurm", „Das Beschwerdebuch", „Zwillingsbrüder", „Glück vom Riedhof", „Aufn Sunnwend- hof", „Jägerblut„, „Blutprobe", „Ehe- streik", „Der Geigenmacher von Mitten- wald" sowie vier von Peter Thaler selbst verfaßte, geschichtlich-historische Stücke und zwar: „Gründung von Spital in der Weitau anno 1266", und „Speckbachers Hauptquartier 1809", „Einsiedelei Maria Blut 1797" und eine humoristische Be- gebenheit „Die Geisteraim am Kitzbühe- 1cm Horn". Von 1919 bis 1969 wurden insgesamt 98 Theaterstucke inszeniert und nahezu 1000 Aufführungen in den Bezirken Kitz- bu'hel, Kufstein und im bayrischen Reit im Winkl vorgenommen. Die freundschaftliche Verbundenhej mit dem Theaterverein Reit im Winkl führte zu jahrzehntelanger Kamerad- schaft und zu gegenseitigen Gastspielen. Im Rahmen der volkstümlichen Spiele förderte Peter Thaler auch seit 1920 das Brauchtum und die Trachtenpflege. Er schuf als Kunstmaler die Bühnenbilder für seine Bühne sowie für viele andere; insgesamt erneuerte Thaler 38 Bühnen. Während des zweiten Weltkriegs wur- den zeitweise von Thaler monatlich für die „KdF" (Kraft durch Freude) 10 bis 12 Gastspiele veranstaltet. Der große Idealismus der Volksschau- spieler unter der Spielleitung von Peter Thaler, der Sänger und Musiker, erlaub- te viele Wohltätigkeitsveranstaltungen für Invaliden, Kriegsopfer und andere Hilfsbedürftige. Auch zum Wohle der Gemeinde wurde gespielt, so z. B. zu- gunsten der Errichtung des Annenstegs beim alten Schwimmbad und zugunsten der Renovierung der Einsiedelei, die rest- los vom Theatervejn finanziert wurde. Weiters wirkte der Verein bei kirchli- chen und weltlichen Festen. Die Tätigkeit der Volksbühne St. Jo- hann unter Peter Thaler erfolgte in den Gasthöfen Post (24 Jahre), Mauth (16 Jahre) und Bären (8 Jahre) und seither beim Bacherwirt. Peter Thaler hat in seiner Volksbühne nicht weniger als 47 Mitglieder, Volks- schauspieler, Sänger und Musiker über- Peter Thaler, St. Johann, ein 85er
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