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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 1. Jänner 1977 ten jetzt eigentlich im Auto auf einer asphaltierten Straße zurückgelegt wer- den. - Wir haben aber trotzdem diese Strecke zu Fuß bewältigt und zwar des- halb, weil diese Strecke durch E'ingebo- renenidörfer führt und das Lieben der Eingeborenen zu interessant ist. Außer- dem ist dort jetzt alles in der vollsten Blüte und es ist reizvoll, zwischen reifen Bananen- und blühenden Kaffeesträu- chern zu wandern. Der Weg durch den Regenwald war sehr angenehm und dau- erte zirka 3 Stunden. Am Weg, an einer kleinen Lichtung, machten wir Rast, um etwas zu essen. Da hantelte sich Herbert an einigen Lianen empor und schaukelte wie Tarzan in die Lüfte, lachend und jo- delnd. Für den Transport seines Flug- gerätes hätte ihm der Hotelmanager vier Träger vorgeschrieben. Damit war aber Herbert nicht einverstanden, da sein Drachen ja nur 18 kg wog, und er dafür einen Träger für genug erachtete. Kur- zerhand heuerte er zwei außenstehende Träger an, weiche ihm versprachen, den Drachen um 25 Dollar auf den Gipfel zu tragen. Nach fünf Stunden langten wir an der auf zirka 2700 m gelegenen Mandara- hütte an. Neben der alten Hütte, der Bismarck.hütte, entstand ein Bungalow- dorf nach norwegischem Muster. Ein größerer Holzbau, ebenerdig mit einem Aufenthaltsraum mit offenem Kamin ausgestattet, im Obergeschoß 20 Matrat- zenlager mit Schaumgummimatratzen, war für uns reserviert. Benachbart befinden sich noch zehn kleine Hütten mit Platz für jeweils vier Personen. Zusätzlich einige Hütten für die Träger und eine für die Küche. Ge- kocht wird auf offenem Feuer in Alumi- niumtöpfen, welche von den Trägern je- desmal vom Tal herauf mitgenommen und immer wieder hinuntergetragen werden. Dies deshalb, weil die Träger verschiedenen Gruppen angehören. Das Essen war recht gut, aber genauer hinschauen durfte man bei der Zuberei- tung nicht, in bezug auf die Sauber- keit. Wirr haben alle recht gut geschlafen und am nächsten Tag, dem 9. November, bereits um 8 Uhr früh, begannen wir mit dem Anstieg in Richtung Horombo- hütte. Diese liegt auf 3800 m. Die Weg- strecke beträgt, so wie am ersten Tag, zirka 16 km. Bereits eine halbe Stunde nach Verlassen der Hütte ist der Regen- wald endgültig zu Ende und die offene Savanne lag vor uns. Herrliches Wetter hatten wir den ganzen Tag. Rechts vor uns der Mawenzi und weiter im Hinter- grund war der Gipfel des Kilimanj aro fast den ganzen Tag über zu sehen. Am frühen Nachmittag erreichten wir bereits die Horombohrütte. Am Abend führte Herbert Kühn mit seiner Frau E'mmi ein Funkgespräch. Die Verbindung war sehr gut. Frau Kühr befand sich am vorgesehenen Landefeld in Moshi beim Hospital, zirka 18 km entfernt. Die beiden Träger von Herbert streik- ten und wollten nicht mehr weitertra- gen. Zufällig befand sich auf der Horo- mbahütte ein Norwegen, der den Aus- bau des Kiimanj aro-Nationalparks zu leiten hat und der auch den Bau der Hütten durchführte. - Dieser verfügte über einen Unimog, welcher allerdings über einen anderen Weg, als den wir gekommen sind, herauffuhr, und erklär- te sich bereit, den Drachen von Herbert auf die Kibohütte mitzunehmen. In der folgenden Nacht hatten einige von uns Beschwerden, Magenverstim- mung und Kopfschmerzen. Wir befanden uns doch bereits auf der Höhe des Groß- glockners. Am Mittwoch, 10. November hatten wir wieder einen herrlichen Tag. Der Aufstieg zur Kibohütte dauerte 6 Stunden. Kaum dort angekommen, be- gann es zu schneien. - Der Schneefall wähnte zwei Stunden. Der Appetit aller Teilnehmer war be- reits wesentlich geringer geworden, auch stellten sich bei mehreren wieder Uebel- keit und Kopfschmerzen ein. Die Kibohütte wurde erst vor einigen Wochen fertiggestellt. Ein sehr stabiler Bau aus Steinen gemauert. Die Schlaf- räume waren wieder mit Schaumgummi- matratzen ausgerüstet. Herbert gelang es nun, wieder einen Träger anzuheuern, der ihm versprach, sein Fluggerät in der Nacht noch bis zum Gilmannspoint, das ist der erste Gipfel, der erreicht wird, zu tragen. Bereits um 1 Uhr früh am 11. Novem- ber, einem Donnerstag, begann der An- stieg zum Gipfel. Herbert befand sich in der ersten Gruppe, die von der Hütte abging. Der Mond schien so hell, daß wir auf jedes zusätzliche Licht verzich- ten konnten. Durch den Neuschneefall, der höchstens fünf bis zehn cm betrug, war der Anstieg sehr erleichtert, da das lose Geröll kompakt wurde. Von den 14 Bergsteigern, die zum Gipfel wollten, erreichten zehn den Gip- fel. Ich befand mich unter den vieren, welche zwischen 5200 und 5600 m hö- henkrank wurden. Wir gingen zur Hütte zurück und mit jedem Schritt, den wir tiefer kamen, wurde unser Zustand bes- ser. - Der einheimische Führer Siera, Her- bert Kühr, Dipl.-Ing. Peter Mairarnihof, Sepp Kapellen, Adi Englacher, Franz Ager, Bergführer Adametz und Schenna aus Bad Ischl erreichten den Uthuro-Peak - die höchste Erhebung des Kilima- njaro und somit auch die höchste Afri- kas. Der Amerikaner befand sich auch bei dieser Gruppe. Otto Kom:patseher und Toni Kapeller waren am Gilimans- point. - Den Gipfel erreichte man bei Sonnenaufgang, gegen 6.30 Uhr früh. - Normalerweise dauert die Gipfelrast höchstens eine Stunde. Es wird fotografiert und etwas Tee getrunken, dann wieder abgestiegen. Herberts Vorhaben änderte den Zeit- plan. Nach kurzer Rast hatte er seinen Drachen aufgebaut. Er war auch einer der wenigen, die nicht höhenkrank wur- den. Er befand sich eigentlich in guter Verfassung. Der Funkkontakt mit seiner Frau war sehr gut. Gegen 9.30 Uhr drängte der Führer zum Aufbruch. Her- bert konnte noch nicht starten, da der Wind aus der falschen Richtung kam. Es war Ostwind. Für den Start wäre Süd- wind erforderlich gewesen. Der Führer drängte erneut zum Aufbruch. Alle pack- ten zusammen und waren gegen 9.45 h abmarschbereit. Nun fragte der Führer: .‚Mr. Herbert, was ist mit Ihnen?" Herbert: „Ich bin mit meiner Frau in Funkkontakt, wenn der Wind dreht, dann bin ich in einer halben Stunde in Moshi. - Um mich braucht ihr euch nicht zu sorgen. Ich fliege nur, wenn die Bedingungen dazu gut sind. Ich bin kein Selbstmordkandi- dat. Ich gehe auf jeden Fall um 17 h, wenn bis dort der Wind nicht gedreht hat, zur Kibohütte zurück und versuche am nächsten Tag wieder den Start." Daraufhin wurde Herbert nochmals ermahnt, auf jeden Fall, wenn er nicht fliegen könne, zur Hütte zurückzukehren und nicht auf dem Gipfel zu biwackie- ren, da es dafür zu kalt wäre. Der Ab- stieg zur Hütte birgt keinerlei Gefahr in sich, SO daß Herbert ohne weiteres allein den Abstieg hätte vornehmen können. Zum Abstieg wurde vom Führer deshalb so gedrängt, weil während des Tages der Gipfel immer in Wolken ist und erst am späten Nachmittag wieder aufhellt. Au- ßerdem wird der Abstieg nicht nur zur Kibohütte durchgeführt, sondern gleich bis zur Horombohütte. Also wird eine Hütte übersprungen. Gegen 12 Uhr mittags waren alle, außer Herbert, zur Kibohütte zurückgekehrt. - Nach kurzer Erfrischung wurde mit dem Abstieg begonnen und gegen 15 Uhr tra- fen wir auf der Horombohütte ein. Her- bert war während der ganzen Zeit, als er allein am Gipfel war, mit seiner Frau in Funkverbindung. Gegen 15 Uhr glaub- te er, er könne fliegen und teilte dies seiner Frau mit. Wenige Minuten später mußte er seinen Entschluß ändern, da der Wind nur für kurze Zeit umgeschla- gen hatte, und er wartete weiter. Um 16.45 Uhr sagte er zu seiner Frau: „Du, ich fliege heute nicht mehr, der Wind dreht nicht. Ich packe zusammen und gehe auf die Hütte zurück. Du kannst jetzt das Funkgerät ausschalten, aber um 6 Uhr früh, bitte, wieder auf Emp- fang gehen, da bin ich wieder auf dem Gipfel heroben und dann werden wir weitersehen." Was nun wirklich geschehen, ist nach- dem Emmi das Funkgerät ausgeschaltet hat, so wie es ihr befohlen wurde, läßt sich nur vermuten. Das dritte Funkgerät - von Adi Engiacher betreut - wurde um 17 Uhr auf der Horombohütte einge- schaltet in der Erwartung, von Herbert irgendeine Nachricht zu erhalten, aber ohne Erfolg. (Weiterer Bericht folgt)
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