Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Samstag, 7. Februar 1976 Kitzbüheler Anzeiger Seite 7 germeisters Lueger, 1910, erinnert, wenn man die anonyme und allgemeingültige Turbulenz der Ereignisbilder Waldes Nor sich hat. Wie raffiniert und wie selbst- verständlich wird man beim Galllrennen (1913, Kat.-Nr. 17) in das Geschehen durch die Rückenfiguren im Vorder- grund und die nach links hinten ent- fliehenden Schlitten eingefangen. Den ersten Weltkrieg erlebte Alfons Walde als Kaiserschütze und später als Oberleutnant im 3. Regiment an der Südfront mit. Südtirol wurde ihm fast zur zweiten Heimat. Im November 1918 kehrte er nach Kitzbühel zurück. Die Studien, Skizzen und Gemälde vom Monte Piano zeigen Soldaten in ihrer heroischen Existenz. Und dennoch war Walde kein Kriegsmaler, kein Schilde- rer des Grauens und des Kampfes. Er setzte sich auch nicht in dem Maß mit den Kriegsereignissen auseinander wie Albin Egger-Lienz, der zwar ebenfalls nicht den Menschen in einer direkten Kampfsituation notiert hatte, der sich aber doch mit der allgemeinen Proble- matik des grauenhaften Krieges in der „Missa eroica" oder im „Finale" ausein- andersetzte. In den Gemälden Waldes „Im Unterstand", des „Begrabenen Ka- meraden" wird die Anonymität des Sol- daten an der Front deutlich betont, nur seine Porträts zeigen individuelle Züge. Seine Kaiserschützen vom Monte Piano 1915, Kat.-Nr. 27, 28) werden später zum Vorbild des Luis-Trenker-Romantitels „Berge in Flammen" (Kat.-Nr. 112). - 1922 hatte Walde zusammen mit An- dreas Einberger die von Clemens Holz- meister erbaute Kaiserschützen-Ge- dächtniskapelle amTummelplatz in Am- ras mit Fresken ausgestattet. Während des Krieges hatte Walde die Beziehungen zu seinen Künstlerkolle- gen aufrecht erhalten können,. So hatten ihn bereits im März 1918 Albin Egger- Lienz, dessen Soldaten- oder Frontbil- der formal einen starken Nachklang in Waldes Gemälden jener Zeit hinterlie- ßen, und Hans Weber-Tyrol zu Ausstel- lungen eingeladen. Nach der Heimkehr war Walde vorerst vor die Entscheidung gestellt, nach Wien zur Fortsetzung sei- nes Architekturstudiums zu gehen oder in Kitzbühel zu bleiben. Der malerische Erfolg der Innsbrucker und Wiener Ausstellungen zwischen 1910 und 1914 ließen die Wahl auf Kitzbühel fallen. Waldes erste Motive der Nachkriegszeit waren Stilleben, die in dekorativ flä- chengebundener Gestaltung auf kleine Kartontafeln gebannt wurden. Die Farbigkeit ist matt, ohne Glanz. Es sind Stilleben, sind Modellstudien nach Ob- jekten, die ihm zur Verfügung standen: Vasen, Blumen, Aepfel, Birnen, Krüge und Keramikbauernteller. Wie in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg waren die stillen Objekte Ausgangspunkt für den Neubeginn sei- ner Malerei. Erst zaghaft wurde die Welt in ihm lebendig, wurde die Erin- nerung an die Vorkriegszeit in Wien neuauflebend, die Erinnerung an Dag- mar Serves, an Egon Schiele, an dessen Farbauftrag, die fahlen, düsteren mit leuchtenden Nuancen versehenen Farb- modellierungen. Er erinnerte sich, daß ihn Schiele immer in Kitzbühel besu- chen wollte. Als Egon Schiele durch Ti- rol reiste, durchs Unterland nach Brix- legg, Rattenberg, nach Bozen (1917), war Walde an der Südfront. Die immer wieder zitierte Begegnung Schiele-Wal- de in Tirol fand nicht statt. 1920 bereits hatte Alfons Walde in Wien ausgestellt, wie auch wenige Jah- re später 1923 und 1924. Hier wurden Reminiszenzen an seinen ersten Wien- Aufenthalt wach, hier begann die Aus- einandersetzung mit dem Werk Gustav Klimt und Egon Schiele erneut aufzu- flammen. - Jetzt klang die Motivwahl Schieles und Klimts im weiblichen Akt in vollem Umfang an. Die Begegnung mit Hilda Lackner, seiner späteren Frau, die mondäne Welt im Wintersportort Kitzbühel gaben genügend Motive für seine Aktdarstellungen, in denen nie das elegante, kapraziöse Moment des weiblichen Körpers zum Tragen kam, sondern immer die unverblümte Stäm- migkeit der Unterländerinnen. Wenn vom Menschenbild gesprochen wird, müssen die wenigen Porträts ge- nannt werden, die im Schaffen Waldes nur einen kleinen Bereich einnehmen. Nach den frühen Gemälden seiner Schwester Berta Margarete, von Lilly von Lenz, von Annemarie Licht und dem Selbstbildnis - wirkt das Porträt des Arbeiterdichters Alfons Petzold (Ka- talog-Nr. 41) als starke expressionisti- sche Erscheinung, in der Komposition von Porträts Egon Schieles und noch intensiver von Oskar Kokoschka beein- flußt. In den frühen zwanziger Jahren wird Hilde Lackner immer wieder por- trätiert, wird sein Freund, Gustinus Ambrosi, in zwei Gemälden festgehal- ten. Seine späteren figuralen Bilder, in denen der Mensch meist nur Staffage für die Landschaft ist, benötigen keine individuell variierten Antlitze, ihnen wird das allgemeinnützige, anonyme Gesicht angelegt. Nicht umsonst stan- den seine Mitmenschen seiner Malerei skeptisch und ablehnend gegenüber, weil er sie nicht in ihrer Realität, in ihrer naturalistischen Wesensheit in sei- ne Bilder einkomponiert hatte. - Der Mensch wird bei Walde immer nur ein Element der großen Weltnatur, immer nur Staffage, Träger einer Situation, eines Ereignisses sein. Lebensraum für seine Personen war die Landschaft um Kitzbühel, war die Architektur der Stadt. Die heitere, fast folkloristische Seite klingt in den Schneelandschaften an, etwa im Auracher Kirchl, jener er- sten in Farbreproduktion 1923 im, eige- nen Verlag herausgebrachten Postkarte. Auch die Bergstadtgemälde Kitzbü- hel in Gesamtansicht mit dem charakte- ristischen Kirchturmpanorama im Win- ter und Sommer (Kat.-Nr. 76, 77) - werden nun in en in Wirklichkeit im Hintergrund befindlichen Raum der Jochberger Landschaft gelegt. Die wei- chen, runden Formationen dieser Land- schaft, jener des Hahnenkamms, des Kitzbüheler Horns mit den in Mulden gelegenen Hütten der Trattalm, aber auch die bizarren Gebilde des Wilden Kaisers werden zu architektonischen Gebäuden. Alfons Walde hatte nicht nur durch sein Architekturstudium in Wien eine besondere Beziehung zur Natur, schon in seiner Jugend war er zusammen mit Josef Herold und seinem Onkel, Sepp Ritzer, unterwegs, um die Kitzbüheler Landschaft für Propagandaschriften zu fotographieren. Dieses unmittelbare Er- lebnis der Natur, die verschiedenartigen Erscheinungen der Landschaftsformen zu verschiedenen Jahreszeiten, die Bergerlebnisse schlugen sich in den Ge- mälden wie Gipfelrast am Pengelstein (Kat.-.Nr. 87), Verschneite Almen, Auf- stieg (Kat.-Nr. 94) u. a. nieder. Zudem war die Bergstadt Kitzbühel um die Jahrhundertwende zum internationalen Schauplatz des Wintersports geworden. Diesem Bild konnte sich Walde nicht verschließen. - Die Konfrontation mit dem Skilauf, den Wintergästen brachte dieser Thematik im Werk des Malers eine vorrangige Stellung ein. Schon vor dem ersten Weltkrieg waren diese Mo- tive obligatorisch. Fortsetzung folgt 15. österreichischer Graphik- wettbewerb Frühjahr 1976, in Innsbruck Die Kulturabteilung im Amt der Ti- roler Landesregierung veranstaltet 1976 zum 15. Male den Oesterreichischen Grafikwettbewerb in Innsbruck. Die Einsendefrist läuft bis zum 23. März. Zum Wettbewerb zugelassen sind alle graphischen Techniken einschließ- lich Aquarelle. Die Jury - Prof. Dr. Jörg Drews, Universität Bielefeld, Theo Kneubüh- 1er, Kunstkritiker, Luzern, Dr. Tilman Osterwold, Württembergischer Kunst- verein, Stuttgart - kann Preiswidmun- gen im Werte von rund 5 115.000.— vergeben. Die vom Preisgericht ausgewählten Arbeiten werden im April in einer Ausstellung im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zu sehen sein. Nähere Bedingungen können bei der zuständigen Landesgruppe der Berufs- verbände der bildenden Künstler ein- gesehen, bzw. per Post beim Amt der Tiroler Landesregierung, Kulturabtei- lung, angefordert werden. Auch in un- serer Redaktion sind die näheren Be- dingungen einzusehen.
< Page 6 | Page 8 >
< Page 6 | Page 8 >