Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 31. Jänner 1976 Finnen und Italiener Aufnahme. Darin bot sich eine reiche und vielfältige Kunstpalette, deren verschiedenartige stilistische Tendenzen wie Impressionis- mus, Pointillismus, Jugendstil und Se- cessionismus gegenwärtig blieben. 1903 war bereits die Entwicklung des Im- pressionismus in Malerei und Plastik in der Secession gezeigt worden. Nach dem Austritt Gustav Klimts aus der Secession hatte er noch 1908 die „Kunstschau Wien" und 1909 die „In- ternationale Kunstschau Wien" organi- siert. Gustav Klimt war durch seine in und ausländischen Erfolge und durch seine theoretischen und stilistischen Prinzipien geistiger und künstlerischer Mittelpunkt einer Gruppe von Künst- lern in Wien, der sich Alfons Walde verpflichtet sah. So wurde Gustav Klimt mit seinen bildhaft flächigen, de- korativ-ornamental konzipierten Ge- mälden für Walde Ansatzpunkt seines malerischen und grafischen Werkes, das neben dem Architekturstudium zuneh- mend an Bedeutung gewann. Bereits in den Zeichnungen und Aquarellen der Realschulzeit gestaltete Alfons Walde Kompositionen im Ju- gendstil: die beiden frühen Schulzeich- nungen von 1906 zeigen die linear be- tonte Formung, eine nur schwache Pla- stizität der Stillebenobjekte. Akade- misch war freilich die Auffassung der Konzeption, der Malweise und der Ge- staltung des Lichteinfalles (Katalog-Nr. 1, 2). Die Konfrontation mit Gustav Klimt spricht authentisch aus dem Skizzen- heft von 1910, in dem Skibilder, Ski- fahrer in Bleistift und Aquarell, nie- dergeschrieben sind, die in ihrer stati- schen Ruhe - staffageartig - in nur geringer platischen Dynamik einem de- nur lange Kittel trugen. Diese wurden freilich im Winter auf dem Schulwege infolge des hohen Schnees häufig bock- steif und bis zu den Knien eisig gefro- ren, so daß sie erst im Schulzimmer langsam auftauten. Diese Einfachheit und Bescheidenheit in allem hielt nicht so lange, bis die Leute am Lande durch den zunehmen- den Verkehr das Fremde und Bequeme kennenlernten. Das begann schon mit dem Bau der ursprünglich als Teil der Südbahn bezeichneten Strecke von Kuf- stein nach Innsbruck und später der als Giselabahn benannten Linie Salzburg- Wörgl. Die bäuerliche Bevölkerung ging noch lange zu Fuß. Die Leute meinten gar nichts, wenn sie etwa aus dem Söllandl vier Stunden weit nach Kufstein zu Ge- richt oder zum Markt marschierten oder von Going und Hochfilzen nach Kitz- bühel. Derlei Gänge machte man ja nur, wenn ein besonderer Anlaß gegeben war. Ein Kirchgang von einer Stunde und korativen Gestaltungsprinzip folgen. Ein Blatt ist mit „Der Skilauf nach Klimt" betitelt. Diese Zeichnungen sind wie das ausgestellte frühe Skitempera- bild von 1910 in Kitzbühel entstanden, zeigen die Tendenz zu strenger Linea- rität, zu geschwungener, runder Strich- führung (Kat-Nr. 3, 4). Ein Jahr später - 1911 - schuf Al- fons Walde in Kirchberg in Oberöster- reich, wo seine Tante lebte und in Kitz- bühel Landschaften und Stadtansich- ten, welche deutliche Anklänge an den Impressionismus schlechthin, an Segan- tini, an den Pointillismus Seurats oder an Alfred Boehm in Wien augenschein- lich werden lassen. Die formale, dem Impressionismus entlehnte Detailan- sicht, die einheitliche Grundfarbe mit einer reichen, nuancierten Tupfpalette lassen das naturalistisch wahrgenom- mene Sujet in diffusem Licht lebendig werden. Darin werden diese Aquarelle auch jenen Temperabildern Max von Esterles in Innsbruck verwandt, der zu den ersten Schilderern der verschneiten Alpenwelt in Tirol wurde (Kat.-Nr. 5 bis 9). Die Vorbilder der Klimtschen stili- stischen, formalen und koloristischen Aussagen wurden in Waldes frühen Werken aktuell, wobei vor allem das Konzept der Bildflächenkomposition vorrangig betont erscheint. Die Astern (Kat.-Nr. 12) zeigen in deutlicher Spra- che das Gestaltungsprinzip der Stilleben, Landschaften und Porträts Gustav Klimts, den Mittelteil der Bildebene säulen- oder pfeilerartig figural oder dekorativ zu verdichten. Die Fläche, die Negierung des Raumes, nimmt auch in den um 1912 entstandenen Grabkreu- zen dominierenden Raum ein. Die fri- schen, leuchtenden, von Weiß und Grün mehr war eine Selbstverständlichkeit und viele unternahmen bis ins hohe Al- ter hinein jährlich die Wallfahrt nach Kirchenthal, Mariastein oder Georgen- berg, wozu sie durchschnittlich hin und zurück je sieben Stunden oder mehr benötigten. Von einem Schneider aus St. Johann wird heute noch erzählt, daß er, um Stoffe einzukaufen, an einem Tag nach Salzburg und am nächsten Tag wieder zurück marschierte. - Schwer bepackt ging es um 2 Uhr morgens von Salzburg ab und kam spät abends heim. Als große Errungenschaft und als An- fang der heutigen Motorisierung kam um 1890 das Fahrrad auf, und zwar noch als sogenanntes Hochrad. In Going wa- ren es zwei oder drei kecke junge Bur- schen, die sich daranwagten. Einer da- von lebt heute noch. Ein Veloziped - wei man dieses Vehikel nannte - hatte Vollgummireifen und kostete 180 Gul- den, das war anderthalb Kuhgeld. Nach der Jahrhundertwende trat dann das Pneumatikrad auf, das 1200 Kronen ko- beherrschten Farbtöne entsprechen dem Koloritschema der Baumlandschaften Klimts. Für die eigenständige Entwicklung Waldes spricht die Motiv-Reduktion auf seinen „angeborenen" Lebensraum; und der war sicher nicht Wien. Wien war zwar Welt- und Kunstmetropole, bot freien Kontakt im kulturellen Le- ben, war vital und festesfreudig - was dem Unterländer Walde sicher ent- gegenkam. Die künstlerischen Experi- mente gingen neue Wege, vom nahen Chaos ergriffen und boten eine Basis zum Expressionismus, der im Werk Egon Schieles etwa zum Ausbruch kam. Wenngleich der Kontakt zwischen Schiele und Walde beidseitig frucht- bringende Nachwirkungen zeigte, so war vorerst für Alfons Walde Kitzbühel der Kitzbüheler Raum eine Motivation für seine Gemälde. Seine Kunst wich daher stark von jener der dekadanten Großstadt ab. Seine Aussage war von der Lebensfreude,von der Volkstümlich- keit, vom freien Mut und von der auf- geschlossenen Mentalität des Unterlän- ders geprägt. Nur aus dieser engen, in- neren Bindung konnte sich Walde von dem weitum als Vorbild existienten Klimt lösen. Bereits in den Jahren 1912 bis 1914 entstanden kleinformatige Kartonbilder, welche Darstellungen aus dem Alltags- leben und aus der naturbedingten topo- grafischen Situation festhielten. Walde vermittelte aber weniger das Bild des arbeitenden Menschen, vielmehr den Bauer und Bürger an Sonn- und Feier- tagen, nach dem Kirchgang, am Heim- weg und beim Sport: Begegnung an der Kirchenstiege, Kirchgang, Bauernsonn- tag, im Wirtshaus, Palmsonntag, Pro- zession sind die bevorzugten Themen neben den sportlichen Motiven wie Ziel- stete. In diese Zeit paßt es, daß es nur wenig Zeit und Möglichkeiten für grö- ßere Vergnügungen gab. Die männliche Jugend gab sich im Sommer an den Sonntagnachmittagen dem Plattenwer.. fen hin, während sich die Männer mit dem Kegelspiel begnügten und im Win- ter mit dem Eisschießen. Es ging viel- fach nur um die Ehre, vor allem beim jungen Volk, denn. Geld stand keines zur Verfügung. Im Fasching und noch einige Male gab es Tanzunterhaltungen. Dazu erzählte ein heute älterer Bauer, daß er sich wie manche seiner Kamera- den in der ganzen Nacht nur ein Stam- perl Schnaps leisten konnte. Der Großeltern Nahrung. Der Zucker war rar und teuer. Schokolade war zur Zeit der Großeltern am Land sozusagen unbekannt. Aber auch süße Mehlspeisen oder gar Torten gab es nicht. Vor ein paar Jahren (um 1950) sagte in Going ein zehnjähriger Bub zu seiner Tante. die heute ausnahmsweise noch lebt wie in Großmutters Zeit, er habe heute Na- menstag und werde wohl eine Torte be-
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