Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
0 rn WE L T Seite 18 Kitzbüheler Aneiger Samstag, 26. März 1977 liebenswürdiger, blonder, blauäugiger junger Mann, der in Paris studiert und einen israelischen Paß besitzt. Fahrt nach Rattenberg. Samstag: Hoheit denkt langsam an die Mit- bringsel für die Familie. Dir. Langer be- schafft ihm vier Lodenmäntel und Tiro- ler Hüte zur Auswahl, je ein Exemplar paßt Hoheit sehr gut, er wird damit in Paris oder London sicher Furore ma- chen. Wieder viele Telefonate, erste An- deutungen, daß die Abreise erst am Donnerstag erfolgen könnte. Wieder Langlauf, am Abend jedoch kein spe- zielles Programm. Sonntag: Längere Morgenruhe, gemütliches Frühstücken, in der Halle ein kleiner Plausch, Langlauf und kleine Sight- Seeing-Tour in die verschiedensten Lo- kale stehen auf dem Programm. Ein Lieblings-Sonnenplatz wird in Ober- aigen entdeckt, kaum jemand nimmt Notiz und das ist das Nette, das er so an Oesterreich schätzt. Alle sind freundlich und aufgeschlossen, doch nicht steif und kühl, sondern hilfsbereit und stecken ihn auch an, sodaß sich von Tag zu Tag seine scheue Art in Lächeln wandelt. Montag: Am Abend gibt es Musik beim Stangl- wirt und dazu österreichisches Essen. Die Geheimpolizisten, die er mitgebracht hat, sind hohe Offiziere von der könig- lichen Garde, die harmlos aussehen, doch eine der härtesten Ausbildungen der Welt durchgemacht haben. Diese Menschen trinken keinen Alkohol, das Lieblingsgericht ist Geflügel. Während zwei Geheimpolizisten aus Jordanien und ein bis zwei Österreicher ihn auf allen Ausflügen begleiten, blei- ben zwei im Haus, um jeden, der ein- und ausgeht, zu beobachten. Dienstag: Kurzfristiges Umdisponieren, Abflug erst am Donnerstag, der Prinz erholt sich so gut, man sieht es ihm richtig an, daß er glücklich ist. Heute ist der letzte Langlauf tag, am Nachmittag fährt man zu den Krimmier Wasserfäl- len, macht eine Rundfahrt durch das Zillertal „Lovely Tyrol", am Abend Zithermusik, die er so liebt. Mittwoch: Der letzte Tag ist angebrochen, schnell noch die Hauptstadt Tirols ansehen. Be- sichtigen der olympischen Stätten und vor allem, einen Jagdanzug kaufen, denn im Oktober will man wieder kom- men. Für Mittwoch abend hat Direktor Langer mit einigen Freunden zum Tiro- ler Gröstl-Essen auf den Steuerberg ein- geladen. Ein Ziehharmonik.aspieier und der dargereichte Vogeibeerschnaps :ma- ehen gleich die richtige Stimmung. Gro- Das Grab von Chateaubriant auf ce Kitz- büheler Friedhof. Er lebte hier jnta derr Namen Professor WoN, der Taubstumme. Zum 100. Geburtstag von Alphonse de Chäteaubriant Am 25. März 1877 wurde Alphcrse dc Chäteaubriant in Rennes gehcren. Er ist vor allem durch seine preisgekrön- ten Romane „Monsieur de Leurdirres" und „La Brire" bekannt geworden. Der von idealistischer Weltanschauung durchdrungene Schriftsteller var einer ßes Erstaunen, daß es nicht so 2ugeht, wie bei ähnlichen formellen Essen, die man sonst au der ganzen Welt gibt. Hüttenspiele vor uni nach dem Es-sen machen so richtig Stimmung und lassen vergessen, daß man ein Prinz aus dem Morgenland ist, der immer Angst haben muß, daß man ihm aus politischen oder erpresserischen Gründen ans Leben will. Wie schnell s ein Abend vergehen kann und immer wieder neue Sp-'e--e werden zum Gaudium aller veranstaltet. Es ist Zeit zum Nachhausegehen, denn mor- gen fruh muß geschieden werden. verhängnisvollen Fehleinschätzung des Nationalsozialismus erlegen, als er 1937 in dem Buch „La Gerbe des Forces" Hitler und sein Regime guthieß, und für Frankreich einen ähnlichen Weg emp- fahl. Von 1940 bis 1944 war er Heraus- geber der kulturpolitischen Zeitschrift „La Gerbe" und vertrat mit ihr die Linie der deutsch-französischen Ver- ständigung. Unter anderem publizierten Jean Giono, Henri de Montherlant, Sa- cha Guitry, Jean Cocteau und Marcel Aym dort Beiträge. Zu Kriegsende floh er nach Kitzbühel in Tirol, wo es ihm gelang, dem über ihn verhängten Todes- urteil zu entgehen. Einigen mutigen Österreichern, insbesondere der Witwe des Dichters Alfons Petzold, Hedwig P•etzold verdankte er es, daß er dort sechs Jahre lang unter falschem Namen, unbemerkt von den am gleichen Ort stationierten französischen Besatzungs- truppen, leben und arbeiten konnte. Am 2. Mai 1951 starb er und hinterließ eine Fülle von Manuskripten, die sein Sohn Robert de Chäteaubriant in den darauf- folgenden Jahren veröffentlicht hat. Aus Anlaß des hundertsten Geburtstages er- scheint dieser Tage bei Edition Andr Bonne in Paris erstmalig eine umfas- sende Dokumentation von Dr. Luis A. Maugendre über Leben und Werk des Schriftstellers. Am Sonntag, 27. März 1977, wird um 11 Uhr, in der Stadtpfarrkirche eine Gedenkmesse gefeiert. Zur Teilnahme sind diejenigen, welche ihn noch ge- kannt haben, eingeladen. Donnerstag - Abreisetag. Man ist auf eine frühe Abreise ein- gestellt, doch die Zeit ist schon längst überschritten, es tut sich nichts, dann wird verkündet, daß die Abreise auf 11 Uhr verschoben wurde, erst langsa- mes Wegbringen der Gepäckstücke. Warum verzögert sich denn alles so? Ankunft eines Taxis, das aus Salz- burg von der Maschine aus Amann Sa- chen brachte. Des Rätsels Lösung: Der Prinz wollte seinen Gastgebern ein hüb- sches Abschiedsgeschenk überreichen, das extra mit dem Taxi nach Kitzbühel gebracht wurde. Auch der Skilehrer wurde mit einem Geschenk bedacht. Überreichung des Geschenkes, Auf- ziehen der Fahne, Ausrollen des roten Teppichs, Händedruck mit dem Ver- sprechen, sehr bald, aber spätestens in einem Jahr, wiederzukommen, ein Dankeschön für eine herrliche Zeit, vielleicht kann auch der König einmal kommen! Überreichen • von Bildern des Ab- schiedsabends, die ihn sehr freuen, ein letztes Winken, ein schöner Aufenthalt geht zu Ende, eine nette Erinnerung für alle die, die die Freude hatten, Prinz Mohammed von Jordanien, den Sohn des Köngis Altalal bewirtet zu haben.
< Page 18 | Page 20 >
< Page 18 | Page 20 >